》21. Böser Cop《

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Ich wälzte mich in meinem Bett hin und her.
Wir hatten es vier Uhr am Morgen und ich hatte die ganze Nacht kein Auge zugemacht. Meine Gedanken waren bei Keith. Sollte ich ihm schreiben?
Er sollte doch eigentlich schon daheim sein oder? Ich mein als ob so ein Streetfight acht Stunden lang geht.
Also nahm ich mein Handy vom Nachttisch und blinzelte erst mal wegen der Helligkeit. Als meine Augen sich an das Licht gewöhnt hatten, fing ich an zu tippen.
*Hey, ist alles in Ordnung bei dir?*
Nachdem er mir nach einer Stunde immer noch nicht geantwortet hatte, ging ich davon aus, dass er wohl schlief.
Da wir es schon fünf Uhr hatten stand ich auf und machte mich fertig für die Schule.

In der Pause, war Keith und sein Motorrad nirgendwo zu sehen.
Nicht einmal Casper war da. Das mulmige Gefühl in meinem Magen wurde immer stärker. Mit zitternden Händen rief ich Keith an.
Es piepte bis zu sechs Mal bevor jemand abhob. Ja, ich habe das piepen mitgezählt falls ihr euch fragt.
"Keith?" Sprach ich ins Telefon.
"Uhm Nein... hier ist Casper..."
"Kannst du mir bitte Keith geben? Wo seid ihr?" Ich hörte ein Schlucken in der anderen Leitung und leises Geflüster.
"Eh wir sind bei mir... Ehm wir Socken herum. Uuhh ich meinte zocken." Seine Stimme war hektisch und panisch zugleich. Bei mir gingen sofort die Alarmglocken los.
"WAS.IST.PASSIERT?!" Schrie ich schon fast ins Telefon.
"Gar nichts wir zocken nur!" Casper's Stimme wurde auch immer lauter.
"Casper verdammte Scheiße! Lüg mich nicht an und gib mir Keith ans Telefon!"
"Moment!" Kreischte Casper schon fast mädchenhaft. Im Hintergrund hörte ich die beiden kurz diskutieren bis endlich Keith ranging.
"Hey." Sagte er, seine Stimme etwas angeschlagen. Ich atmete erleichtert aus.
"Hey. Wie geht's dir? Wie war der Kampf?" Er zögerte bevor er antwortete. "Mir geht's super duper. Hab den Kampf gewonnen."
Ich nahm mein Handy von meinem Ohr und schaute es verdächtig an.
Wen willst du hier verarschen?
Er verschwieg mir etwas.
"Okey cool, freut mich für dich. Macht es euch was aus, wenn ich vorbeikomme?"
"Ja! Ehm ich meine Nein. Nein tut es nicht. Absolut nicht."
Oh Gott war er ein schlechter Lügner.
"Gut. Schick mir die Adresse ich bin auf dem Weg."
"Ja Moment."
Wir legten auf und ein paar Minuten später hatte ich eine Nachricht von Keith. Casper wohnte gar nicht so weit weg von der Schule. Leicht mit dem Bus zu erreichen.
Ich versuchte unauffällig den Pausenhof zu verlassen. Das heißt, ich lief geduckt zwischen den Autos durch und machte die Melodie von Mission Impossible nach.
Als ich den Ausgang erreichte rannte ich schnell an die Bushaltestelle.
Dann sah ich mich nochmal um.
Gut, keiner hatte mich gesehen.

