Ich hatte die Band und das Lied vor kurzem durch einen Zufall entdeckt.

Sie steckte jedem einen Stöpsel ins Ohr und ich begann laut mitzusingen.

,, ... only half a blue sky ..."

Wir gewannen immer mehr an Höhe, und irgendwann waren wir kurz unter den Wolken.

Das Gefühl war so unbeschreiblich.

Wilde Freude durchströmte mich, Rosie lachte überglücklich, und in diesem einen Moment war ich einfach nur glücklich.

Ich war nicht das Mädchen mit abnormalen übernatürlichen Fähigkeiten.

Ich war nicht das Mädchen, das deswegen entführt worden war.

Ich war nicht das Mädchen, das sich für den Rest ihres Lebens vor kräftesaugenden Kreaturen verstecken musste.

Ich war einfach nur glücklich.

Und dieser Moment mit Rose schien sich ewig hinzuziehen.

,,Woher weißt du eigentlich, in welche Richtung du fliegen musst?", fragte Rose mich irgendwann neugierig.

,,Ehrlich gesagt, ich hab keine Ahnung. Es ist als würde mich irgendwas in die Richtung ziehen. Das war schon mal so, als Florian und ich ausgebrochen sind. Seltsam, aber vielleicht gehört perfekter Orientierungssinn auch zum fliegen dazu.", überlegte ich

Kaum 30 Minuten später drehten wir Kreise über Oxford, auf der Suche nach einem geeigneten Landeplatz.

Mir stach ein mittelhoher Turm ins Auge, zu dem auch Touristen Zutritt hatten.

Ich versuchte uns zu verbergen, stellte mir vor, wie wir unsichtbar wurden, verschwanden.

Und es schien uns tatsächlich niemand zu sehen, während wir auf dem Turm landeten. Wir liefen den Turm herunter, der sehr viele Stufen hatte und fingen uns am Ende einen misstrauischen Blick vom Kassierer ein, bei dem wir uns natürlich keine Eintrittskarten gekauft hatten.

Erstmal gingen wir zu McDonald's essen und danach begannen wir mit Besichtigungen.

Ich hatte echt keine Ahnung von Oxford, und so kam es, dass Rose die Rolle eines Tourist-Guides übernahm.

Wir zogen durch die Stadt, besichtigten die meisten berühmten und weniger berühmten Colleges, bis wir beim Christ Church College ankamen. Wir besichtigten es in Ruhe und gingen weiter, bis wir bei einer großen, umzäunten Wiese ankamen, die aussah, als würde sie zum College gehören.

Deswegen waren wir auch sehr verwundert, als eine zweite oder dritte Klasse, bestehend aus sechs- bis siebenjährigen Jungs plappernd an uns vorbeilief und der Lehrer das hohe, schmiedeeiserne Tor aufschloss.

Der Lehrer gab ihnen einen Ball, und sie fingen an, Fußball zu spielen.

Daran wiederum war verwunderlich, das sie überhaupt keine Sportklamotten trugen, sondern in Hemd, langer schwarzer Hose, Krawatte, Florianett und Anzugschuhen Sport machten.

Wir beobachteten sie noch eine Weile, und ihr Lehrer schien nicht besonders freundlich zu sein. Er schrie herum und wurde rot, schrie weiter und wurde röter.

Von hinten tippte eine Hand auf meine Schulter und ich erschreckte mich total.

Ich fuhr herum, total aufgeschreckt.

,,Huch! Wer ... was?", stotterte ich überrascht.

Ein Touristenführer stand breit grinsend hinter uns und sagte strahlend: ,,Hallo, die Damen! Wollen sie eine Stadtführung? Kein Problem, sie kriegen eine, sogar kostenlos! Kommen sie nur mit!"

Ich tauschte einen überrumpelten Blick mit Zoe, aber wir waren so überrascht, dass wir uns von ihm mitschleifen ließen.

,,Als erstes gehen wir bis zum Touristenturm, dorthin geht es hier lang." Er lotste uns in eine Seitengasse und zeigte auf ein Haus, was ein wenig zwielichtig aussah.

,,Das hier ist eine Abkürzung, gleich wieder aus dem Hinterausgang raus! Geht ganz schnell, versprochen!"

Rose und ich wechselten einen Blick, ich hielt den Touristenführer fest und sagte freundlich, aber bestimmt: ,,Also ihr Angebot ist ja wirklich sehr nett und zuvorkommend, aber wir brauchen keine Stadtführung, sorry."

Er guckte jetzt total enttäuscht und tat mir auch irgendwie total leid, aber wir brauchten keine Stadtführung.

,,Nun gut, dann eben nicht.", murmelte er niedergeschlagen, sprach aber nicht weiter.

,,Kommen sie ganz kurz mit, durch das Gebäude, wir sind sofort wieder im Stadtzentrum."

Wieder blickte ich zu Rose, und sie schien das gleiche zu meinen wie ich, also meinte sie freundlich zu dem Touristenführer: ,,Nun gut, wir kommen noch bis ins Zentrum mit. Aber wir brauchen wirklich keine Führung."

Er öffnete die offenbar Tür, und schloss sie wieder.

Nachdem er ein paar Schritte gegangen war, verwandelte sich sein freundliches Lächeln in ein bösartiges und er veränderte sich irgendwie. Es war nicht viel, doch ich glaube, seine Haut wurde durchscheinender und die Adern traten mehr hervor.

Er grinste uns weiter an, dann sagte er mit einer Stimme, die klang als würde sie aus einem Grab kommen: ,,Ausgerechnet Oxford? Ich hatte dich für schlauer gehalten, Zoe Bronx. Aber für mich zählt ohnehin nur deine Macht."

Und dann griff er an.


Die Schattentänzerin | AbgebrochenWhere stories live. Discover now