„Keineswegs", presste ich hervor.

Ich vernahm ein Seufzen. Der Griff um meinen Körper löste sich, bis ich ihn nicht mehr an meinem Rücken fühlen konnte. Hatte ich ihn verärgert? Ich drehte mich zu ihm und stützte meinen Kopf auf meiner Hand ab.

Waylen lag auf seinem Rücken. Sein linker Arm lag über seinen Augen, wobei er die Lippen zu einem schmalen Strich gepresst hatte.

„Was willst du wissen?", fragte er mich schließlich.

„Erzähl mir von deiner Zeit im Kinderheim", bat ich ihn leise. Vielleicht, wenn ich mehr von ihm wüsste, konnte ich endlich meine Faszination für Waylen verstehen.

„Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich kann mich an keine Zeit vor dem Heim erinnern. Es waren immer die gleichen Abläufe. Frühstück. Unterricht. Mittagessen. Hausaufgaben. Freizeit. Schlafen. Jeden verfickten Tag. Irgendwann tauchte Kiril auf. Er sprach mit Niemanden. Nur mit mir und ich hatte das Gefühl einen Freund zu haben. Dann wurde er adoptiert und ich war wieder allein. Das Heim versuchte mich immer wieder bei Pflegeeltern unterzubringen, aber Niemand konnte mich händeln", erzählte er mir.

Ich versuchte ruhig zu atmen und seine Worte zu verarbeiten. Mitgefühl machte sich in mir breit. Waylen musste sich einsam gefühlt haben.

„Warum haben dich die Pflegeeltern nicht behalten?", fragte ich dann mit unsicherer Stimme.

Was hätte er schon Schlimmes tun können? Er war ein Kind gewesen. Er hatte doch sicherlich kein Kaninchen getötet. Dafür war er nun wirklich nicht der Typ.

„Ich war ihnen zu wütend", klärte er mich auf.

Aus einem inneren Impuls heraus streckte ich die Hand aus und streichelte seinen Brustkorb.

„Und Niemand kam auf die Idee dir zu helfen?", bohrte ich weiter nach.

Waylen zog seinen Arm herunter. Hart blickte er mir in die Augen.

„Du verwechselst biologische Eltern mit Pflegeeltern. Letztere nehmen dich nicht auf, um sich um dich zu kümmern. Sie wollen dich haben, weil sie vom Staat Geld bekommen. Ein schwieriges Kind passt nicht in dieses Konzept", informierte er mich ohne jegliches Gefühl in der Stimme.

Mir brach das Herz. Wie traurig musste er gewesen sein, dass ihn Niemand gewollt hatte? Ich stellte mir einen kleinen dunkelblonden Jungen mit traurigen Augen vor. Jetzt lag ein Mann vor mir, dessen inneres Kind gebrochen war.

Sein Schmerz unterschied sich nicht von meinem. Er musste sich eine glückliche Kindheit gewünscht haben, sowie ich mir eine glückliche Jugend gewünscht hatte. War es vielleicht das, was uns verband? Der Schmerz der Vergangenheit?

„Sieh mich nicht so an."

Ich hob fragend die Braue und betrachtete weiter seinen stoischen Gesichtsausdruck.

„Ich will dein Mitleid nicht. Ich schäme mich nicht für meine Vergangenheit und ich heule ihr auch nicht hinterher wie eine kleine Pussy. Das war mein Leben. Damals konnte ich nichts ändern. Heute habe ich es selbst in der Hand und ich kann mich nicht beschweren. Ich habe ein Dach über dem Kopf und genug Kohle, um in den Ruhestand zu gehen", zischte er durch seine zusammengebissenen Zähne.

„Ich bemitleide nicht dich, Waylen. Ich habe Mitleid mit dem kleinen Jungen, der nicht genügend Liebe erfahren hat", murmelte ich.

„Lass die Vergangenheit ruhen, Harlow."

„Was ist mit deinen biologischen Eltern?", gab ich noch nicht auf mehr aus ihm herauszubekommen.

„Interessieren mich nicht."

Ihr wahnsinniges HerzNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