Kapitel 9

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Jack

Inzwischen hatte ich etwas gegessen und stand umgezogen vor meinem Spiegel in meinem Zimmer. Ich hielt meinen Pulli hoch und betrachtete die blauen Flecken auf meinem Oberkörper. Was hatten sie denn davon, mich zu verprügeln? Denken sie etwa, dass man mir meine Sexualität ausprügeln kann? Nein! Das geht nicht, das können die vergessen! Mein Blick fuhr zu meinem blauen Auge. Sie sollten lieber Vergewaltiger oder Männer, die Kinder missbrauchen, verprügeln. Die Leute hätten es verdient...

Ich bekam gar nicht mit, dass es klopfte. Im Spiegel sah ich, dass die Tür langsam auf ging. Mr Jones stand in der Tür und sah mich an. Rasch zog ich meinen Pulli runter.

"Ähm... deine Mutter hat mir gesagt, dass ich hochgehen kann. Ich... ich hab auch geklopft", sagte er. Er dachte wohl, er wäre rein geplatzt oder so. Aber da Ryan krank war und nicht arbeiten konnte, wäre da auch nichts, wo man rein platzen könnte.

"Schon gut", meinte ich nur. Durfte ich ihn beim Nachhilfeunterricht eigentlich auch beim Vornamen nennen und duzen? Oder nicht? Ich traute mich aber auch nicht, ihn zu fragen. Ich bedeutete ihm, mir zu folgen. Zusammen gingen wir in ein anderes Zimmer. Dort stand ein großer Schreibtisch, die Wände waren voll mit Bücherregalen und in einer Ecke stand eine Chesterfield Couch. Ich holte noch einen zweiten Stuhl dazu und schob ihn an den Schreibtisch, ehe ich diesen schnell aufräumte.

"Du schreibst?", fragte Jones mich. Er hielt ein paar Zettel in der Hand.

"Hm... nur ganz selten." Manchmal versuchte ich selbst irgendwas zu schreiben, verlor aber ganz schnell die Lust.

"Darf ich mir etwas davon mitnehmen und lesen?" Er sah zu mir.

Eigentlich schrieb ich nur für mich und ich hatte auch nicht vor, dass es irgendwer liest. Aber vielleicht fand er es gar nicht so schlimm? Ich zögerte, nickte dann aber. "Aber... zeigen Sie es bitte niemandem."

Er lächelte mich an. Er hatte ein wirklich schönes Lächeln. "Nein, mach dir da keine Sorgen. Es bekommt niemand zu Gesicht."

Ich nickte wieder und gab ihm die anderen Zettel, die noch dazu gehörten. Meine restlichen Schulsachen verschwanden in einer Schublade unter dem Schreibtisch. Nur die Geschichtssachen blieben liegen.

"Bist wohl eher ein ordentlicher Mensch, hm? Ich mein, andere hätten die Sachen einfach nur zur Seite geschoben", fragte er Mr Jones mich. Ich sah ihn stumm an, antwortete darauf aber nichts. Ich setzte mich auf meinen Stuhl und wartete, bis er anfing. Mein Klassenlehrer setzte sich zu mir. Erst jetzt viel mir auf, dass er eine Brille trug. In der Schule hatte er sie noch nicht. Die Brille stand ihn aber. Ich fand es sogar fast schon besser, als wenn er keine trug. Irgendwie traute ich mich aber nicht, ihn darauf anzusprechen. Allgemein wollte ich ihn nicht ansprechen. Hoffentlich würde ihn das nicht stören.

"Hast du eigentlich noch Schmerzen? Also... wegen des Vorfalls in der Schule", fragte er mich auf einmal. Ich zuckte etwas zusammen und sah ihn an. Ich schüttelte den Kopf, obwohl es doch noch ziemlich weh tat.

"Passiert... das eigentlich öfter?", fragte Jones weiter.

Ich senkte den Blick. "Ja", sagte ich nur leise und zupfte an den Ärmeln meines Pullovers. Also hatte man ihn nicht darüber informiert.

"Was ist eigentlich los, dass du verprügelt wirst? Man sieht dich immer nur allein und im Sportunterricht ziehst du dich bei den Mädchen um. Da muss doch irgendwas passiert sein. Wenn ich die anderen Lehrer darauf ansprechen, lächeln sie nur und sagen etwas wie 'Sie wissen es noch nicht?' oder 'Vergessen Sie es einfach, der Junge ist sowieso komisch'. Und wenn irgendwas ist, kannst du mit mir darüber sprechen, Jack."

My Teacher [boyxman]Where stories live. Discover now