15. Kapitel

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Nachdem wir den Bahnhof unter Protestrufen verlassen haben, führt Effie uns zu einem schwarzen Wagen, welcher uns zum Präsidentenpalast bringen soll. Ich hatte den Weg zum Palast kürzer in Erinnerung, und weitere Protestanten am Straßenrand bringen mich dazu, jede Minute doppelt so lange wahrnehmen zu lassen. Ein Block nach dem anderen, bis wir endlich vor den ausladenden Stufen des Präsidentenpalastes halten. Als ich aus dem Auto steige, schlägt mir eine eisige Luft entgegen, passend zum Kapitol. Dieser Ort erinnert mich an all das Grauen, an das ganze Unrecht, was hier passiert ist. Meine Finger beginnen zu zucken, meine Beine fühlen sich nicht mehr so stark und belastbar wie vor einer Minute an. Eher wie Brei. Haymitch, dem es ähnlich gehen muss, bemerkt meinen Zustand, und greift meinen Arm. "Du stehst das durch, Katniss. Wir immer.", flüstert er.
Ich atme tief ein und gehe Stufe für Stufe die Treppe hinauf. Wir werden durch den ausladenden Palast, der schon aus einer Zeit lange vor Panem stammen muss, geführt. Vor einer schweren Tür bleibt Effie stehen und sagt: "Den Rest müsst ihr alleine gehen, meine Sieger." Sie umarmt uns drei kurz, dann öffnet sie die hölzerne Tür.
Der Raum den wir betreten, ist von einem riesigen, runden Tisch ausgefüllt. Im Stuhl am anderen Ende des Raumes, sitzt uns zugekehrt Paylor. Sie räuspert sich und sagt: "Herzlich Willkommen, Katniss,Peeta und Haymitch. Zuerst möchte ich euch danken, dass ihr bei der Eroberung des Kapitols so eine wichtige Rolle, trotz gewissen Verlusten, gespielt habt." Ich schaudere, aber ich halte mit Paylor Augenkontakt. Sie soll nicht denken, ich sei schwach, gebrochen. "Ach, setzt euch doch. Dann können wir die Besprechung auf einer Höhe beginnen." Wir setzen uns, und Paylor fährt fort: "Jeden Moment sollten die restlichen Sieger eintreffen."
Die Minuten vergehen, und durch die Stille im Raum entsteht eine Spannung, die keiner traut zu zerstören. Peeta greift nach meiner Hand, drückt sie, wie ein Zeichen der Ermutigung. Eine Minute vergeht, zehn, dann eine Viertelstunde. Irgendwann beschließt Paylor, dass es reicht, doch gerade als sie sich vom Stuhl erhebt, öffnet sich die Tür. Johanna, Enobaria und Annie stürzen hinein, Beetee kommt in seinem Rollstuhl hinterhergerollt.  Ihre Gesichter sind leicht gerötet, und ein paar Haarsträhnen haben sich aus Annies Zopf gelöst.
"Es...es war schrecklich. Am Bahnhof wurden wir von einem immer größer werdenden Mob aufgehalten. Sie haben versucht, uns daran zu hindern, zum Wagen zu kommen. Hände aus der Menge haben an unseren Kleidern gerissen, während sie "Stoppt die Spiele!" gerufen haben. Nach unendlichen Minuten des Gedränges haben wir dann endlich den Wagen erreicht. Wir können doch nicht... Bei diesem Aufruhr und Gegenwind können wir doch nicht ernsthaft wieder Spiele veranstalten!", ruft Annie.
Paylor winkt ab und sagt:" Nun beruhigt euch erstmal. Setzten wir uns hin damit wir das in Ruhe besprechen können."
Enobaria, Beetee und Annie lassen sich am Tisch nieder, doch Johanna kommt auf mich zu und umarmt mich. "Es tut mir leid, dass ich dich nie besucht habe. Aber ich.. Ich musste das Geschehene erst selbst verarbeiten.", flüstert sie mir zu. Unser gemeinsames Zimmer und die Arena scheinen uns wirklich zu etwas wie Freundinnen gemacht zu haben. Meine einzige Freundin, abgesehen von Madge. Die wegen meiner Freundschaft unter die Erde gekommen ist. Als Johanna Peeta neben mir sieht, kichert sie, dann setzt sie sich auf meine andere Seite.
"Nun, dann können wir jetzt mit der Besprechung anfangen. Wie ihr wahrscheinlich alle schon mitbekommen habt, werden wir bald die symbolischen letzten Hungerspiele veranstalten. Bei eurem letzten Treffen habt ihr dafür gestimmt, und jetzt hat Katniss den Bürgern eine Volksabstimmung versprochen. Die Bürger sind aufgebracht, natürlich am meisten die Kapitoleinwohner, deren Kinder in Frage für die Spiele kommen. Jetzt müsst ihr mit mir entschieden, ob wir die bereits beschlossene Entscheidung, die Spiele durchzuführen, bestehen lassen oder das Volk bestimmen lassen.", verkündet Paylor.
Ich melde mich zu Wort: "Ich bin für eine neue Abstimmung, demokratisch. Als ich für die Spiele gestimmt habe, war ich aufgewühlt, unfähig zu entscheiden. Niemand hat es verdient, in so einer Arena kämpfen zu müssen. "
Peeta und Annie stimmen mir zu, und Beetee argumentiert in seiner schlauen Art: "Paylor, Sie müssen den Bürgern das Gefühl von Mitbestimmung geben. Sonst fühlen sie sich wie unter Snows
Regime, und Sie wissen ja, was passiert ist."
Enobaria bleibt bei ihrer ursprünglichen Meinung, genau wie Haymitch und Johanna. Bei ihnen scheint die Rachelust zu gewinnen. Jetzt ist es an Paylor. Sie scheint hin und hergerissen zwischen der Versuchung, Spiele ohne weitere Zustimmung durchführen zu können und dem Gewinn von Vertrauen der Bürger. Letztendlich entscheidet sie sich für letzteres. "Damit ist es entschieden. Wir lassen das Volk entscheiden." Die Anspannung, die mich verkrampft hat, fällt von mir ab. Ich frage erleichtert, ob wir jetzt zurück ins 12. Distrikt fahren dürfen, doch Paylor meint, wir sollen erst die Abstimmung  abwarten. Die Abstimmung, die über das Leben von 23 Kindern entscheiden wird, so unschuldig wie Prim, Rue oder all die anderen, die ihr Leben in einer Arena oder im Krieg verloren haben.

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Hallo mal wieder:)
Jetzt ist es erst Februar und ich scheine meinen guten Vorsatz schon gebrochen zu haben. Aber ihr kennt ja bestimmt, wie das mit den ganzen Prüfungen, die  vor den Osterferien so kommen, ist. Zum Glück habe ich endlich wieder die Zeit gefunden, weiter zu schreiben und möchte diese Zeit auch in den nächsten Wochen immer finden.
Dankeschön für die ganzen Stimmen:)
Eure Annika

Tribute von Panem 4Where stories live. Discover now