Kapitel 25

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Ohne zu hinterfragen, warum ihre Königin mit Schmuck schlafen gehen wollte, wanderte Myrel zur Kommode. Die zart gebaute Zofe packte die Kette um den Anhänger, bevor sie zurückkehrte.

„Es ist ein hübsches Ding. Die anderen Zofen haben mir gesagt, dass es ein Erbstück Seiner Majestät ist", fuhr Myrel mit leichtherziger Konversation fort. Nebenbei entwirrte sie die Kette und legte sie um Elanthins Hals. „Seid Ihr sicher, dass der Gratianer nicht vorhat, Euch tatsächlich den Hof zu machen?"

Sobald der kühle Stein ihre Haut berührte, grub Elanthin die Fingerspitzen in die Armstützen ihres Sessels. Myrels Worte waren bei einem Ohr rein- und beim anderen rausgegangen, ohne sich in Bedeutung zu verwandeln. Ihre eigenen Gedanken waren zu laut, um Raum für das Geplapper ihrer Zofe zu lassen.

Hatte sie allen Ernstes Myrel im Verdacht, ein Mitglied der Kinder der Tiefe zu sein? Die Zofe hatte sie auf jedem Weg begleitet, leicht oder schwer; von dem Moment, in dem Elanthin ihre Augen zum ersten Mal geöffnet hatte, bis zu ihrer vermeintlichen Hinrichtung in Gratia.

In dem Wissen, dass ihre gesamte Welt zusammenbrechen könnte, war es schwierig sich umzudrehen und der Wahrheit ins Gesicht zu sehen. Elanthin gab sich eine Sekunde, um tief einzuatmen; dann zwang sie sich, in den Spiegel zu sehen.

Myrel stand hinter ihr und traf die wasserblauen Augen ihrer Königin mit einem ruhigen Lächeln im Gesicht. Ihre Hände ruhten unterdessen auf Elanthins Nacken. Die brünette Frau war Elanthin so vertraut wie ihr eigenes Selbst und nichts an ihr hätte Verdacht erregt. Doch Myrels Wortwahl ging ihr nicht aus dem Kopf.

„Denkst du, ich sollte diese Dunkelheit der Tiefe zurückbringen? Immerhin gehört sie mir nicht", schlug Elanthin vor, während ihre Augen den Körper der Zofe absuchten. Mit dem verzauberten Anhänger sollte sie die Markierung ausmachen können, von der Aetrian gesprochen hatte.

Er hat vergessen mir zu sagen, wo ich suchen muss, dachte sie verärgert. Es war wohl kaum eine Option, ihrer Zofe zu befehlen, sich splitternackt auszuziehen, damit sie ihren gesamten Körper nach Spuren von Magie absuchen konnte.

Elanthin hatte beinahe aufgegeben, etwas zu finden, als ein schwaches blaues Leuchten an Myrels Rücken sie alarmierte. Die Farbe war ihr von den magischen Schutzrunen ihres Zimmers bekannt. Sie ähnelte ihr nicht nur; es war exakt derselbe Farbton.

Als hätte sie Elanthins Gedanken gelesen, änderte sich der Gesichtsausdruck der Zofe in einer einzigen Sekunde. Ihr professionelles Lächeln war verschwunden, ersetzt durch blanke Angst.

Es ist ein paar Tage her, dass ich diesen Gesichtsausdruck an jemandem gesehen habe, erinnerte sich Elanthin. Myrel wusste, dass ihr Verrat enthüllt worden war – und weiter noch, sie ahnte, dass es kein Entkommen vor den Konsequenzen geben konnte.

„Möchtest du mir etwas sagen, Myrel?"

Mit einem plötzlichen Ruck der Zofe, lief ein Gefühl, nicht unähnlich einer hauchdünnen Klinge an Elanthins Kehle entlang; die Kette des Anhängers bohrte sich tief in ihr Fleisch, wo sie Blut und Luft gleichermaßen abschnitt. Obwohl sie sofort nach der Kette griff, kam sie den Bruchteil einer Sekunde zu spät. Ihre Finger erwischten nur noch den Anhänger.

Der Schmerz brachte ihre Augen zum Tränen, aber sie kämpfte gegen die aufsteigende Panik an, um einen klaren Verstand zu behalten.

Mit einem einzigen Blick durch den Spiegel in Myrels Augen wusste Elanthin, dass keiner von ihnen nachgeben würde. Myrel war entschlossen. Immerhin hatte sie nichts mehr zu verlieren.

Da bist du nicht die Einzige, schoss es durch Elanthins Kopf, bevor sie einen Arm anhob und ihren Ellbogen mit voller Kraft nach hinten rammte. Es knackte, als er auf Myrels Rippen traf. Wie viele Leute werden mich noch verraten, bevor ich in Frieden gelassen werde?

VeritaWhere stories live. Discover now