Kapitel 4

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~Daires Sicht~

Was hab ich nur im Leben falsch gemacht, um jetzt hier zu sein?
Ich hätte zu Hause bleiben sollen.
In diesem Wald wimmelte es nur so von Kriechtieren, Monstern und schlechtem Wetter. Ja, schlechtem Wetter.
Wind, Hagel, Regen... Ich hasste es.
Ich war schon dabei aufzugeben und einfach zurückzukehren. Wo immer 'zurück' auch sein mochte...
Dieser Wald war mir noch nie so verwirrend vorgekommen.
Wenn ich einfach nur so weiter ging, würde ich ihn nie finden.
Kurzerhand entschloss ich mich auf einen Baum zu klettern und zu hoffen, dass er ein Feuer machte.
Mit dem Schwert und Rucksack wollte das vielleicht nicht so einfach gehen, aber immerhin kam ich 4 Äste hoch und geschätzte 5 Meter weiter nach Oben.
Ich sah mich um.
Der Tag war zu ersten Mal friedlich.
Kein Sturm, kein Regen, nicht einmal Wolken. Der Himmel war blau und kein Rauch durchquerte die Baumwipfel.
Es schien alles ziemlich friedlich.
Ich sollte schon längst wieder zu Hause sein. Ich hatte nicht so viel Zeit für ihn eingerechnet. Ach, was solls.
Ich starrte weiter in die Landschaft.
Baumkronen über Baumkronen. Was für ein Anblick. Nichts konnte mich aus der Ruhe bringen, ich war einfach ich selbst und genießte meine Freiheit.
Die Brise wehte meine Haare zurück und ließ mich entspannen.
Plötzlich zischte etwas direkt neben meinem Ohr. Ich schnellte hoch. Was war das? Nochmal. Und dann nochmal. Waren das... Pfeile? Ich verlor das Gleichgewicht und fiel. "Au." Ich rieb mir den Kopf. Wer war denn so blöd und... Ich richtete mich auf und zog mein Schwert. Die Klinge leuchtete hell im Sonnenlicht und sah schärfer aus denn je.

"Verschwinde.", sagte eine unbeeindruckte Stimme.

-"Nein. Ich muss jemanden finden!"

"Du bist aber nicht die Jenige, die der hohe Herr haben will."

Aus dem Dickicht kam eine Gestalt hervor. Klein, mit Schwert. Sie kam näher und ich konnte erkennen wie die Augen der Gestalt eisblau aufleuchteten. Sie sah kindlich aus.
Sie hatte Gewand an, dass nur die ärmsten tragen würden. Dunkelblondes Haar fielen ihr ins Gesicht und sie sah viel grimmiger aus, als es gepasst hätte. Sie war ein Junge...

-"Hey... Wer bist du?", fragte ich süßlich.

"Das ist nicht wichtig.", sagte er und wand den Blick ab. "Das wollte nie jemand wissen."

Ich wusste nicht, was ich tun sollte, also fing ich an zu reden.

-"Du sagtest, ich sei nicht die, die der hohe Herr haben will, was meintest du damit?"

Jetzt sah er mich wieder an, aber wütender als zuvor.

"Bist du schwer von Verstand? Ich kann dir das nicht erklären! Ich müsste dich töten! Verstehst du?!", er holte sein Schwert aus der Scheide und legte es in seine Hand als wolle er es mir zeigen, dabei starrte er selbst die ganze Zeit darauf. Es schien, als würde er sich dadurch beruhigen. "Ich will dieses Schwert nicht allzu oft einsetzen... Nicht nach dem... dem was passiert ist."

Ich hatte Mitleid mit ihm, konnte ihn aber nur mit traurigen Augen ansehen.

"Die anderen Kinder... sie hassten mich, wegen dieses Schwertes. Sie nannten mich Mörder und Killer. Aber sie verstanden es nicht. Niemand versteht es."

-"Doch! Ich kann es verstehen! Gib mir eine Chance!", heulte ich verzweifelt.

Er seufzte. "Nein. Nein. Kannst du nicht.", er schüttelte dabei immer wieder den Kopf. "Verstehst du denn nicht?", er sah mir jetzt in meine Augen und versuchte seine Tränen zu unterdrücken. Er biss seine Zähne zusammen und sprach weiter. Er fasste in einem Atemzug, nochmal seinen ganzen Mut, das konnte ich sehen.
"Ich hab damit meine Mutter umgebracht.", sagte er aus zitternder Stimme.

Ich schlug meine Hände vor den Mund um einen Schrei zu unterdrücken.
Er sah mich nur wütend an und sprach schreiend weiter.

