12. Scary movie

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"Hast du Lust dich mit mir im Kino zu treffen?"

Abgesendet. Ich habe eben eine Nachricht an Kelvin geschickt. Es ist eben nun mal Hausaufgabe gewesen... Sofort kommt die Antwort:

"Welcher Film?"

"Mir egal. Welchen willst du?"

"[...]."

Oh. Mein. Gott. Er hat nicht abgesagt, sondern eingewilligt! Ich kann es nicht glauben! Mama drückt mir Geld in die Hand. "Kauf dir was schönes", sagt sie liebevoll und küsst mich auf die Stirn. Bestimmt.

Wir stehen an der Kinokasse und kaufen gerade die Karten. Er nimmt noch eine große Tüte Popcorn und eine Cola. Ich nimm die Karten, bloß die Karten.

Wir treten in den Saal ein. Der rote Vorhang verdeckt momentan noch das Bild. Das bedeutet, dass wir früh dran sind. Entspannt suchen wir nach unserer Reihe und unseren Sitzplätzen. Als wir sie finden, setzen wir uns hin. Es ist momentan noch überhaupt nicht voll. Ich schlage meine Beine übereinander und bewege sie ein wenig hin und her. Hinter uns fängt ein Kind an zu schreien und die Mutter versucht es augenblicklich auch schon zu trösten... Es erinnert mich an mich: Ich schreie und strampel mit Händen und Füßen um mich herum - nur, weil ich nicht tun will was andere von mir vielleicht wollen. Nach einiger Zeit wird es Gott sei Dank wieder etwas leiser...

Der Vorhang geht auf und die Reklame wird eingeblendet. Werbung über Eis. Kelvin fasst mit seiner Hand in die Popcorn-Tüte. "Hm, schmeckt echt gut! Willst du auch?", mampft er. "Nein, danke", schüttel ich freundlich meinen Kopf. "Du darfst aber. Jeder Zeit." Ich lächel ihn an. Das ist mir nun wirklich unangenehm...

Eine gefühlte Ewigkeit später beginnt auch schon der Film. Spannung steigt. Zunächst ertönt Klaviermusik und die Mitwirkenden werden ein- und ausgeblendet. Eine Weide mit Kühen erscheint zunächst. Das Kind hinter uns, das sich eben doch beruhigt hatte, fängt nun wieder an zu schreien, diesmal nur noch lauter. Viele beschweren sich schon leise. Der Saal hat sich mittlerweile gefüllt. Es schreit und schreit und schreit. Mein Trommelfell müsste längst geplatzt sein. Die Mutter des Kindes steht nun auf, will aus dem Saal gehen. Sie trägt es auf ihren Armen, als es plötzlich von hinten gegen Kelvin tritt! Es trifft ihn direkt in den Nacken und schleudert ihn dadurch voll nach vorne fast vom Stuhl weg! Das ganze Popcorn liegt verstreut auf dem Boden - und das nicht gerade wenig... "Man!" Er ist wütend und entsetzt zugleich. Sauer blickt er der schnell weggehenden Mutter hinterher. "Naja... Sind ja nur fünf Euro hin..." Ich seh ihn mitleidig an... Ich trau mich einfach nicht mehr, auf den Film zu schauen. Ich höre nur Kühe auf der Weide aus dem Film muhen.

Nervös kramt er in seiner Hosentasche rum - dann blickt er so, als ob ihm gerade eine Idee aufgegangen wäre. "Ich habe ja zum Glück noch zwei Schokoriegel parat! Eigentlich waren die für später gedacht gewesen, aber wenn es jetzt schon nichts zu futtern gibt..." Er drückt mir einen in die Hand, öffnet seinen eigenen und beißt rein. "Glaub mir, ich bin den ganzen Tag echt nur am Fressen!", gibt er lächerlich zu. Was für eine interessante Äußerung. "Iss doch auch." Ich nicke... Öffne... Langsam. Plötzlich taucht im Film ein Schrei auf! Der Riegel fällt auf den Boden genau auf die Stelle, bei der das verschüttete Popcorn liegt. Im Film wurde eine Kuh aus welchem Grund auch immer gerade erschossen und das Bauernkind auf der Wiese beginnt nun zu weinen. Es erweckt Aufmerksamkeit. Kelvin achtet wegen dieser spannendem Szene glücklicherweise gar nicht mehr auf mich. Ich bin wirklich froh darüber...! Das war die perfekte Möglichkeit gewesen, um diesen Dreck loszuwerden!

Mein Leben selbst ist zu einem scary movie geworden... Es ist ein einziges Horrorszenario.

Den Tod vor Augen (Magersucht)Where stories live. Discover now