sechsundzwanzig

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Matthew machte sich große Sorgen um seinen Ehemann. Am liebsten würde er den Auftrag abbrechen, doch dies war eine große Chance für ihn und immerhin hatte er schon so oft seine Karriere in den Hintergrund gestellt und wichtige Aufträge sausen lassen, nur um für Spencer da zu sein.

Das alles störte ihn nicht, denn Spencer war seine große Liebe und wenn es ihm schlecht ging, wollte er nun mal bei ihm sein. Doch so langsam ging ihnen das Geld aus, was Spencer wahrscheinlich noch nicht mitbekommen hatte. Und das war okay. Er sollte sich auf sich selbst konzentrieren.

Doch das bedeutete auch, dass Matthew diesen Auftrag durchziehen musste. Es gab sehr, sehr guten Lohn und wenn die beiden weiterhin in ihrem schrecklichen Häuschen zur Miete wohnen bleiben wollten, dann musste er diesen Auftrag nun mal abschließen.

"Nur noch eine Woche", murmelte er zu sich selbst und sah auf seine wunden Füße. Nie hätte er geglaubt, eine gigantische Wanderstrecke durch die Schweiz zu fotografieren. Und sein... Begleiter hätte kaum schlimmer sein können. Kaum Pausen, am liebsten würde er dreißig Kilometer pro Tag laufen, was natürlich gar nicht möglich war, denn Matthews Ausrüstung war nicht leicht und außerdem war es nicht einfach mal Kamera raus holen, Foto knipsen und weiter gehts. Nein, die Belichtung musste stimmen, das Umfeld und natürlich brauchte man auch eine gute Aussicht, sonst wären es schließlich langweilige Fotos!

Er hörte seinen Begleiter etwas auf Schweizerdeutsch reden, es klang irgendwie aufgebracht, doch so sicher war sich Matthew gar nicht, denn diese Sprache klang ziemlich absurd und er konnte gerade einmal ein paar Grundsätze auf deutsch und das nur, weil er vor ein paar Jahren hauptsächlich in Deutschland unterwegs gewesen war.

Matthew holte sein iPhone heraus und schickte Spencer ein Herz-Emoji. Dann sah er auf seine Weltuhr. Bei Spencer war es gerade noch mitten in der Nacht, immerhin waren es sechs Stunden Zeitverschiebung.

Er seufzte. Am liebsten hätte er angerufen, da er eine Nachricht wahrscheinlich in zehn Stunden noch nicht fertig getippt hätte. Er hasste seine Legasthenie so verdammt sehr und es war ihm so unendlich peinlich, dass es nur seine Eltern, sein Bruder und Spencer wussten. Natürlich waren Nate und Milo seine besten Freunde seit sie sich durch Spencer kennengelernt hatten, doch auch ihnen würde er es niemals erzählen, denn es war einfach zu peinlich. Stattdessen sagte er immer, dass er seine Lesebrille zu Hause vergessen hatte, oder er tat so, als würde er etwas mitlesen und Spencer würde ihm später davon berichten. Bisher hatte es sehr gut geklappt, auch wenn Nate ihn manchmal eindringlich ansah- vielleicht bildete er sich das aber auch nur ein.

Matthew zuckte zusammen, als Martin, sein Begleiter, in die Hände klatschte. "Warum sitzt du da noch so rum? Wir müssen weiter, wenn du in ein paar Tagen fertig sein willst." Matthew verdrehte seine Augen und zog sich seine Socken und Wanderschuhe wieder an. Nicht einmal Pause konnte er in Ruhe machen!

Der nächste Halt für Fotos war in rund zehn Kilometer und er hoffte einfach, dass sein iPhone dies korrekt anzeigte. Denn dann hätte er es für heute geschafft, denn dort sollte ein Aussichtspunkt sein, welchen er in der Abenddämmerung fotografieren sollte. Warum Martin jetzt schon so einen Stress machte, war ihm schleierhaft. Schließlich war es erst kurz nach acht Uhr morgens.

Leise seufzte er und schulterte seinen Rucksack, dann hängte er sich noch zwei Taschen um. Er war ausgelaugt, konnte kaum noch laufen und er wusste nicht, um wen er sich mehr Sorgen machen sollte: um seinen Ehemann oder doch lieber um seinen Zwillingsbruder?

Matthew schnaufte und dachte an Spencer. Er gab ihm Kraft, diesen Auftrag zu überstehen. Danach hätte er eine Woche Pause, bevor er nach Alaska fliegen würde.

Und er musste durchhalten, denn verdammt, sie brauchten dieses Geld dringend für Spencers Psychologen und seine Medikamente!

Und, um nicht obdachlos zu werden.

Denn seine Eltern, oder Schwiegereltern anzupumpen, kam für ihn nicht in Frage.

Nicht mehr.

Nie mehr.

Troublemaker | manxmanWhere stories live. Discover now