2 - Verzweiflung

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Mika Pov

Es hatte eine ganze Weile gedauert, bis das Erdbeben vorbei war. Doch sobald es schwächer wurde, hatten Yuus Freunde bereits angefangen, ihn zu suchen. Mika, Shinoa, Mitsuba, Kimizuki und Yoichi hatten sich aufgeteilt, um die Chance, Yuu zu finden, zu erhöhen. Sie alle suchten in der Nähe des Flusses, in dem Yuu verschwunden war. Mika und Shinoa gingen flussabwärts, während die anderen in der Nähe suchten, falls ihr bester Freund es geschafft hatte, aus dem Fluss herauszukommen.

Sie suchten bereits seit Stunden, allerdings hatten sie noch nichts gefunden. Mika machte sich so große Sorgen und auch vorwürfe. Wie hatte das passieren können? Warum hat er nicht auf seine Familie aufgepasst? Er hatte dich schon jeden verloren, der ihm wichtig war, wieso also hatte er Yuu nicht festgehalten, als dieser zusammenbrach? Er war so in Gedanken vertieft, dass er gar nicht merkte, dass er angefangen hatte zu weinen. Der Fluss war voll mit allerlei Sachen, was ist, wenn Yuu sich noch schlimmer verletzt hatte? Was ist, wenn eine der Glasscherben die im Fluss schwammen, Yuu verletzt hatten? Was ist, wenn es bereits zu spät war wenn sie ihn fanden? Daran wollte Mika gar nicht denken.

Allerdings gingen ihm die Gedanken nicht aus dem Kopf. Energisch wischt Mika seine Tränen weg, er musste sich jetzt auf die Suche konzentrieren. Er sah sich suchend nach Shinoa um, allerdings war sie nicht in der Nähe. Doch er sah etwas anderes. Auf einem Kiesstrand, welcher direkt vor ihm lag, lag eine Person. Und diese schwarzen Haare, diesen einmaligen Geruch nach Kiefern, Sonne und eine Spur süß duftendem Schweiß, diese Atemzüge... Mika hätte ihn überall wiedererkannt.

„Yuu!" rief Mika glücklich. Er rannte auf seinen Freund zu, doch nach wenigen Schritten blieb er stehen. Der Geruch von Yuus Blut lag in der Luft. Und davon nicht wenig. Außerdem hatte Mika beim Näherkommen etwas in der Sonne glitzern sehen. Seine schlimmste Befürchtung war wahr geworden.

Eine der Glasscherben, die im Fluss schwammen, hatte sich in Yuus Brust gebohrt. Der Schwarzhaarige lag in einer Blutpfütze und atmete nur noch sehr schwach und unregelmäßig. Er lag im Sterben.

Entsetzt rannte Mika zu Yuu, wieder stiegen ihm Tränen in die Augen. Bei dem Geruch des vielen Blutes wurde dem Vampir schlecht vor Hunger, doch er unterdrückte es. Zitternd legte er eine Hand auf die Schulter des Sterbenden, er wusste nicht, was er jetzt tun sollte. „Nein, Yuu..." flüsterte Mika. Dieser sah ihn schwach an und fing an zu lächeln. „Mika..." flüsterte er. „Ich bin... froh... dass du mich gefunden hast... dich ein letztes Mal sehen zu dürfen... bevor ich sterbe... Ist wunderbar..." „Yuu! Sag so etwas nicht! Wir werden dich heilen! Du kannst doch nicht einfach sterben, nicht jetzt!" „Mika", Yuus Stimme war bereits schwächer geworden, aber sie klang noch erstaunlich sicher. Yuus Blick war noch klar und sehr ernst, dann aber lächelte er schwach und hob langsam und zittrig eine Hand. Mika griff schnell danach, ehe er sie wieder sinken lassen konnte.

„Yuu, ich ...!" Mika Stimme versagte. Er konnte das nicht mit ansehen. Er hatte es nie mit ansehen wollen. Yuu starb. Ubd es war seine Schuld. Seine Gedanken standen ihm wohl ins Gesicht geschrieben, denn Yuu sagte: „Mika, nicht" Er flüsterte nun mehr, als dass er wirklich sprach, „ich weiß, was du denkst! Das alles hier war nicht deine Schuld. Ohne dich wäre ich vorhin sicher den Felsbrocken dieses Hauses zum Opfer gefallen..." Er schloss kurz die Augen und zog zischend die Luft ein, als ob ihn eine Schmerzwelle durchfuhr.

"Yuu!" Doch Yuu schüttelte nur langsam den Kopf. „Es... ist ... okay. Ich ... Ich bin froh, dass wir uns wieder getroffen haben ... und es dir gut geht... Und... So werde ich dich nie wieder sterben sehen müssen." Mika spürte, wie Yuu schwach seine Hand drückte und griff automatisch etwas fester zu. „Gib bitte auf dich acht ... richte den anderen aus... dass... ich froh bin... dass ich euch... Meine Familie nennen durfte."
Der Idiot brachte es auch noch fertig zu lächeln, ehe er wieder das Gesicht verzog und leblos wurde. Die Hand in Mikas Griff erschlaffte. „Yuu!", schrie Mika entsetzt auf und warf verzweifelt den Kopf in den Nacken. Tränen liefen seine Wangen herab und er fühlte sich so hilflos wie seit Jahren nicht mehr.

In seiner Verzweiflung schien sogar der starke Blutgeruch nachzulassen.

Er hatte keinen wirklichen, großen Plan für seine Zukunft oder überhaupt die nächste Zeit gehabt, aber das einzige, was ihn die letzten Monate angetrieben und motiviert hatte, wurde ihm nun genommen. Um gebauer zu sein: Der einzige Grund, wieso er nach seiner Verwandlung zum Vampir nicht sofort Su!£!d begannen war. Er legte den Kopf weiter in den Nacken, kniff die Augen zusammen und schrie. Er schrie nach Shinoa, nach Yoichi, nach einfach jedem der Einheit Shinoa. Er schrie nach Yuu, nach Krul, nach irgendjemandem. Sie mussten ihm helfen. Mit von Tränen verschleierter Sicht stand Mika wankend auf und zog vorsichtig die Glasscherbe, welche länger war als der Unterarm des Vampirs aus der Brust seines besten Freundes.

Dieser zuckte dabei fast unmerklich zusammen, doch Mika hatte es trotzdem gesehen. Er wischte sich schnell die Tränen aus dem Gesicht und legte seinen Kopf auf Yuus Brust. Sein Herz! Es schlug noch! Sofort nahm Mika Yuu hoch und brachte ihn in den Schatten eines Hauses, wo er ihn an die Wand lehnte. Was sollte er tun?

Bilder von vor vier Jahren schossen ihm durch den Kopf. Er, Mika, lag neben den Leichen seiner Familie auf dem weißen Boden einer großen Halle. Krul und Ferid standen über ihm. Er lebte noch, allerdings war er gerade dabei, seine letzten Atemzüge zu tun. Krul biss sich in den Arm und trank ihr eigenes Blut, welches sie Mika durch einen Kuss einflößte. Mika hatte damals „überlebt". Dank Krul.

Die Situation jetzt war nicht wirklich anders. Yuu lag im Sterben, und er, Mika, war in der Lage, ihn zu retten. Mika schüttelte den Kopf. Das stand außer Frage. Er konnte Yuu nicht zu dem gleichen Schicksal verdammen, ihm all den Blutdurst und die Schmerzen antun, wenn er versuchte, ihn zu unterdrücken. Ganz abgesehen von dem Selbsthass. Yuu hatte mindestens genauso viel Grund, jeden Vampir auf dieser Erde zu hassen, wie er einen Grund hatte, die Mondjäger zu verabscheuen. Er würde bestimmt kein solcher Blutsauger sein wollen. Es wäre einfach nur egoistisch und selbstsüchtig ihn zu verwandeln, nur, damit er ihn länger um sich haben konnte. Yuu würde ihn danach wahrscheinlich ohnehin hassen und sich von ihm abwenden.

Mika entwich ein leises Schluchzen, als er nun selbst zitternd eine Hand nach Yuu ausstreckte und ihm sanft ein paar Haare aus dem Gesicht strich. Er wirkte fast schon friedlich, der verkrampfte Gesichtsausdruck vollkommen verschwunden. Yuus smaragdgrüne Augen waren halb geschlossen.

Er wollte ihn nicht verlieren....

Er KONNTE ihn nicht verlieren...

Er konnte es nicht, nicht, nachdem er ihn endlich wieder gefunden hatte. Er konnte nicht einfach hier sitzen bleiben und zusehen, wie Yuu vor seinen Augen langsam starb. Wie sollte er mit dem Wissen leben, dass er dabei gesessen und das einzige, was er tun konnte, nicht getan hatte?
Andererseits würde er damit den Menschen Yuu umbringen und das würde er sich nie verzeihen.
Aber wie sollte er jemals vor anderen oder sich selbst rechtfertigen, dass er nichts getan hatte.
„Yuu ...", murmelte er hilflos, „Was soll ich tun?" . Doch tief in seinem Inneren war Mika klar, was er zu tun hatte.

So! Hier ist Kapitel 2! Hoffe es hat euch gefallen, denn das nächste Kapitel wird schon bald folgen! Und ihr könnt gespannt sein!

Eure Amanda Hyakuya 💚🖤

Deader than Dead - And yet alive (MikaxYuu)Where stories live. Discover now