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Immer noch starrte die kleine Epsilon auf den Alpha, genauer gesagt auf die Markierung auf seiner Schulter. Langsam fuhren ihre Fingerspitzen über die feinen silbrigen Erhebungen und sie wunderte sich darüber, dass sich bereits Narbengewebe gebildet hatte...
Verdammt... wie lange hatte die blöde Hitze sie im Griff gehabt?
Kai schmunzelte und legte seine große Hand über ihre tastenden Finger, hob diese an seine Lippen und hauchte einen Kuss darauf. Dann drehte er Gwen auf seinem Schoß wieder herum und streckte sich nach dem Teller mit der Brotzeit aus. Er nahm die Roggenschnitte und hielt sie der jungen Frau an den Mund.
„Iss weiter, Kleines. Die Hitze und vor allem die Brunft hat dir viel Kraft gestohlen..."
Gwendolyn war zu erschüttert um irgendetwas zu entgegnen und gehorchte... auch wenn das köstliche süß/rauchige Aroma des Kürbismus diesmal an Intensität verloren hatte.
Dennoch aß sie anstandslos alles auf und spülte mit zwei weiteren Gläsern Wasser nach. Zufrieden schnurrte Kai und massierte ihr dabei liebevoll die Schultern. Unwillkürlich kuschelte Gwen sich an seine warme Brust...
Hmmm.... er roch so gut...
Moment... hatte sein Duft nicht die Markierung erst ausgelöst?
Och, menno... lernte sie denn nie aus Fehlern? Anstatt sich möglichst weit von dem Schönling mit den seelenvollen Mandelaugen und den wunderschönen, seidigen, schwarzen Haaren zu entfernen, beschnupperte sie ihn, als wäre er ein Stück Kuchen!
Frustriert begann sie sich in seinen Armen hin und her zu winden.
Auf der anderen Seite des Tisches sah Josh an Duncan geschmiegt breit grinsend zu, wie seine beste Freundin verzweifelt gegen ihre Instinkte ankämpfte, welche - nachdem sie bereits drei Alphas desselben Clans markiert hatte - nun aus allen Rohren feuerten. David ließ sich auf den Stuhl neben seinen Clansbruder plumpsen und sah kopfschüttelnd dem Schauspiel zu. Dann drehte er den Kopf und betrachtete zärtlich den Omega seines Zirkels.
Und er erinnerte sich an den Moment zurück, an dem Duncan ihnen allen eröffnet hatte, dass er das Herz ihres Clans gefunden hatte.

...

Brüder! Kommt sofort mit! Schnell, wir müssen uns beeilen, bevor der dämliche alte Direktor der Schule spitz kriegt, was da kostbares gerade in den Kellern seiner Uni eingesperrt ist!" David schüttelte tadelnd den Kopf und fragte: „Ist dieser dämliche alte Direktor nicht dein Onkel?" Duncan stöhnte gereizt und zischte: „Echt jetzt? Das ist alles, was von meiner Neuigkeit bei dir hängen geblieben ist?"
Rafe erhob sich verwirrt und schob das Messer, welches er an einem Wetzstein geschärft hatte in die Scheide zurück und befestigte diese an seinem Gürtel. „Wovon redest du, Duncan? Wir müssen uns auf die nächste Jagd vorbereiten. Der Abtrünnige hat es echt in sich... ein Trickster, der mit allen Wassern gewaschen ist. Da hätte vermutlich sogar dieser Supertracker von königlichen Clan Schwierigkeiten mit dem Aufspüren... nicht, das Deke weniger gut wäre..." Der Tracker des Zirkels hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah Rafe anklagend mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Na, wärmsten Dank, Bruderherz!" murmelte Deke und wandte sich an den Clanführer.
„Was gibts denn, Duncan? Auch wenn mein Bruder nervt, hat er zumindest in diesem Fall nicht gerade unrecht. Die Spur, der wir folgen ist bereits jetzt schon ziemlich kalt... wenn wir noch länger warten, kann ich für nichts mehr garantieren..."
Duncan trat mit einem großen Schritt auf seine Clansbrüder zu und raunte: „In den Kellerverliesen ist ein Junge eingesperrt. Einer, der nach Waldbeeren und Honig riecht..."
David sprang mit einem Satz auf die Füße und keuchte: „Ein Omega? In Hitze? Warum sind wir noch nicht auf dem Weg? XANDER? SCHWING SOFORT DEINEN ARSCH HIERHER!!! An dem verschissenen Segler kannst du auch später noch rumfummeln!" Kurze Zeit später trat ein blonder Hüne in das Wohnzimmer und wischte sich die Hände an einem feuchten Tuch ab. Seine türkisen Augen blitzen genervt auf und er fauchte: „Brüll hier nicht rum! Wenn der Segler auf halber Strecke verreckt, mecker dann ja nicht mich..."
„...Duncan hat einen Omega gefunden!" unterbrach Deke die Schimpftirade ihres Mechanikers. Xander blinzelte, dann schnaubte er: „Und warum stehen wir hier noch rum?" Duncan verdrehte genervt die Augen und fuhr sich stöhnend durch die Haare. Dann warf er frustriert die Hände in die Höhe, maulte etwas das wie ‚dämliche sture Esel' klang, drehte sich um und marschierte in Richtung Schule davon. Sein Zirkel beeilte sich ihm zu folgen und schon bald darauf standen sie in den kalten und nassen Katakomben und folgten dem Hauch von Süße in der Luft immer tiefer in die Eingeweide der Schule hinein. Sie blieben vor einer stählernen Tür stehen hinter welcher Stöhnen, Wimmern und Schmerzensschreie zu vernehmen waren. Rafe knurrte wütend, der köstliche Beeren-Honigduft feuerte ihre eigene Brunft an und die Erregung der fünf Alphas wurde sekündlich stärker und verzweifelter.
Xander packte mit zu und gemeinsam rissen sie die massive Tür einfach aus den Angeln. Duncan brach es schier das Herz. Der Kleine lag zusammengerollt in einer Ecke, war trotz der Kälte Schweißgebadet und krallte bei jedem Krampf seine Nägel in den Unterleib. Tränen glänzten silbrig im Licht der Flurlampen und dieses Licht enthüllte zudem einen Ring aus Hämatomen um den schlanken Hals. Deke knurrte lauter, in sein Verlangen mischte sich nun Wut. Wut darüber, dass jemand einen Omega verletzt hatte... ihn eingesperrt hatte... IHN AUF KALTEN UND NASSEN BETON IN SEINER HITZE - ALLEIN - LIEGEN GELASSEN HATTE!
Ein Omega sollte in einem Nest sein, wo er oder sie sich sicher und geborgen fühlte und nicht wie Abfall in die Dunkelheit geworfen werden!
Ohne ein weiters Wort trat Duncan zu dem Kleinen, hob ihn hoch und legte ihn in Rafes Arme. Der dunkelhäutige Vollstrecker presste den Jungen direkt fest an sich, lockerte jedoch kurz seinen Griff, als sein Clansbruder zugriff, den Kopf des Kleinen zur Seite drehte und ohne weiteres Zögern die Paarungsmarkierung setzte.
Damit band Duncan den Omega nun unwiderruflich an seinen Clan. Zärtlich strich er ihm die verschwitzten Haare aus der Stirn und die fünf Alphas begannen zu schnurren. Der Kleine bewegte sich unruhig, dann öffnete er wunderschöne Gold-braune Augen, sah auf die Männer und begann zu weinen....