"Und ich kann es nicht einmal ablegen! Verstehst du?! Es ist meine Lebensessenz! In Wahrheit bin ich schon 150 Jahre alt! Gefangen in diesen meinen Kinderkörper! Während stechender Schmerz mein Herz durchbohrt! Und ich darf nicht sterben! Weil es mir der hohe Herr verbietet!" Mit einem Male wurde er still und sagte mit ruhiger Stimme:"Ich wünschte ich könnte es aufhören lassen. Diesen Schmerz und diese Trauer..."

-"Das tut mir leid für dich...", sagte ich leise.

"Immer tut es jeden leid. Aber was nutzt es mir? Wenn du wüsstest wie oft ich schon dieses Gespräch führte." Er sagte das in seiner traurigsten Stimme. Es war eine Qual ihn so zu sehen. Er taumelte auf mich zu und breitete seine Arme aus. "Ich will umarmt werden. Geliebt werden." Er umschlingte mich in seiner Umarmung und ließ mich rückwerts fallen. Er vergrub sein Gesicht in meiner Brust und fing an zu weinen. Automatisch fing ich an ihm über den Kopf zu streicheln. Er richtete sich auf und sah mir in die Augen. Doch aus seiner Traurigkeit in seinen Augen, wurde ein Lächeln auf seinen Lippen und aus heiterem Himmel fing er an mich scheinheilig anzulächeln. "Ahaha. Aber wenn du wüsstest, wie gut es tut... Wenn du dein Opfer aufschreien hörst, um Gnade winseln hörst, während du dein Schwert durch seine Brust bohrst, das Blut herausquillt und ihnen der letzte Lebensfunken aus den Augen streift..."

Er fang eine Hand um meinen Hals und drückte sie zu Boden. Ich bekam kaum Luft, aber er ließ mich nicht sterben.
Mein Herz pochte in meiner Brust und ich hatte unglaubliche Angst. Mit seiner anderen Hand hielt er mir nun den Mund zu um meine Erstickungslaute zu unterdrücken. Mein Atem wurde immer schneller und mein Herz immer lauter.
Er legte seinen Kopf auf mein Herz und horchte.

"Mhhmhh. Ein lauter Herzschlag. Du hast Angst. Ahaha! Du hast Angst zu sterben, nicht wahr?"

Ich zappelte, aber er haute mir nur seine Knie noch weiter in meine Rippen.
Ein stechender Schmerz durchzog mich.
Schweißperlen kullerten mein Gesicht herab.

"Aber du musst keine Angst haben. Nein. Nein, meine Liebe. Ich könnte dich am Leben lassen. Wenn du..."
Sein Blick lief meinen Körper hinunter und ich fing erneut an zu zappeln. Warum war dieses Kind so stark?
Er sah mich böse an und schrie mich an.
"Hör auf zu zappeln! Ich hätte dir vorher schon die Rippen brechen können!"
Ich sah ihn an und wusste, dass er Recht hatte. Ich hörte auf zu zappeln, aber mein Atem war immer noch schwer.

"Also, was ich sagen wollte war, wenn du meinem hohen Herrn dienst."

Er ließ meinen Mund nicht los, damit ich ihm eine Antwort geben könnte. Also blickte ich ihn einfach nicht mehr an.

"Also ist das ein 'Nein'?"

Ich sah ihn immer noch nicht an.
Blitzschnell ließ er meinen Mund los und gab mir eine feste Ohrfeige. Die Tränen standen mir in den Augen. Er drehte mit einer Hand meinen Kopf zu ihm und er fragte mich nochmal:"Also?"
-"Niemals.", spuckte ich hervor.
Er seufzte, und schlug mich nochmal. Ich fing an zu weinen.

"Oh, nicht doch Schätzchen!"

Er sagte das wirklich, als wäre es tröstend gemeint, aber ich heulte einfach nochmehr.
Nun ließ er meinen Hals los und ich dachte schon, es könnte nicht mehr schlimmer kommen, als er sein Schwert hervor holte.
Ich fing sofort an, noch mehr Tränen zu vergießen und schluckte.

Er holte aus und ließ seine Waffe auf meine Brust gleiten. Ich schloss die Augen, aber ich verspürte nie einen Schmerz. Ich öffnete sie und sah, dass das Kind ungläubig in mein Gesicht blickte, während Blut aus seinem Mund tropfte.
Zuerst sah er mich an und danach lief sein Blick hinunter zu seiner Brust aus der eine Schwertspitze hervorragte.
Die Schwertspitze zog sich zurück und der Junge fiel senkrecht auf meine Brust.

Fightening against the StormWhere stories live. Discover now