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(Triggerwarnung)

Den Rest der Nacht konnte Gwen getrost in die Tonne kloppen! Sie bekam nicht ein Auge zu bei den Bumsgeräuschen und war dementsprechend gerädert und gelinde gesagt stinksauer und mies gelaunt. Müde wühlte sie sich unterm Bett hervor und versuchte unter der warmen Dusche die widerlichen Gefühle im Abfluss verschwinden zu lassen, welche die Anwesenheit der Alphas in ihr auslösten. Just, als sie sich trockengelegt hatte und halb in ihrem Kleiderschrank steckte, um an einen bestimmten Pullover ranzukommen, klopfte es leise an der Tür. „Gwen? Liebes? Darf ich reinkommen?" „Ja, Tante Clarissa..." rief die junge Frau in den Schrank hinein und schnaufte genervt, als ihr das gesuchte Kleidungsstück zusammen mit einer Lawine an T-Shirts entgegen purzelte.
Clarissa schmunzelte, als sie das Chaos betrachtete und bückte sich wortlos, um ihrer Nichte beim Aufräumen zu helfen.
„Gehts dir gut, Schatz?" Besorgt betrachtete die Tante das leere Bett und Gwens nervöses Auftreten. „Ich... da waren Alphas in meinem Zimmer heute Nacht! Ich hatte solche Angst... ich konnte nicht anders!!!" Kläglich zerrte Gwendolyn ihre Decken unterm Bett hervor und warf sie auf die Matratze zurück. Clarissa nahm sie in die Arme und streichelte ihr beruhigend über den Kopf. „Ach, meine Süße... weißt du was? Ich ruf in der Schule an, dass du erst morgen wieder hingehst, weil dir heute noch schwindlig ist. Ok? Mehr Schonzeit kann ich dir aber nicht geben... es tut mir so leid!!"
Gwen schniefte und nickte. Dann strich sie sich die Tränen von den Wangen und zog den Kuschelpullover über.
„Danke.. das weiß ich wirklich zu schätzen... ich wüsste nicht, wie ich ohne Josh... jedenfalls danke, Tante Clarissa. Es tut mir unendlich leid, dass du meinetwegen so viel Stress hast."
„Unsinn, Schatz! Sag das nie wieder!! Nutze den Tag um dich auszuruhen und Energie zu tanken.. morgen gehts zurück in die Höhle der Alphas... So, ich muss jetzt los! Frühstück steht in der Küche für dich."
Clarissa küsste ihre Nichte auf die Stirn und eilte zur Tür hinaus. Stille trat ein und Gwen spielte unruhig mit dem Saum ihres Pullis. Dann schlich sie auf Zehenspitzen aus ihrem Zimmer in die Küche. Immer wieder blieb die Epsilon stehen und lauschte ob sich vielleicht doch noch jemand im Haus befand, doch es war alles wie ausgestorben. Schließlich gab sie sich einen Ruck, genauer gesagt gab ihr knurrender Magen ihr den Ruck und sie stopfte das Roggenbrot mit Sonnenblumenbutter und Apfelmus in sich hinein. Dazu kippte sie vier Gläser Wasser runter und seufzte zufrieden auf. Das war echt nötig gewesen!
Gwen setzte sich auf die Arbeitsfläche und sah mit baumelnden Beinen durch das geöffnete Fenster in den Garten hinaus. Die Sonne erwärmte die Luft bereits und das Summen der Bienen drang bis zu ihr ins Haus. Gwen lächelte verträumt ob des Friedens der sich in ihr ausbreitete und schloss die Augen um den Moment für sich zu bewahren...

.... Und es sollte ihr auch nur noch dieser Moment vergönnt sein, bevor alles zum Teufel ging.

