15. Die Entscheidung des Rates

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Ohne weiter auf den Streit der jungen Reiter zu achten, machten sich Arya und Eragon auf dem Weg zu ihrer gemeinsamen Behausung. Sie ließen sich nicht viel Zeit die neu entstandenen Zimmer zu bewundern, sondern warfen sich sofort ihrer Ratsroben über die Schultern und bestiegen ihre Drachen. Diesmal würde keiner von ihnen mit einem Boot über den See fahren müssen. Als sie sich der Felseninsel näherten, in deren Mitte der Rat tagte, erhob sich am Strand der Insel Voratans mächtige Gestalt. Der graue Drache stieß ein gewaltiges Brüllen aus, und ließ eine lange Flammenzunge aus seinem Rachen schießen. Saphira und Fírnen erwiderten das Brüllen ihres wilden Artgenossen und tauchten den Himmel in den Glanz ihrer Flammen.
-"Was soll das denn?" - Wollte Arya von ihrem Drachen wissen.
- "Wir begrüßen uns." -
- "So? "-
Der grüne Drache lachte schnarrend.
- "Alles weißt du also auch nicht über Drachen kleine Maus. Worte haben für wilde Drachen nur wenig Bedeutung. Voratan hat uns seine Stärke gezeigt und wir ihm die unsere. Eine Geste des Respekts von beiden Seiten. Da er jetzt nicht mehr weiter droht bedeutet das, dass wir ihm in seinem Revier willkommen sind." -
- "Oder dass ihr ihn eingeschüchtert habt." -
Wieder lachte der Grüne.
- "Ach kleine Maus, niemand schüchtern einen Drachen ein. Das solltest du doch eigentlich wissen. "-
In der Ratshöhle sah alles so aus wie beim letzten Mal. Als Arya, Eragon und ihre Begleiter am Ratstisch Platz genommen hatten, begannen die, in der Steinplatte eingelassenen, Eldunari zu glühen. Wieder bildeten sich durchsichtige Lichtgestalten, welche die Drachen darstellten zu denen diese Seelen einst gehört hatten.
"Da seid ihr ja wieder." Donnerte Glaedr. Der goldene Drache schien erfreut zu sein die Beiden wieder zu sehen. "Habt ihr euren Auftrag erfüllt und uns die beiden neuen Reiter mitgebracht?"
"Das und mehr Meister. Eines der vier Eier die ihr uns mitgegeben habt, hat sich bereits einen Reiter gewählt. Das rote Weibchen ist bei einer jungen Elfe namens Narie geschlüpft. Da es sich bei ihr um Aryas Cousine handelt muss ich vermuten, dass auch bei ihr das Erbe zum Drachenreiter in der Familie liegt.
"Das sind in der Tat gute Neuigkeiten!" Freute sich Umaroth. "Nun berichtet uns bitte von den ersten Schülern des neuen Ordens. Was könnte bereits über ihren Charakter und ihre Fähigkeiten sagen?"
Eragon nickte Arya zu und die Elfe begann in ihrer sachlichen Art mit dem Bericht. Sie zeigte deutlich die Stärken aber auch die Schwächen, welche sich bei den neuen Schülern bereits gezeigt hatten auf. Auch was ihre Cousine betraf, blieb die elfische Reiterin neutral und wies sowohl auf besondere Begabungen als auch auf Unzulänglichkeiten hin.
"Na da haben wir einen schrillen kunterbunten Haufen!" Lachte Miemel." Ein Glück, dass keiner von ihnen vor uns treten wird bis dise Kücken das erstes Ausbildungsjahr hinter sich haben. Vorher würde das Wissen um die Seelenhorten ihre Drachen vielleicht nur auf dumme Gedanken bringen. "
Die anderen Ratsmitglieder stimmten der braunen Drachendame zu. Umaroth ergriff wieder das Wort: "Dann werdet ihr also ab morgen eure ersten Schüler unterweisen. Als Drachenreiter habt ihr beide noch nicht viel Erfahrung. Doch ihr hat schon viel durchgemacht und wir möchten euch nochmal unser Vertrauen aussprechen. Sollten Probleme auftreten stehen wir euch jederzeit gerne zur Verfügung."
"Achtet mir besonders auf diese beiden Streithähne!" Warnte Glaedr. "Wir können es uns nicht leisten, dass aus jugendlicher Rivalität vielleicht eine echte Feindschaft und Abneigung erwächst. Früher gab es genug Reiter, dass man sich gegenseitig aus dem Weg gehen konnte. Unser neuer, junger Orden kann sich das noch nicht leisten."