Nach 20 Minuten war ich vor Casper's Haus. Ich überprüfte nochmal ob es die richtige Hausnummer war und klingelte.
Ich hörte Getuschel von innen bevor die Tür aufgemacht wurde.
Casper stand mit einem gezwungenen Lächeln vor mir.
So ein Amateur, das bring ich ständig.
Ich ließ mir nichts anmerken und ging herein als Casper mich rein bat. "Wo sind deine Eltern?" Fragte ich ihn als ich ihm ins Wohnzimmer folgte. "Arbeiten." Antwortete kurz und knapp. Ich nickte obwohl er es nicht mal sah.
Keith saß auf einem der zwei beigen Sofas. Ich beäugte ihn etwas genauer. Seine Statur war ziemlich steif und sein Gesicht hatte er kurz schmerzhaft verzogen, doch das verdeckte er dann wieder mit seinem üblichen Pokerface. "Hey Cupcake."
"Hi." grüßte ich ihn emotionslos zurück.
"Setz dich doch." Bat mir Casper an.
"Ich steh lieber." Sagte ich kalt. Man ich habe diese böser Cop Nummer echt drauf...
Ich lief im Wohnzimmer auf und ab und sah immer mal wieder zu den beiden Jungs vor mir.
Casper schaute wie ein Reh im Scheinwerferlicht, wobei Keith seine steinharte Maske trug, die keine Emotionen durchließ.
Ich lief näher zu den beiden und blieb direkt vor Casper stehen. Von Keith würde ich zwar keine Informationen bekommen aber Casper würde eventuell brechen.
"Na Casper wie geht's dir denn heute so?" Fragte ich in einem gespielt süßen Ton.
"Eh ganz gut dir?" Antwortete er etwas zögerlich.
"Ich stell hier die Fragen Bursche!" Sagte ich nun in einem lauten Ton.
Er schreckte zurück und sah mich perplex an. Gut.
"Seit wann ist Keith bei dir?" Fragte ich weiter.
"Seit heute Morgen..."
"Interessant... ich habe nämlich mit Sarah telefoniert und sie sagte das Keith gestern nicht mehr nach Hause gekommen ist." Bluffte ich. Natürlich hatte ich nicht mit Sarah telefoniert, aber das musste er ja nicht wissen.
Er schluckte nervös und sah zu Keith.
Keith versuchte ihm unauffällig einen mahnenden Blick zu zuwerfen aber ich sah es noch und schaute zu ihm.
Er lächelte nur unschuldig. Guter Versuch Kamerad.
Dann sah ich wieder zu Casper. Ihm rollten gerade Schweißperlen die Stirn herunter.
Shit, bin ich gut. Ich habe mir definitiv ein paar Cookies verdient.
"Also Casper, wann ist Keith nochmal hierhergekommen? Und dieses Mal die Wahrheit." Ich schaute desinteressiert auf meine Nägel um meine coole Fassade aufrecht zu erhalten.
"Gestern Nacht." Seine Stimme war angespannt. Bald hatte ich ihn da, wo ich ihn haben wollte...
"Interessant..., wirklich sehr interessant..., möchtest du mir vielleicht näher erläutern in welchem Zustand Keith hier aufgetaucht ist?" Ich sah ihn mit hoch gezogenen Augenbrauen an. Er schluckte und rieb sich seine verschwitzten Hände an seiner Jeans. Er schaute nochmal zu Keith bevor er die Bombe platzen ließ.
"Ach verdammt! Zeig es ihr einfach! Ich halte das nicht aus!" Dann stand er auf und rannte förmlich aus dem Zimmer. Ich sah unbeeindruckt zu Keith.
"Du bist gut." Sagte er.
"Keine Zeit für Schmeicheleien. Zeig schon her." Er sah mich kurz unsicher an und zog dann sein Shirt aus. Oh Wow darauf wollte ich eigentlich nicht hinaus...
Als er das Shirt ausgezogen hatte, klappte mir meine Kinnlade fast herunter.
Eine Wunde zog von seiner linken Brust bis kurz vor seine Schulter. Man hatte es provisorisch zusammengenäht.
Ich setzte mich langsam neben ihn.
"Du solltest in ein Krankenhaus." Riet ich ihm ohne meine Augen von seiner Wunde zu nehmen.
"Geht nicht. Die stellen zu viele Fragen."
"Na und?! Das muss sich ein Profi anschauen."
"Nein das wird schon!" Zickte er.
Dann zog er sich sein Shirt wieder an und verzog dabei sein Gesicht vor Schmerz.
Ich schüttelte nur meinen Kopf. Egal was ich sagen würde, er würde seine Meinung nicht ändern.
"Und da ist noch etwas was ich dir zeigen sollte..." Er griff sich in seine Hosentasche und holte das silberne Medaillon raus. Es war total verbeult und hatte einen Kratzer das nur von einem Messer stammen konnte, so wie seine Verletzung.
"Das ist nicht schlimm. Ehrlich gesagt ist mir das Ding scheiß egal solange es dir gut geht." Versicherte ich ihm.
Er lächelte nur traurig. "Dieses 'Ding' hat mir wirklich Glück gebracht. Danke nochmal."
"Dir Glück gebracht? Du wurdest schwer verletzt."
"Ja, ich bin zwar verletzt aber das Teil hat mir sozusagen mein Leben gerettet. Als Gonzalez, so heißt Hulk in echt, ein Messer aus seiner Hosentasche gezückt hat und auf mich zu gerannt ist, ist er mit dem Messer gegen den Anhänger und so ist er dann abgerutscht und konnte nicht wirklich tief unter die Haut schneiden." Erklärte er mir.
Ohne etwas zu sagen schloss ich ihn einfach in meine Arme.
Ich konnte nicht fassen, dass er sein Leben hätte verlieren können.
Ich dachte diese Streetfights liefen nur mit Fäusten ab und nicht auch noch mit Waffen.
Er zog scharf die Luft ein und ich ließ ihn schnell los.
"Sorry." Murmelte ich.
Er lachte "Nicht so schlimm Cupcake."

The Badboys Weakness |✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt