Kapitel 93

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Im Theater war es brechend voll. Louise schien verdammt viele Menschen zu kennen.
Ich quatschte mit Evy und Lothar. Henry kam gerade von der Bar und reichte mir ein Glas. Er legte einen Arm um meine Hüfte, während wir mit seinen Eltern anstießen. Es fühlte sich gut an, ihn so nah bei mir zu haben, doch bei den Gedanken an vorhin wurde mir unter seiner Berührung ganz warm.

Ich dachte an das erste mal zwischen uns als Paar. Als richtiges Paar. Wie meine Haut sich angefühlt hatte, als würde sie auf eine wundervolle Art und Weise unter seinen Fingern zu brennen beginnen. Wie sein Duft in meine Nase stieg. Henrys Duft - warm und erdig, aber auch frisch zitronig, mit einer Pfeffernote und dem Geruch nach Bergamotten. Und er roch immer auch ein wenig nach Rauch, nach Tabak. Aber auf eine angenehme Art und Weise.
Henry roch für mich nach Abenteuer im Sommer und Geborgenheit wenn der Herbst zum Winter wird.

Ich lehnte mich noch etwas mehr an ihn und legte meinen Kopf auf seine Schulter. Ganz automatisch wurde sein lockerer Griff um meine Hüfte etwas fester. Er sprach mit Evy und Lothar und ich hörte hauptsächlich nur zu. Sie sprachen über alles mögliche und ich verlor mich in Gedanken.
"Hallo Lothar. Schön dich zu sehen", sagte mal wieder irgendjemand, weil natürlich jeder hier Lothar kannte. Die Stimme ließ mich allerdings den Kopf von Henrys Schulter nehmen und mich zu ihr umdrehen.
"Skara?". Jakob stand da und lächelte mich überrascht an. Er trug einen dunkelbraunen, lässig sitzenden Anzug und hatte ein leeres Glas Sekt in der Hand. Ich hatte ihn länger nicht gesehen, weil er die letzten Wochen an einem Theater in Dresden gespielt hatte. Nun war er zurück und weckte alte Erinnerungen.
"Jakob, hey", ich begrüßte ihn mit einer Umarmung. Da ich keine Lust auf seltsamen Smalltalk mit einer ehemaligen Bettgeschichte neben Henry und seinen Eltern hatte, stellte ich ihm Henry vor und begleitete ihn dann an die Bar.

Ich fragte ihn nach Dresden, er fragte mich nach Henry. Es war etwas steif, aber nett und während wir so sprachen, begriff ich, dass ich wohl die Skara, die Jakob kennengelernt hatte, nie wieder sein würde. Als ich mich von ihm verabschiedete, um aufs Klo zu gehen, fühlte es sich irgendwie endgültig an, obwohl wir uns noch oft über den Weg laufen würden.

"Ich hab ihn mir irgendwie cooler vorgestellt", sagte Henry neben mir, als ich die Tür zur Toilette öffnete und heraus trat.
Ich rieb meine feuchten Hände über die Seiten meines Kleides und sah ihn überrascht an.
"Entschuldigung?".
Er lachte.
"Naja, nicht so nett. Eher wie Jelto".
Ich stockte. Jelto.
Was er wohl machte? Mir fiel auf, dass ich eine Ewigkeit nicht an ihn gedacht hatte.
Wie mein Leben wohl jetzt aussehen würde, wenn aus uns etwas geworden wäre? Das weiß niemand.
Fest stand, dass er mich vermutlich schwanger hätte sitzen lassen. Er hätte wohl gesagt, dass er nicht bereit wäre sich einzuschränken. Ich auch nicht, Henry auch nicht. Aber wir taten es trotzdem. Jelto hätte es nicht getan.

"Alles okay?", Henry sah mich verunsichert an. "Tut mir Leid. Ich wollte nicht gemein sein -", ich winkte ab und schüttelte ein Kopf. Diese Gedanken sollten weggehen. Irgendwie wogen sie zentnerschwer.
"Woher wusstest du überhaupt, dass ich hier bin", fragte ich und zeigte auf die Toilettentür hinter uns.
Henry grinste und legte mir einen Arm um die Schultern und drückte mir einen Kuss auf den Kopf. Eine Geste, die ich liebte, weil er sie machte, seit wir uns kannten.
"Du glaubst doch nicht, dass ich dich aus den Augen lasse". Er sagte es scherzhaft, aber auch ernst.
Ich drehte meinen Kopf zu ihm. "Eifersüchtig, mein Schatz?".
Er atmet amüsiert durch die Nase aus und wirft mir einen gespielt überheblichen Blick zu.
"Bitte! Ich? Du bekommst mein Kind, ich fühl mich so sicher wie nie zuvor".
Ich lachte und blieb stehen, um mich in seinen Armen zu ihm zu drehen und ihn zu küssen. Ich hatte kaum seine Lippen berührt, als mich eine Stimme inne halten ließ, bevor ich mich erschrocken umdrehte.
"Bitte was?", fragte Evy und ich hörte Henry scharf die Luft einziehen.

TrifoliumWhere stories live. Discover now