"Wir werden euch regelmäßig berichten Meister und sind dankbar für eure Hilfe und euer Vertrauen." Sagte Eragon.
"Nun gut, dann weiter. Ich möchte mehr über diesen König Orrin erfahren. Wie ist es mit ihm gelaufen und wie konnte ihr den Streit beheben?"
Es war Eragon, der dem Eldunari von Umaroth antwortete: "Arya und ich sind uns einig: Der Mann den wir da getroffen haben ist nur noch ein Schatten von dem was er einmal war. Er ist schreckhaft, geradezu paranoid. Die Diplomatie ist für ihn zu etwas völlig Unbekannten geworden. Er hat gegenüber Arya einige Bemerkungen ausgestoßen, sowie Theorien geäußert, die in jedem Volk als Beleidigung angesehen würden. Als schwere Beleidigung! Und das nicht nur nach den strengen Verhaltensregeln der Elfen. Auch sind wir alle der Meinung, ich spreche damit für mich, Arya und unsere Drachen, dass Orrin weiterführende Pläne verfolgen muss. Um diese Krise zu bewältigen hat er lediglich nach der Möglichkeit gefragt sich von nun an direkt an uns wenden zu können. Einen magischen Spiegel mit den entsprechenden Fähigkeiten hätte er auch von Königin Nasuada fordern können. Es wäre nicht nötig gewesen dafür diese Krise zu provozieren. Wir sollten was ihn betrifft weiter so vorgehen wie wir es bei unserem letzten Treffen besprochen haben. "
"Sind damit alle einverstanden?" Fragte Umaroth in die Runde.
Von allen Seiten her erntete der alte Drache Zustimmung.
"Dann sollten wir die Gelegenheit nutzen und bevor wir mit der Ausbildung der neuen Schüler beginnen endgültig klären wie wir mit dem wahren Namen der alten Sprache verfahren wollen. Wir alle hatten hinreichend Zeit um über Eragons Vorschlag nachzudenken. Der Vollständigkeit halber sei er hier nochmal erläutert. Wie wir beschlossen haben soll sich der endgültige Rat aus sechs Reitern und ihrem Drachen zusammensetzen. Des weiteren sollen sechs Eldunari als Berater an den Konferenzen dieses Rates teilnehmen. Dieser Umstand wird aus der Notwendigkeit geboren, Erfahrung der allgegenwärtigen Jugend dieses neuen Rates hinzuzufügen. Eragon schlägt nun vor, den wahren Namen aufzuspalten und in den Erinnerungen dieser sechs Ratgeber zu verankern. Jeder der Ratgeber, wird also nur einen Teil des Wortes erhalten. Nur wenn der Rat, und die sechs Ratgeber der Meinung sind, dass das Wort der Wörter die einzige Lösung des Problems ist soll dieses Wort den ältesten und erfahrensten Mitglied des Rates zugänglich gemacht werden. Aber nur für den Gebrauch in dieser einen Sache. Im Anschluss soll das Wort durch einen Zauber wieder aus der Erinnerung des betreffenden Reiters gelöscht werden. Arya und Eragon haben sich bereit erklärt, wenn der Rat diesen Vorschlag annimmt, das Wort, welches sich noch in ihrem Gedächtnis befindet, bereits jetzt löschen zu lassen. Es sollen nicht über längere Zeit intakt an einem Ort existieren."
"Im Grunde bin ich damit einverstanden." Meldete sich Teben, ein ehemals grüner Drache, zu Wort. "Ich denke auch, dass es richtig ist das Wort nicht nur an einem Ort aufzubewahren. Aber wieso der Umweg über die Berater? Warum spalten wir den wahren Namen nicht auf und belassen ihn in der Erinnerung der Reiter die den Rat bilden."
"Eragon, es ist dein Vorschlag. Bitte beantworte die Frage. "Forderte Vraels ehemaliger Drache den jungen Reiter auf.
"Ich bin der Meinung, dass es zu gefährlich wäre den wahren Namen in der Erinnerung von Reitern zu verwahren, die in den Kampf ziehen und dort getötet werden können. Mit ihnen wird er dann ein Teil des Wortes sterben und es stünde uns nie mehr zur Verfügung. Die Eldunari, welche als Ratgeber dienen, bleiben im Gegensatz zu den Ratsmitgliedern stets an diesem Ort. Diese Insel ist durch die wirkungsvollsten Schutzzauber gesichert, die wir kennen. Diese Zauber werden genährt von der Kraft von über 100 Eldunari. Außerdem verteidigen die wilden Drachen diesen Ort, der bisher nur einer sehr ausgewählten Gruppe von Wesen bekannt ist. Ich sage nicht, dass es unmöglich ist diesen Ort einzunehmen aber es musste schon ein außergewöhnlicher Feind gegen uns antreten um Erfolg haben zu können. So ist es sicher, dass wir das Wort nicht verlieren."