...

Oh, ja... David erinnerte sich nur zu gut. Duncan hatte damals keine andere Wahl gehabt, als den Markierungsbiß zu setzten. Die Alphas der Universität - Schüler, wie auch Lehrer - hatten den köstlichen Duft ihres Herzens aufgespürt und waren bereits auf dem Weg in den Keller... in ihrer Gier hätten sie Josh zwischen sich einfach zerrissen und das hatte die Beanspruchung Duncans verhindert.
Sie hatten den Omega nach Hause gebracht und ihn gebadet, um den Gestank der Katakomben und auch die schlechten Erinnerungen abzuwaschen. Irgendwann hatte Josh sich dann beruhigen lassen und nun ja... nachdem die Hitze vier Tage später nachgelassen hatte, waren sie alle durch die Unmenge an Sex völlig erledigt gewesen und alle fünf Alphas trugen eine Markierung am Körper, die Josh ihnen im Augenblick höchster Lust verpasst hatte.

Die Tür schwang auf und der Rest der beiden Clans betrat den Raum. Tjorben trug ein totes Reh über der Schulter und unterhielt sich lachend mit Xander über das Für und Wieder von Schlingfallen. Sein Hemd war blutgetränkt und als Gwendolyn das sah, schrie sie panisch auf und auf einmal kämpfte sie wie eine Wahnsinnige, um dem festen Griff des Alphas, auf dessen Schoß sie saß zu entkommen. Ihre blauen Augen waren in Panik auf Tjorben gerichtet und als er das sah rief Max: „Lass sie los, Kai!!!"
Der Tracker gehorchte und die junge Frau stürzte auf den blonden Riesen zu. Der begriff und warf das tote Vieh in Jays Arme, dann kniete er sich hin, damit Gwen ihn erreichen konnte.
Eine Sekunde später war die kleine Epsilon bei ihm und riss an dem Shirt, bis es in Fetzen auf dem Boden lag. Dann fuhren ihre Hände über die blutige Haut des Mannes in verzweifelter Suche nach seiner Verletzung.
Tjorben hob langsam seine Hände, legte sie um ihre Wangen und zwang Gwen sanft, aber bestimmt sich auf ihn zu konzentrieren.
„Mir geht es gut, Kätzchen.. das ist nicht mein Blut! Siehst du? Alles ist in Ordnung..."
Ihre großen, blauen Augen suchten in den Seinen die Bestätigung der Worte und langsam kam ihr Atem wieder zur Ruhe. Der blonde Mann lächelte, dann küsste er sachte ihre Stirn, ihre Augenlider und schließlich ihre weichen vollen Lippen. Zärtlich zunächst, dann mit zunehmender Leidenschaft beanspruchte Tjorben ihren Mund in einem alles verzehrenden Kuss und als er sie freigab, lag in Gwendolyns Augen ein versteckter Funke tiefen Verlangens...

In einem Feld voller Schmetterlinge Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt