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(Triggerwarnung)

„Das ist unmöglich! Epsilons sind ausgestorben! Du musst dich irren, Kai!" flüsterte Henry aschfahl im Gesicht, doch sein Tracker zog nur eine Augenbraue hoch.
„Ich irre mich nie. Die letzte Epsilon wurde in meiner Blutlinie geboren. Ich kenne die Anzeichen, weil mein Großvater sie mir und meinem Bruder eingeprügelt hat! Gwendolyn ist die eine für diesen Clan... Wenn du es mir nicht glaubst, lass uns das Mädchen jetzt aufsuchen."
„Fuck!" stöhnte Jared, wirbelte herum und stürmte zum Segler hinaus.
„Was ist los?" fragte Kai verwirrt und folgte seinen Clansbrüdern zum Fahrzeug.
Mit gepresster Stimme informierte Maximilian ihn über das Geschehen, welches vor zwei Stunden vorgefallen war.
Stocksauer knirschte Kai mit den Zähnen und fauchte Tjorben an: „Fahr schneller, du Idiot!"
Und obwohl der blonde Vollstrecker aus dem Gefährt rausholte was es hergab, dauerte es gute zwanzig Minuten, bis sie das Haus von Gwens Verwandtschaft erreichten.
Kaum stand das Gefährt, sprangen die Alphas hinauf und stürzten durch die Tür.
Mit einem lauten Aufstöhnen sanken die sechs Männer auf die Knie, gezwungen durch die bloße Wucht der Paarungspheromone, die mit ihrem Beerenaroma die Luft durchzogen.
Fassungslos starrte Kai auf die Blutspuren, die zur Gartentür führten.
„Verdammte Scheiße nochmal... Warum zum Donner könnt ihr nicht einmal eure Aggressionen im Griff halten? Ein kleines Mädel verprügeln, weil sie aufgrund von Schlafmangel, den ihr so ganz nebenbei versucht habt, laut geworden ist?! Echt jetzt? Wenn unsere Kleine stirbt, seid ihr Schuld an ihrem Tod!"
Noch während er das sagte, nahm Kai die Witterung auf und folgte mit traumwandlerischen Sicherheit Gwens Spuren in den Wald hinein.
Sein Clan fächerte hinter ihm aus und so jagten sie ihrer kostbare Beute hinterher.

Gwen stöhnte, als sie gegen den nächsten Baum taumelte. Zum wiederholten Male gaben ihre Beine nach und sie sackte zu Boden.
„Uuuh...." wimmerte sie qualvoll, als ein weiterer Krampf ihren Unterleib zusammen zog.
Gott... wie konnte das nur sein?
Wie konnte sie trotz ihres gebrochenen Körpers so unendlich viel Lust und brennendes Verlangen spüren? Was hatte sie nur getan um dieses Schicksal zu verdienen?
Verzweifelt vergrub Gwen den pochenden Kopf in ihren Händen und begann herzzerreißend zu schluchzen.
Sie wollte doch nur, dass alles aufhörte.
„Schhhh.... Ruhig, Kleines. Wir sind doch da..."
Die tiefe melodische Stimme tropfte wie Honig zwischen den einzelnen Schluchzern hindurch und eine warme Hand streichelte zärtlich über ihren Nacken.
Dann hob der Alpha sie behutsam auf seine Arme und setzte sich mit einem weichen, wiegenden Schritt langsam in Bewegung.
„Auuuu..." winselte Gwen, denn obwohl sich der Mann sehr fließend bewegte, fühlte sich jeder Schritt wie der Schlag mit einem Vorschlaghammer an.
Der Alpha blieb stehen und warme Lippen strichen über ihre Wange.
„Ich weiß, du hast Schmerzen, Liebes. Aber wir müssen dich in ein Hospital bringen! Du hast vermutlich innere Blutungen... wir wollen dich nicht verlieren..."
„Biitte... Ich kann nicht mehr, es tut so weh," schluchzte Gwen und zur Antwort schnurrte der Alpha leise und beruhigend.

„KAI?!"
Ohne sein Schnurren zu unterbrechen antwortete Kai ruhig: „Hier drüben! Ich hab sie gefunden!"
Das Geräusch mächtiger Körper, die durch das Unterholz brachen hallte zu ihnen, dann erreichte der Rest des Clan die kleine Lichtung, welche Kai gerade durchquerte.
Henry kam rasch auf sie zu und streckte die Hand nach dem schwerverletzten Bündel in den Armen des Trackers aus.
Mit einem ersticktem Aufschrei krallte Gwen sich schluchzend an den einzigen Mann, der sie noch nicht verletzt hatte.
„Neeeiiin..., ich will nicht... bitte, ich muss... ich kann nicht...bitte.... Nicht... bitte... NICHT SIE, NEIN!!! BITTE NICHT..."
Kai kniete sich auf den Boden und versuchte so behutsam wie möglich die völlig panische kleine Epsilon zu bändigen. Trotz Höllenqualen schlug Gwen in Todesangst um sich, kreischte und bettelte verzweifelt um ihr Leben, bis sie mit einem Male schlagartig keine Energie mehr hatte. Ihre Atmung rasselte unregelmäßig und setzte immer wieder aus. Kai hatte sie mittlerweile auf dem Boden abgelegt und hielt sanft ihren Kopf zwischen seinen Händen, damit sie sich zumindest dort nicht weiter verletzte.
Die ganze Zeit schnurrte er und redete leise und beruhigend auf die junge panische Frau ein.
Gwens Blick begann zu flackern, sie spürte die Ohnmacht nahmen und hieß sie willkommen. Endlich Erlösung... endlich keine Schmerzen mehr... keine Angst.., nur gnädige dunkle Stille...

„Liebling? Gwendolyn? FUCK! Max, bring den Segler so nah ran wie möglich... sie will sich davon stehlen!"
Mit diesen Worten hob Kai die sterbende junge Frau wieder hoch und folgte dem davon rennenden Maximilian so schnell, aber auch so vorsichtig wie irgend möglich. Gwens Kopf ruhte in seiner Halsbeuge, ein dünnes Rinnsal Blut sickerte zwischen ihre leicht geöffneten Lippen hervor. Henry knirschte mit den Zähnen und verfluchte sich abermals für sein brutales und aggressives Auftreten. So wie es aussah, würden sie den größten Schatz verlieren, der seit einem Jahrhundert geboren worden war und dass alles nur, weil er... Fuck!
„SCHNELLER, KAI," schrie Jared und endlich kam das Haus in Sicht ... und der Segler. Max hatte anscheinend eine kleine Zufahrt hinterm Haus entdeckt, durch die das Gefährt so gerade eben sich hatte durchschlängeln können. Henry sprang auf die hintere Sitzreihe und wirbelte zu Kai herum.
„Mach schon, gib sie mir!" bellte er und da der Tracker nicht streiten konnte, ohne kostbare Zeit zu verlieren, hob er die bewusstlose Epsilon in die Arme des Prinzen.
Dann rutschte er neben ihn und brüllte: „LOS, MAX!! FAHR!!!"
Der Rest des Clans hatte gerade so seinen Platz gefunden, als Maximilian das Segel entfaltete und zusätzlich den Antrieb der Batterie anschaltete.
Der Segler schoss durch den Weg und bretterte dann mit halsbrecherischer Geschwindigkeit wieder in die Stadt zurück.
Obwohl sich Gwen in tiefer, tötlicher Bewusstlosigkeit befand, durchzuckten Krämpfe ihren kleinen Körper und der Duft ihrer Pheromone wurde immer stärker.
„Oh Mann, gib mir Kraft!" stöhnte Henry und presste die Lippen fest zusammen.
„Wir sind gleich da! Halte durch und vor allem deine Zähne weg von ihrem Nacken fern!" fauchte Kai.
„Das zumindest bist du ihr schuldig! Wir werden sie nicht auf der Schwelle des Todes als die unsere markieren! Sondern wenn sie das überlebt in ihrer nächsten Hitze, während sie den besten Orgasmus ihres Lebens hat! Jetzt müssen wir alles richtig machen, nachdem ihr den Anfang so kolossal in den Sand gesetzt habt!"
„WIR SIND DA!" schrie Jay, sprang aus dem noch rollenden Segler und rannte ins Hospital hinein. Nur Sekunden später kam er mit zwei Krankenpflegern und einer Trage wieder zurück, Kai nahm Henry die Epsilon aus dem Arm und legte sie vorsichtig darauf ab.
Die herbeieilende Ärztin sah kurz auf Gwen, dann wies sie die Pfleger an: „Röntgen und CT! Und beschafft mir Hitzehemmer! Wenn der Zyklus sich voll entfaltet, wird die Anstrengung zu groß für ihr Herz sein und das Mädchen stirbt uns unter den Hände weg! Los, los, los!!!!"

In einem Feld voller Schmetterlinge Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt