Kapitel 9

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Ich war mir nicht mehr sicher, ob er überhaupt von mir berührt werden wollte.

Ich sollte ihn nicht berühren wollen.

>> Harlow <<

Vor dem Wagen blieb ich stehen. Meine Reisetasche hatte Waylen mir abgenommen. Ich sah dabei zu, wie er sie in das Auto bugsierte. Er schaute zu mir herüber, wartete darauf, dass ich einstieg, aber ich schaffte es nicht die Hand zu heben und die Tür zu öffnen.

Ich wollte nicht einsteigen. Ich wollte jedoch auch nicht hierbleiben. Waylens Nähe machte mich rastlos. Ein Teil von mir wollte sich in seine Arme stürzen und ein bisschen von der Sicherheit tanken, die er versprühte. In seinen Armen hatte ich das Gefühl mich vor der Welt verstecken zu können. Ein anderer Teil von mir wollte ihn schütteln. Er hatte mich verfolgt. Er hatte Menschen getötet. Er hatte eine andere Frau geküsst und er hatte mit mir geschlafen, obwohl er gewusst hatte, dass ich die Pille vergessen hatte. Wie könnte ich ihm da vertrauen?

„Ich fahre zu meiner Mutter. Sie braucht mich jetzt", hörte ich mich selbst sagen.

Seine Brauen rutschten hoch. Missmut machte sich auf seinen Zügen breit. Er lehnte sich mit einem Arm aufs Autodach und beugte sich ein Stück vor.

„Darum habe ich mich bereits gekümmert", informierte er mich emotionslos.

„Gekümmert?", echote ich.

Langsam trat ich einen Schritt zurück, machte mich bereit für den nächsten Schlag. Hatte er sie getötet, damit sie ihm nicht im Weg stünde? Wollte er mir das damit sagen?

Als hätte Waylen meine Gedanken gelesen, verdrehte er seine Augen.

„John ist bei ihr. Er hat dafür gesorgt, dass kein Alkohol im Haus ist und sie nicht raus kann. Sie wird wieder."

„Das nennt man Freiheitsberaubung", stellte ich fest.

Waylen schnaubte, ehe er sich fahrig durch seine gegelten Haare strich.

„Sie wird es überleben."

Jetzt war es offiziell. Ich hatte mich vor Waylen und seiner Bande fernhalten wollen, stattdessen steckte ich nur noch viel tiefer drin. Meine Mutter würde Fragen stellen und ich hatte keine vernünftige Antwort parat. Sie drehte wahrscheinlich gerade durch und ich war mir sicher, dass John ihr ehrlich antworten würde. Ich kam aus der Nummer nicht mehr heraus.

„Warum tust du mir das an?", hauchte ich erledigt.

„Ich werde nicht dabei zusehen, wie sie dich fertigmacht, weil sie schwach ist", antwortete er.

„Merkst du denn nicht, dass du mich fertigmachst? Mein verdammtes Leben versinkt im Chaos", hielt ich dagegen.

„Ich mache dich fertig? Ich sorge dafür, dass du in Sicherheit bist. Hättest du auf mich gehört, wärst du die ganze Zeit sicher in unserem Zuhause gewesen", knurrte er.

In unserem Zuhause? Es war seine Wohnung! Nicht mein Heim. Auch wenn es sich für kurze Zeit so angefühlt hatte, als wäre ich endlich angekommen.

„Hättest du nicht mit Cara gevögelt, dann wäre ich nie angegriffen worden. Das ist nichts, was ich verschuldet hätte."

Waylen lief mit langen Schritten um den Wagen herum. Bestimmend drängte er mich gegen das Fahrzeug, bevor er seine Hände links und rechts neben meinem Körper gegen das Auto stemmte. Ich war eingekeilt. Ich könnte versuchen unter seinen Armen hindurch zu rutschten, aber ich war mir nicht sicher  schnell genug zu sein.

Ihr wahnsinniges HerzWhere stories live. Discover now