Kapitel 18

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Jack

Nach dem Essen ging ich zusammen mit meinem Vater in sein Arbeitszimmer. Er wollte schließlich mit mir reden. Noch immer hatte ich ein ganz merkwürdiges Gefühl. Worüber wollte er mit mir reden? Ging es um das Gespräch mit meinem Direktor? Wussten sie jetzt, dass ich schwul war? 

Mein Vater schloss hinter mir die Zimmertür. "Setz dich, Jack", meinte er. 

Ich kam mir vor wie bei einem Vorstellungsgespräch. Und ich war auch genauso aufgeregt! Mal absehen davon, dass ich noch nie ein Vorstellungsgespräch geführt habe und ich keine Ahnung hatte, wie aufgerecht man da war. 

Ich setzte mich auf den Chesterfield Sessel, welcher vor seinem Schreibtisch stand. Mein Vater liebte Chesterfield Möbel, was an diesem Zimmer nicht schwer zu erkennen war, wenn man sich mit sowas auskannte. Meine Mutter war kein Fan von diesen Möbeln. Schade eigentlich, denn ich fand sie auch ganz schön. Aber so standen sie nur in Vaters Arbeitszimmer, das seine Frau eh nie betrat. 

Eine von Urgroßmutters Katzen sprang auf meinen Schoß. Sanft strich ich ihr durchs weiche Fell, während ich zu meinem Vater aufblickte. Er hatte sich auf die Kante seines Schreibtisches gesetzt und verschränkte seine Arme vor der Brust.

"Also..." Er räusperte sich und sah mich an.

Jetzt ging es los! Mein Leben war vorbei! 

"Du weißt ja, dass wir mit deinem Direktor gesprochen haben."

Zögernd nickte ich. Okay mein Leben war wirklich vorbei! Meine Mutter würde mich irgendwo hin schicken, wo man mir die Homosexualität ausprügeln würde! Ich fing leicht an zu zittern, was der Rotschopf zum Glück nicht bemerkte.

"Er hat uns erzählt, dass du dort keine Freunde hast und du gemobbt wirst. Immer wieder kommt es zu diesen Zwischenfällen. Er sagte, dass er selbst nicht weiß, wieso sie es auf dich abgesehen haben."

Ich entspannte mich etwas. Etwas erstaunt sah ich meinen Vater an. Mein Direktor hatte tatsächlich die Klappe gehalten! Denn eigentlich wusste er ganz genau, wieso sie es alle auf mich abgesehen hatten. Ich konnte es gar nicht fassen! Dass mein Direktor der sein würde, der mein Leben rettete, hätte ich nie gedacht.

"Tut uns leid, dass wir es vorher nie gemerkt haben. Dabei haben du und auch Daniel schon so oft gesagt, dass du nicht mehr zu dieser Privatschule gehen möchtest. Das kommt nur, weil wir nicht genug Zeit für euch haben!"

Es klang so, als würde mein Vater sich selbst Vorwürfe machen. 

"Das passt schon! Ihr könnt da auch nichts für. Schließlich geht ihr Arbeiten, damit es uns gut geht."

"Aber man sieht ja, dass es nicht reicht. Dir geht es schließlich nicht so gut!" Er sah mich an.

"Sag sowas nicht... Ihr seid tolle Eltern! Ist doch egal, ob es mir nicht gut geht oder nicht."

"Nein, Jack, das ist eben nicht egal! Du bist genauso unser Kind wie Scarlett und Daniel auch. Also bitte sag sowas nicht nochmal. Es soll euch dreien gut gehen!"

Die Katze sprang von meinem Schoß und erkundete das Arbeitszimmer. "Aber ihr macht doch schon so viel für uns."

"Aber trotzdem ist das eine beschissene Situation bei dir an der Schule und es kann einfach nicht so weiter gehen, dass du fast schon regelmäßig verprügelt wirst! Deshalb haben wir uns etwas überlegt."

Mein Blick wandte sich von der Katze ab und fuhr zurück zu meinem Vater. "Und was habt ihr euch überlegt?", fragte ich ihn leise.

Mein Vater räusperte sich wieder. "Das letzte Viertel des Schuljahres bleibst du noch an der Schule." Er rieb sich den Nacken und seufzte leise. "Und dann ab nächstes Schuljahr wirst du auf eine öffentliche Schule gehen. So wie du es wolltest."

My Teacher [boyxman]Where stories live. Discover now