Kapitel 13

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Aetrians Augen glühten mit einer Intensität, die der Situation geschuldet war, während er Elanthins Gesicht musterte. Schließlich nickte er.

„Ich muss wohl darauf vertrauen, dass du weißt, was du tust."

„Ich verspreche es." Elanthins Augen huschten über die düsteren Gassen, die vom Hauptplatz abgingen; während der sorgfältigen Planung ihres Auftritts hatte Aetrian ihr eine Karte der umliegenden Straßen gezeigt, damit sie die Fluchtwege lernte. Rasch hatte sie die passende Route für ihren Plan gefunden und zeigte in ihre Richtung. „Sag den Wachen, dass sie die Leute von dieser Seite des Platzes fernhalten sollen, aber nicht mehr. Lass sie das Monster nicht angreifen."

Komm schon – du musst anerkennen, dass meine Stimme die einzige vertrauenswürdige in dieser Situation ist, fügte sie stumm hinzu. Elanthin wollte sich das Chaos kaum vorstellen, das losbrechen würde, wenn einer der Soldaten versehentlich den Monsterkern anstechen und giftige Flüssigkeit über den gesamten Hauptplatz verteilen würde.

Aetrian rief augenblicklich nach Ves – und mit allem an Luft, die in seinen Lungen war, da das Geschrei der Masse nicht abnehmen wollte. Sobald die beiden Gratianer damit begonnen hatten, die Wachen anzuweisen, verlor Elanthin keine weitere Zeit.

Sie rannte los, alle Stufen des Podests auf einmal nehmend. Auf dieser Seite der Erhöhung trennte ein niedriger Steinzaun die versammelten Bürger von den Sprechern, also wurde Elanthin nicht aufgehalten, während sie sich einen Weg zu dem Fleck bahnte, an dem ihre Kutsche gehalten hatte. Ohne den massiven Wagen konnte sie die Öffnung zu einer winzigen Gasse erkennen. Fest ihre Schwerter umschließend, verschwand Elanthin zwischen den Häusern.

Die alten Gassen der Hauptstadt formten ein verworrenes Labyrinth, zweifelsohne perfekt zum Abwickeln zwielichtiger Geschäfte, aber in diesem Moment war der winzige Spalt in der Häuserfront ein willkommenes Geschenk für Elanthin. Sie musste nicht gegen den Strom an Leuten kämpfen, die vor dem Podest drängten und brüllten; ihre einzige Gesellschaft in der heruntergekommenen Gasse bestand aus Moder und Schatten, bis sie auf der richtigen Höhe war.

Ihr Herz klopfte wild vor Vorfreude und Nervosität zu gleichen Teilen; auf gewisse Weise hatte sie den Adrenalinstoß vermisst, der jede Zelle ihres Körpers aktivierte und ihre Lungen öffnete, aber gleichzeitig war sie besorgt. Besorgt um die Leute, die am Hauptplatz in Panik gegeneinander liefen, und besorgt um Aetrians Ruf. Ein Monsterangriff, hier in Gratia, war so weit davon entfernt, was Elanthin für möglich gehalten hätte, dass sich die Situation schlichtweg falsch anfühlte.

Die Menge versuchte nicht sich zu teilen, als Elanthin zwischen den Häusern hervortrat. Sie quetschte sich durch kaum mehr als einen Riss, der etwas Licht in die Gasse ließ.

Niemand aus der Menge bemerkte ihr Erscheinen. Im Zustand der völligen Panik kämpften sie alle für sich selbst – und nur für sich selbst. Eltern zogen mit Gewalt ihre weinenden Kinder in Richtung der größeren Seitenstraßen, während die Jungen und Starken für ein oder zwei Meter ihre Älteren zu Boden stießen. Obgleich das Monster nicht mehr getan hatte, als zu brüllen und zu wanken, hatte sich der Hauptplatz bereits in einen menschlichen Knäuel aus Verzweiflung verwandelt. Inzwischen hätte sich der Platz geleert haben können, aber das Chaos sorgte dafür, dass niemand vorwärtskam. Die Gassen, die fort von der knurrenden Kreatur in der Mitte der Menge führten, waren mit aneinander gepressten Leuten verstopft.

Mit Erleichterung bemerkte Elanthin einen nachtblauen Mantel neben sich, als sie sich von der dunklen Gasse löste. Ihre Befehle waren weitergegeben worden, wodurch die Königswache ihr Bestes gab, um die panischen Zivilisten aus der Reichweite des Monsters zu stoßen. Durch den Bau einer Schildmauer hatten sie damit einigen Erfolg.

VeritaWhere stories live. Discover now