„Wirklich ein schönes Bild, welches du da bietest, kleiner Kobold... aber solltest du nicht eigentlich in der Schule sein? Du weißt schon, dieses Gebäude, in dem dir wichtiges Wissen für dein Leben vermittelt wird..." Gwen zuckte zusammen und riss die Augen auf. Das bis dato leere Haus war nicht mehr ganz so leer... anders gesagt war es ziemlich überfüllt mit fünf riesigen Alphas, dem Zwillingspaar und... Onkel Hendrik??! Was zum Henker machte der denn hier?
Bevor sie sich weiter wundern konnte, trat einer der Alphas vor sie und musterte die junge Frau intensiv mit dunkelbraunen Augen.
Dann schnupperte er an ihrem Hals, grinste und sagte über die Schulter: „Du hattest recht, Jay... der kleine Kobold riecht für eine Delta tatsächlich ziemlich gut."
Der Angesprochene grinste breit und sagte: „Nicht wahr, Henry? Ich wette sie schmeckt auch gut!" Gwendolyn musste sich schwer zusammenreißen, um dem eingebildeten Arschloch nicht ihre Meinung um die Ohren zu hauen, doch ein kurzer Blick zu Tjorben ließ sie ihre Wut runterschlucken.
Der große Mann mit den, im Nacken zusammengebundenen Haare vor ihr schloss seine Hand um ihr Kinn und sah ihr erneut tief in die Augen.
„Hm... wie sieht es aus, keiner Kobold? Bist du brav und machst für meinen Bruder und uns deine Schenkel breit?" Als er die Furcht und Abneigung in ihr aufsteigen sah, kicherte er leise und stieß sie von sich.
„Ich glaub mit der hast du keine Freude, Brüderchen. Da könntest du deinen Schwanz auch gleich in einen Sandkasten strecken, so trocken wie die Kleine ist."
Lachend verzog sich der Clan ins Wohnzimmer, wo sich Max und Tjorben direkt die Zwillinge griffen und die giggelnden jungen Frauen auf ihren Schoß zogen.
„Bring was zu trinken," brüllte Hendrik Gwen zu und setzte sich mit einem breiten falschen Lächeln zur Meute.
„Na klar doch, für die königlichen Nervensägen mach ich doch alles!" flüsterte die Epsilon und holte Gläser und einen großen Krug kalte Limonade aus dem Kühlschrank. Rasch stellte sie alles auf ein Tablett und trug die Erfrischungen ins Wohnzimmer, wo sie sie auf dem Tisch abstellte. Jay sagte leise: „Einschenken!" und Gwen gehorchte zähneknirschend.
„Sonst noch etwas?" flötete sie honigsüß und der Alpha verengte drohend die Augen.
„Ein paar Kekse wären nett..." antwortete er und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Natürlich..." zwitscherte Gwendolyn und eilte aus dem Dunstkreis der dominanten Riesen.

Mit gepresstem Atem arrangierte sie Clarissas bestes Gebäck und ging zurück.
Sie schraubte ihr Lächeln auf und stellte den Teller von dem Mann ab. „Bitte sehr. Darf es noch was sein?"
Mittlerweile war es totenstill geworden und dann platzte Sabina raus: „Sag mal, wie redest du eigentlich mit unseren Gästen? Bist du mit dem falschen Fuß aufgestanden?"
Ok, jetzt reichte es!
Gwen drehte sich wütend zu ihrer Cousine um und fauchte: „Mit dem falschen Fuß aufgestanden? MIT DEM FALSCHEN FUẞ AUFGESTANDEN? Wegen eurer Rumfickerei konnte ich die ganze Nacht nicht schlafen und du fragst mich allen Ernstes, ob ich mit dem falschen Fuß aufgestanden bin? Echt jetzt?"
Tjorben schlug mit der Faust auf die Sessellehne.
„WAS HAB ICH DIR GESAGT? ZWEIMAL?" brüllte er und bei Gwen brannten die Sicherungen durch. Das ging sowieso nicht gut aus für sie, also... scheiß drauf!
„HAB ICH IRGENDWAS ZU EUCH GESAGT? NEIN! ICH HAB MIT MEINER DÄMLICHEN COUSINE ÜBER IHRE NÄCHTLICHE AKTIVITÄT GESPROCHEN, ALSO MISCH DICH NICHT EIN! DAS IST EINE FAMILIENANGELEGENHEIT!!!"

Es war der Prinz, der mit eisiger Stimme sagte: „Da es eine Familieangelegenheit ist... erteilt ihr doch mal eine gründliche Lektion in Sachen Respekt!"
Und Hendrik und seine Töchter erhoben sich sofort.
„Hier! Vor unseren Augen!" ergänzte Tjorben und lehnte sich zurück, während Sabina ausholte und Gwen mit aller Kraft in den Magen boxte. Keuchend brach sie auf dem Boden zusammen und stöhnte schmerzvoll auf.
Dann waren auch Bianca und Hendrik über ihr und schlugen und traten auf Gwen ein.
Völlig gefangen in dem Alphabefehl und ihrer eigenen Frustration Gwen gegenüber kannten sie kein rechtes Maß mehr.
Irgendwann hockte ihr Onkel auf ihrer Brust und schlug den Kopf der Epsilon zwei/dreimal auf den Boden und schrie die ganze Zeit über, wie sehr er sie hasste und wie erleichtert die Familie sei würde, wenn sie endlich elendig verrecken würde.
„Das reicht!" sagte Henry und erhob sich.
Mitleidlos sah er auf das Häuflein Elend, das blutend zu seinen Füßen lag und verließ das Wohnzimmer. „Lasst uns doch alle in die Stadt gehen und was dort essen. Danach können wir ja für etwas mehr Spaß zurückkommen..."
Lachend schloss sich sein Clan an und auch Gwens immer noch keuchende Verwandtschaft folgte ihnen nach draußen.

Die junge Frau wimmerte... während sie zusammengeschlagen worden war, hatte sie nicht einen Laut von sich gegeben, doch jetzt waren die Schmerzen einfach zu groß um weiterhin still sein zu können.
Sie spürte, dass sie ernsthaft verletzt worden war. Ihr Bauch brannte, ein einziges riesiges Hämatom zog sich über die komplette Bauchdecke und ihr Abdomen wurde langsam hart.
Ihr war nicht nur schwindelig, sie konnte nicht mehr richtig sehen und dann schlug die Übelkeit zu. Und da war noch etwas... ein krampfhaftes Ziehen in ihrem Unterleib, eine Fülle und Schwere in den Brüsten .... obwohl ihr Körper nahe dem Kollaps war, ging er anscheinend in die Hitze.
Zuviel Alphas in zu großer Nähe, dazu die körperliche Schwäche hatten ausgereicht um das Übel vorzeitig auszulösen und langsam schwängerten die Beerendüfte ihrer Paarungspheromone die Luft.
Verzweifelt zog Gwen sich an dem Sofa in die Höhe.
Sie musste weg!!
Der Clan würde in maximal drei Stunden wieder hier aufschlagen und dann könnte sie sich gleich die Pulsadern aufschlitzen, denn unter Garantie würde sie sich niemals diesen widerlichen Bestien hingeben!!
Schiere Willenskraft trieb ihren Körper vorwärts in den Wald, Gwen spürte schon keine Schmerzen mehr und weit hinten in ihren Verstand wusste sie ganz genau, dass das nichts Gutes bedeutete.
Und dennoch schleppte sie sich weiter.
Die ganze Zeit über flatterte der große rot-goldene Schmetterling vor ihr her, ganz so als wolle er ihr den Weg zeigen...
... und Gwendolyn folgte ihm, blind für den stillen und friedlichen Wald um sich herum... und taub für die Rufe ihrer Verfolger.

In einem Feld voller Schmetterlinge Where stories live. Discover now