"Es gibt aber einen großen Nachteil. "Es war Miemel die nun das Wort ergriff. "Wenn wir so verfahren wie du vorschlägst mein Junge, dann wird euch das Wort der Wörter nur nach einer ausführlichen Beratung zur Verfügung stehen. Was wenn es plötzlich im Kampf braucht? "
Eragon antwortete der alten Drachendame: "Ich bin mit dieser Gefahr bewußt Meisterin. Aber zwei Punkte sprechen trotz allem für die von mir vorgeschlagene Lösung: erstens:
Ich habe, wie ihr wisst, einige Experimente mit dem Wort durchgeführt. Es war wichtig seine Funktion zu verstehen und seine Macht gänzlich zu begreifen. Und es ist mächtig! Aber es hat auch seine Schwächen. Es verbraucht unglaublich viel Energie dieses Wort zu verwenden. Alle dies bisher benutzt haben konnten auf die Unterstützung von Eldunari zurückgreifen. Selbst wenn ich nur einen Kieselstein schweben lasse und diesen Zauber mit dem Wort verbinden, erhöht sich der Energieverbrauch. Ich denke den Grund dafür habe ich auch gefunden. Von Meister Oromis habe ich gelernt, dass es gerade wenn es um das beeinflussen der Kräfte der Natur geht es sinnvoller ist beispielsweise vorhandenes Licht für einen Zauber zu verwenden, als es selbst zu erschaffen. Das Wort der Wörter sorgt dafür das grundgesetzlich erschaffen wir. Lasse ich also einen Kieselstein schweben, dann schwäche ich nicht die allgegenwärtige Schwerkraft sondern erschaffen mit dem Wort eine Kraft die dieser Schwerkraft entgegenwirkt. Das ist weitaus anstrengender. Je komplexer die Aufgabe ist, desto höher wird der Energieverbrauch. Ein einzelner Reiter ohne die Unterstützung von Seelenhorten hätte nur sehr begrenzt die Möglichkeit das Wort zu nutzen. Um einem angreifenden Magier praktisch verbieten zu können seine Magie zu nutzen müsste der Reiter stärker sein als der betreffende Magier. Nur dann könnte er die Zauber wirklich unterdrücken. Ihr seht also Meisterin das Wort mit sich herumzutragen bringt nicht notwendigerweise in einem Kampf die Entscheidung. Es ist vielmehr besser als geplant und mit bedacht zu nutzen.
Zweitens:
Ich weiß, dass es Situationen geben kann, in denen die Regelung, ich vorschlage, umständlich wirken mag. Zeit könnte verloren gehen und, so sehr mir das auch zuwider ist, vielleicht sogar Leben. Aber wie viele Leben würden auf dem Spiel stehen, wenn wir zu leichtfertig mit dem Wort umgehen? Denkt zurück an Galbatorix! Was eher um ein Haar hätte anrichten können! Existiert das Wort in einem einzelnen Geist, vollständig und bereit zu sofortige Benutzung, kann ein einzelner Magier, der geschickt genug in den Geist eines anderen eindringen kann, das Wort an sich reißen. Damit würde eine unglaubliche Bedrohung geschaffen. Ich weiß, meine Lösung ist nicht perfekt. Aber wenn ich alle Faktoren bedenke, und so vermessen bin zu glauben, dass meine Meister Brom und Oromis erfolgreich waren wir den Wert meines Verstandes beizubringen, dann komme ich zu dem Schluss, dass es die einzige und beste Lösung ist. "
"Ich denke Oromis wir mit den Leistungen deines Verstandes ganz zufrieden" brummte Glaedr.
Auch Teben und Miemel schien nun überzeugt.
"Dann sollten wir zur Abstimmung kommen." Schlug Umaroth vor.
Arya und Eragon bekundeten ihre Zustimmung durch ein Handzeichen, während ihre Drachen sowie die Lichtbilder der Eldunari ihre Hälse empor reckten.
"Einstimmig." Erkannte Umaroth. "Wir haben den betreffenden Zauber, den du niedergeschrieben hast, in eurer Abwesenheit studiert und überprüft. Er ist hinreichend. Ich schlage vor, dass wir sofort anwenden.

Eragon Band 5 - Jedes Ende ist ein Anfang (wird überarbeitet)Where stories live. Discover now