Ein Pakt mit dem Teufel I

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»Nimmst du es mir übel, wenn ich dich nicht begleite?«, fragte Jeanne, als sie vor dem Haus zum Stehen kamen. Die einzige Anlaufstelle, die V auf der Suche nach dem Dunklen König hatte.

»Du willst nicht mitkommen?«, fragte V.

»Das eine Mal, das ich dort war, hat mir gereicht. Die beiden sind nicht nur seltsam, die sind wahnsinnig. Wenn du unbedingt möchtest, dass ich dich begleite, dann werde ich es tun, aber ... es ist nicht mein größter Wunsch.«

V nickte. »In Ordnung. Ich will dich zu nichts zwingen.«

»Danke.« Jeanne schenkte ihr ein Lächeln, das Wärme in Vs Brust flößte. »Ich werde mich ein wenig in der Gegend umschauen. Wir sehen uns spätestens heute Abend im Gasthaus.« Sie winkte V zum Abschied und verschwand in den Gassen Kastolats.

V wandte sich wieder dem Haus zu. Von außen wirkte es unscheinbar, nur ein weiteres Gebäude derselben Bauweise wie jedes in der Straße. Niemand würde ahnen, dass hinter der Tür der Dunkle König lebte.

Licht warf einen Schatten gegen die zugezogenen Vorhänge. Schritte, begleitet von einem Klirren, drangen aus dem Inneren. Die Tür öffnete sich und eine Gestalt in Violett kam zum Vorschein.

»Ist es nicht ein wenig zu kalt, um so lange vor meiner Schwelle zu stehen?«, fragte Murasaki. Jedes Wort trug einen Unterton des Hohns, der seine Stimme nie verließ.

V biss die Zähne zusammen. Schon jetzt wusste sie, dass es nicht ihre beste Idee war, den Erzähler wieder aufgesucht zu haben.

»Tretet ein«, sagte er. »Mir scheint, es gibt einiges, das Ihr mit mir besprechen wollt.«

Eine Gänsehaut legte sich auf ihren gesamten Körper, als sie unter Murasakis Musterung eintrat. Zwar wollte jeder Muskel sie zur Flucht überzeugen, aber sie schenkte ihren Instinkten keine Beachtung. Wenn sie mehr über den Dunklen König erfahren wollte, dann konnte sie das nur an diesem Ort.

Viele der Regale im Inneren, die bei ihrem letzten Besuch noch von Büchern überquollen, standen nun leer, aber der Erzähler lenkte seine Aufmerksamkeit auf sich, ehe V den Gedanken vertiefen konnte. »Und, meine Liebe«, sagte er, als er die Tür hinter sich schloss, »es gilt dasselbe wie auch beim letzten Mal. Ich will kein Blutbad auf meinem Teppich.«

Der Grund, weshalb er dies sagte, saß auf einem Sessel im Wohnzimmer. Ein Bein hatte er ausgestreckt und den Blick in die Leere vor sich gerichtet. An die Lehne war ein Gehstock gestellt, der Griff zu einem Drachen mit weit geöffnetem Maul geformt.

»Besuch«, sagte der Dunkle König, seine tiefe Stimme brachte Vs Herz zum Zittern. Er neigte seinen Kopf in Richtung des Türrahmens. Eigentlich wollte er zu Murasaki schauen, aber dabei traf er V, die augenblicklich die Luft anhielt.

»Schon wieder?«, fragte Lloyd hörbar genervt, die Furche zwischen seinen Augenbrauen zu einem Tal vertieft.

»Eine Bekannte«, sagte der Erzähler. Er durchquerte den Raum und deutete V an, sich auf dem Sofa niederzulassen, ehe er sich auf die Lehne des Sessels zu Lloyd setzte.

V kam der Weisung nach, aber die kalte Hand in ihrem Nacken versuchte, sie zu lähmen. Das Pulsieren ihres Blutes hörte sie in ihren Ohren und sie zwang sich, normal weiter zu atmen. Jedoch konnte sie sich nicht dazu bringen, ihren Blick von dem König zu lösen.

An diesem Tag trug er eine weiße Robe und glich somit einer geisterhaften Gestalt. In Saum und Ärmel waren violette und goldene Fäden eingelassen, die Pflanzen und Blumen erblühen ließen. Ein Hauch von Leben in seiner sonst so regungslosen kalten Erscheinung.

Ein Zucken in Lloyds Augenbraue verriet, dass er von der Musterung wusste. »Wer ist es?«, fragte er.

»Viera«, antwortete der Erzähler.

The Tale of Greed and VirtueWo Geschichten leben. Entdecke jetzt