114 Kapitel

351 26 6
                                    

Es vergehen weitere Minuten und langsam muss ich zugeben, dass mir kalt wird.

,,Weiß jemand bescheid, dass du hier bist?", versuche ich deswegen auch ein bisschen vom Thema abzulenken und Sophia erstmal auf andere Gedanken zu bringen. Sie seufzt.

,,Eigentlich wollte ich mit Jo nach dem Mittagessen zum Friedhof kommen, aber... ich konnte einfach nicht", erklärt sie ziemlich kryptisch. Ist was in der WG vorgefallen oder mit Jo?

,,Soll ich dich nach Hause bringen?" Sie reckt mir panisch ihren Kopf entgegen und schüttelt den Kopf.

,,Okay... Willst du mit zu mir kommen?" Ihr Gesichtsausdruck verändert sich augenblicklich und sie schaut fast flehend.

,,Wenn es keine Umstände macht", flüstert sie. Ich drehe sie auf meinem Schoß so, dass ich ihr in die Augen schauen kann.

,,Du machst keine Umstände, nie. Ich sage jemandem aus der WG bescheid und dann fahren wir zu mir. Hast du schon was gegessen?" Sie lächelt dankbar und erleichtert. Mich würde es wirklich interessieren, was bei denen vorgefallen ist.

,,Danke, ich hab noch nichts gegessen. Bin direkt von der Schule hier hergerannt", sie schaut verlegen zu Boden.

,,Kein Problem, hab auch noch nichts gegessen. Ich koch uns ein paar Nudeln und ich hab noch Tomatensoße. Wie klingt das?"

,,Wie ein toller Nachmittag, aber du kommst nicht von der Arbeit, oder?" Sie grinst beim ersten Satz und ich erwidere es.

,,Nein, hatte heute Frei", lüge ich um ihr nicht nch deswegen ein schlechtes Gewissen zu machen. Sophia kämpft gerade scheinbar genug mit anderen Problemen.

Ich zücke mein Handy und hinterlasse Paula, von der ich weiß, dass wie wirklich heute Frei hat eine Nachricht: Hey, macht euch keine Sorgen um Sophia. Sie ist bei mir und wir machen uns einen schönen Nachmittag.

,,Erledigt, na komm, es ist ganz schön kalt heute."

Den Weg zu meinem Auto und auch die Fahrt über schweigt Sophia und schaut deprimiert aus dem Fenster. Ich möchte sie nicht drängen, deswegen bin ich auch einfach still.

Sophias Sicht:

Ich bin froh, dass Linus auch nichts sagt und mich eine Weile meinen Gedanken überlässt.

Was wird jetzt aus mir und Jo?
Würde er mir wirklich fremdgehen?
Soll ich ignorieren was ich gesehen habe und darauf hoffen, dass er ehrlich ist?
Wie soll ich generell mit ihm ungehen?
Hab ich ihm was getan, dass er mich nicht mehr mag und sich eine andere sucht?
Hab ich ihn mit seiner Angst zu sehr gedrängt?
Täusche ich mich und es ist alles ganz anders als es aussieht?

Vicky, ich brauche dich.. Warum bist du ausgerechnet heute krank?

Ich schluchze ungewollt und Linus wirft mir einen besorgten Blick zu. Nicht genug, dass ich selbst nicht weiß wohin mit mir, jetzt nerve ich auch noch Linus. Irgendwann bin ich bestimmt auch Linus zu viel...

Erst Jo, dann die WG und zum Schluss Linus. Dann stehe ich ganz alleine da.

,,Hey..." Eine Hand streift meine Wange. Als ich durch meinen mit Tränen verschleierten Blick aufsehe, hat Linus sich neben das Auto gehockt und seine andere Hand auf meinem Oberschenkel gelegt.

,,Du kannst mit mir reden. Ich weiß, dass manchmal schwerfällt sowas in Worte zu fassen und ich weiß auch, dass du diesen Satz wahrscheinlich schon nicht mehr hören kannst, aber es hilf oft mit jemandem darüber zu sprechen. Friss es nicht in dich rein und wenn du nicht mit mir sprechen willst, dann vertrau dich einer anderen Bezugsperson an."

Linus Worte tun gut. Vielleicht hat er recht. 

Wir betreten sein Haus und er parkt mich im Wohnzimmer auf der Couch. Linus verschwindet einige Zeit in der Küche und kommt dann mit zwei Gläsern und einer Kanne Wasser zurück.

,,Die Nudeln sind schon am kochen. Möchtest du was trinken?" Ich nicke und er reicht mir ein gefülltes Glas. Ich nehme einen großen Schluck. Der Notarzt stellt alles auf dem Couchtisch ab und setzt sich neben mich.

Erledigt, vom Sprint zum Friedhof und meinen Gefühlen lehne ich meinen Kopf an seine Schulter und schließe die Augen. Er streicht beruhigend meinen Rücken.

,,Was macht dich so fertig?", fragt er eher zu sich selbst, aber ich sehe das als Aufforderung endlich alles loszuwerden. Ich lasse wirklich kein Detail aus.

,,Ich weiß gar nicht genau wo ich anfangen soll. Es ist einfach so viel und das bricht gerade Stück für Stück über mir zusammen. Ich kann nicht mehr. Das mit Jo ist heute das i-Tüpfelchen gewesen. Ich hab in letzter Zeit mit niemandem darüber gesprochen, weil ich das Gefühl hatte sie schon viel zu viel mit meinen Gedanken und Gefühlen zu belasten. Sie machen sich immer so viele Sorgen. Eigentlich spreche ich über sowas immer mit Dustin und Jacky, aber seit Mia ist einfach alles anders. Nicht falsch verstehen, ich gönne ihnen ihr Glück, ich mag die kleine ja auch. Mir fehlt Lucky auch soo sehr. Mit Lucky konnte ich über Dinge sprechen, die ich sonst nie ausgesprochen hätte. Und weißt du was? Ich hatte sogar das Gefühl sie würde mich verstehen. Sie wusste immer, wann sie mich trösten musste... und jetzt ist sie einfach weg. Für immer..."

Linus Sicht:

Sophias Worte tun mir selbst so weh. Ein so junger Mensch sollte nicht mit solche Gedanken zu kämpfen haben. Um ehrlich zu sein kann ich nicht mal im Ansatz nachvollziehen, wie sie sich fühlen muss. Ich höre Sophia schweiged zu.

,,Ich hab in letzter Zeit auch wieder darüber nachgedacht." Sie seufzt schwer und wirkt so kraftlos.

Worüber hat sie wieder öfter nachgedacht? Ich traue mich nicht sie zu unterbrechen und nachzufragen.

Ich glaube ich fürchte mich vor der Antwort.

,,Ich erzähle das jetzt wirklich im Vertrauen. Ich habe Jacky und Dustin versprochen, dass ich mit jemandem darüber zu sprechen falls es zurück kommt. Und jetzt bist du eben diese Person. Wenn dir das zuviel ist sag bescheid, ich möchte dich mit meinen Gedanken nicht triggern."

Langsam bekomme ich eine Ahnung davon,  wie kaputt diese Seele wirklich ist. Ich nehme sie sanft in den Arm und sie lässt sich schon fast erleichtert in meine Arme fallen.

,,Es... ich will das nicht. Wirklich. Aber die Gedanken sind einfach da und ich kann nichs dagegen machen. Was wenn..."

Sie unterbricht sich selbst und schluchzt erstickt auf. Ich drücke sie fester an mich. Mit was hat dieses wundervolle Mädchen das verdient?

________________________
Hab eigentlich nichts zu erzählen :)

Hoffe es hat euch gefallen wie immer :)

Hab euch alle lieb ;-)

(Asds) Von der Glücklichen Familie zum WaisenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt