25 | PETER

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Als ich die Wohnungstür hinter mir schließe, achte ich darauf, keinen Laut von mir zu geben und verzichte darauf, den Lichtschalter zu betätigen, um niemanden zu wecken. Meine Augen gewöhnen sich schnell an die Dunkelheit und reflexartig wandert mein Blick zu Bobs geschlossener Zimmertür. Doch alles ist still, alle scheinen zu schlafen.

Die Stunden sind wie im Flug vergangen und nun ist es sehr spät geworden - oder besser gesagt: sehr früh. Nachdem der Abspann des Films über die Leinwand gelaufen ist, haben Justus und ich uns noch lange unterhalten. Wir sprachen über alles Mögliche. Über alte Fälle, die uns besonders berührt haben. Wir spekulierten über die Zukunft der Detektei, welche Wege wir einschlagen könnten und welche neuen Herausforderungen auf uns warten würden. Auch Justs Beziehung zu Koby war ein Thema, wie sie sich entwickelt hat. Nur um das Thema Ivete haben wir einen großen Bogen gemacht.

Darüber bin ich sehr froh, denn es war wie eine kleine Auszeit von all dem Stress der letzten Wochen. Jetzt bin ich müde, aber auch irgendwie erholt und habe das Gefühl, meine Gedanken etwas sortiert zu haben. Um das Gespräch mit Bob und Ivete komme ich nicht drumherum, aber der heutige Tag hat mir geholfen, mich dieser Konfrontation einigermaßen gewachsen zu fühlen.

Ich bin schon halb durch das Wohnzimmer gegangen, als mich ein Geräusch aufhorchen lässt. Es kommt nicht aus den Zimmern, sondern von der Couch und ich kann es zunächst nicht richtig zuordnen.

Dann ertönt es wieder und diesmal erkenne ich es deutlicher. Sofort steigt Panik in mir auf. Das war eindeutig ein Schniefen. Oh, bitte nicht auch noch das! Ich hasse es, wenn jemand in meiner Nähe weint!

Leise nähere ich mich dem Sofa. Da liegt tatsächlich jemand, eingewickelt in eine Wolldecke. In der Dunkelheit kann ich die Person nicht erkennen, aber es kann nur Ivete sein.

»Ivete? Alles in Ordnung?«

Es ist, als halte sie kurz den Atem an, dann richtet sich die Gestalt auf. Wieder höre ich ein Schniefen, und nachdem ich die kleine Lampe neben dem Fernseher angeknipst und mich umgedreht habe, sehe ich noch, wie Ivete sich hastig über die Augen wischt.

Mein Fluchtreflex ist enorm, aber ich unterdrücke ihn erfolgreich und setze mich neben sie.

»Hey.«

»Hey«, ertönt ihre leise, raue Stimme. Ihre Augen sind rot und geschwollen, und es ist ihr nicht ganz gelungen, die Spuren der Tränen von ihrer Wange zu entfernen.

»Warum weinst du?«

Es ist offensichtlich, dass ihr diese Frage genauso unangenehm ist wie mir. Sie zuckt nur vage mit den Schultern und zieht sich die Decke bis zum Kinn.

»Ich habe schlecht geschlafen und bin ein bisschen durcheinander, das ist alles.«

Nein, das ist es nicht. Man muss kein Superhirn sein, um das zu erkennen. Die Ivete, die ich kenne, ist eine unerschrockene, energische Frau, die jede Situation unter Kontrolle hat - oder zumindest davon überzeugt ist. Selbst damals, als Bobs Entführer gefasst wurde und wir uns im Streit harte und unangenehme Worte an den Kopf warfen, vermied sie es tunlichst, irgendeine Schwäche oder Verletzlichkeit zu zeigen.

Und jetzt das?

Es erschüttert mich zutiefst, Ivete in diesem Zustand zu sehen. Trotz der Spannungen und Missverständnisse, die in den letzten Wochen zwischen uns herrschten, möchte ich sie in meine Arme schließen. Ihr jetziger Anblick ist für mich unerträglich. Ivete bleibt zunächst wie versteinert stehen, als ich meinen Arm um sie lege, doch nach kurzem Zögern gibt sie nach und schmiegt sich eng an mich. Ihre Hand findet den Weg um meine Taille und hält mich fest.

»Was ist passiert?«, versuche ich es noch einmal. »Habt ihr euch gestritten?«

Mein Kopfkino läuft auf Hochtouren und ich vermute stark, dass Ivete Bob von dem Kuss erzählt hat.

Unbekannter Gegner (Drei Fragezeichen Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt