9. Die nächste Generation

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"Also was denkst du?"
Nach dem Gespräch mit König Orrin hatten sich Arya und Eragon Zeit nehmen können ihre neuen Schüler kennen zu lernen. Zwar hatte Nasuada sie später noch einmal um ein Gespräch gebeten aber den beiden Drachenreitern blieb noch ein Moment um sich über ihre neuen Schützlinge auszutauschen.
"Marek, der Bergnomade, scheint mir etwas übersteigertes Selbstbewusstsein zu haben. Ganz im Gegensatz zu seinem Drachenmädchen. Wie hat er sie genannt? Laorie?"
-" Ich werde dieses verängstigte Würmchen so schnell wie möglich Miemel vorstellen." - Warf Saphira ein und schüttelte dabei den Kopf dass die Schuppen raschelten. - "Die wird ihr schon klarmachen was es bedeutet eine Tochter des Feuers und des Himmels zu sein." -
"Hoffentlich ist das nicht etwas zu viel des Guten." Sorgte sich Eragon." Ist doch kein Wunder dass die Kleine verängstigte ist. Nach der Belagerung durch Orrins Truppen? Das wäre wohl jedem auf den Magen geschlagen. "
"Ich stimme Saphira zu. "Sagte Arya." Marek braucht eine starke Partnerin an seiner Seite. Er scheint zwar kein übler Kerl zu sein aber er traut sich etwas zu viel zu. Außerdem haben die weiblichen Elfen der Begleitgruppe erzählt, dass er bereits jede von ihnen umworben hat und das mit 13 Jahren!"
"Da halte ich mich zurück!" Ihr Gefährte hob abwehrend die Hände." Zu diesem Punkt sollte sich ein Bauernjunge, der sich in den Kopf gesetzt hatte die Prinzessin von Ellesméra zu betören, lieber nicht äußern. "
Die dunkelhaarige Elfe lächelte verschmitzt.
"Bei besagtem Bauernjungen liegt der Fall ein wenig anders. Er hat überraschend schnell viel gelernt und einen gewinnenden Charakter. Das mag auch auf Marek zutreffen aber im Moment ist sein Mundwerk größer als seine Fähigkeiten.Wobei er sich dieser Tatsache aber nicht bewußt ist."
- "Und seine Drachendame muss ihn auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Stell dir jemanden mit solchem Verhalten den Ellesméra vor! Er würde es sich innerhalb kürzester Zeit mit sämtlichen Elfen verderben." -
Eragon musste Saphira Recht geben. Marek würde es im Leben nicht weit bringen wenn er nicht lernte sie besser zu beherrschen.
"Vielleicht reicht es ja auch in ein wenig Zeit mit Aroc verbringen zu lassen. Der junge braune von unserm Urgal ist ein Energiebündel. Ich wünschte das träfe auch auf seine Reiter zu. Tar ist selbst nach menschlichen Maßstäben schüchtern. "
-" Ein schüchterner Urgals!"-Saphira amüsierte sich königlich.
"Das gibt es!" Bestätigte Arya." Die Urgals sind genauso vielfältig wie alle Rassen. Manche sind stark, manche eher schwach."
"Tar fällt aber eher in die schwache Kategorie. Bei ihm ist es weniger Schüchternheit, als mehr eingeschüchtert sein. Sie ihn dir an: Er ist 15 Jahre alt. Damit müsste er also für Urgal fast ausgewachsen sein. Erst regelrecht schmächtig und das erste Mitglied seines Volkes das ich treffe, dass unter 2 m groß ist. Wären da nicht seine Hörner, sowie die etwas dunkler Hautfarbe könnte man ihn fast einen Menschen halten. Bei den Urgals geht Stärke über alles. Er wird ein verdammt schweren Stand gehabt haben."
"Bei ihm werden wir vor allem Selbstvertrauen aufbauen müssen." stimmte Arya ihren Gefährten zu." Während wir das wiederum beim Marek dämpfen müssen. Das dürfte nicht leicht werden."
Die Elfe stutzte, als Eragon sich verschwände und die Hand auf Brisingrs Griff legte. Stumm wies der Drachenreiter in eine bestimmte Richtung.
Arya und Eragon hatten ihre Unterhaltung in einem der Wachtürme der Befestigungsanlagen geführt. Ihre Drachen lagen unmittelbar an der Mauer. Daher war es nicht verwunderlich, dass die in einem Umgang mit Kapuze gehüllte Gestalt, welche nun die Mauer überwand, sich nicht bewusst war, dass ihr Eindringen bereits bemerkt war. Der Umhang der Unbekannten war, wie ihre Kleidung, aus hellem Leinen. Auf dem Rücken trug sie einen Bogen, sowie einen Köcher mit Pfeilen. Soweit Eragon es im halbdunkel beurteilen konnte, waren die Waffen von feinster, vielleicht sogar elfischer Machart. Vorsichtig spähte die unbekannte Gestalt in den Innenhof der Festung.
Noch bevor sie sich aber recht umsehen konnte, erlitt sie vermutlich den Schreck ihres Lebens, als Saphiras Kopf direkt vor ihr auftauchte.
Die Gestalt stieß einen spitzen Schrei aus und machte einen Satz rückwärts. Dabei stolperte sie über den Umhang und fiel der Länge nach auf den Rücken. Die Kapuze wird der Unbekannten vom Kopf und ein langer kräftiger Zopf aus blondem, fast weißem Haar wurde sichtbar. Die spitz zulaufenden Ohren verrieten dass es sich um eine Elfe handelte.
"Können wir dir vielleicht helfen?" Fragte Eragon amüsiert. Er war sich ziemlich sicher, dass von diesem, offenbar jungen Elfenmädchen keine Gefahr ausging.
Die Unbekannte fuhr zu den Drachenreiter herum und blickte sie aus großen wasserblauen Augen an.
"Narie!" In Aryas Stimme klang eine seltsame Mischung aus Überraschung, Enttäuschung und Wut mit." Was bei allen Sternen machst du hier!"
Das Elfenmädchen erhob sich und strich sich eine widerspenstige Strähne ihres weißblonden Haares in das Ohr bevor sie antwortete: "Ich hab dich gesucht Arya. Ich möchte mit dir kommen. Zu den wilden Drachen. "
Zunächst war Arya sprachlos.
"Jetzt hast du wohl völlig den Verstand verloren! Geht es nicht in deinen Kopf, das ich im Moment weder dich, noch einen aus deiner Familie sehen will. "
Mit diesen harschen Worten drehte Arier sich um und verschwand im innern des Wachturms. Man konnte hören wie sie die Treppe hinunter stürmte. Unschlüssigen sah Eragon das Elfenmädchen an. Diese schien den Tränen nah zu sein. Eilig bedeutete er ihr ihm zu folgen als er Arya nachstürmte.
Sie brauchte nicht lange zu suchen. Die ältere Elfe starrte beharrlich in den Brunnen, welcher in der Mitte des Burghofs stand.
Eragon bedeutete Narie sich im Hintergrund zu halten. Er selbst trat zu Arya und blickte sie schweigend an. Es dauerte einige Minuten bis die Elfe auf ihn reagierte. Zur Überraschung des jungen Drachenreiters wirkte seine Gefährtin eher verletzt als wütend.
"Willst du mir nicht sagen mit wem wir es hier zu tun haben?"
Arya seufzte.
"Mit meiner Cousine."
Eragon war Milde überrascht.
"Ich dachte deine Mutter hätte bei unserer ersten Begegnung gesagt, dass ihr keine Verwandten mehr habt."
"Sie hat gesagt, ich sei ihre einzige Blutsverwandte. Das stimmt auch. Mein Vater hatte aber eine Schwester und diese ist Naries Mutter."
Nach dieser Erklärung verfiel Arya wieder in standhaftes Schweigen. Eragon wagte schließlich einen Vorstoß.
"Ich habe immer befürchtet, dass du mir noch nicht alles erzählt hast. Ich meine warum du dein Amt als Königin aufgegeben hast. Ich wage mal eine Vermutung: der Fürst der dich betrogen hat, der die gefälschten Tagebuchseiten deines Vaters übergeben hat......"
"Das war mein Vater. "Gestand Narie flüsternd.
Arya schlug mit der flachen Hand auf die steinerne Einfassung des Brunnens.
"Ganz genau! Aber das ist noch nicht alles: als meine Mutter mich verstoßen hat, wart Ihr meine einzige Familie! Wann immer ich Saphiras Ei zu unserem Volk gebracht habe weiche eurem Haus zu Gast! Ich habe deine Eltern vertraut! Geheimnisse mit ihnen geteilt! Auf einem eurer Bälle habe ich Fäolin kennen gelernt! Ich war dabei, als deine Mutter dich von 14 Sommern zur Welt gebracht hat! Verflucht! Ich habe einen Segen über dich gesprochen! Dein Vater hat mit mir gespielt wie eine Katze mit einer Maus! Weißt Du wie weh es getan hat als er damit geprahlt hat wie er mich zu manipulieren versteht?! Und jetzt kommst du hier an und bittest mich dich auf ein kleines Abenteuer mitzunehmen?!"
"Darum geht es nicht!" Schrie Narie. Das Elfenmädchen klang aber nicht wütend sondern völlig verzweifelt. Eragon verglichen die beiden Elfenfrauen miteinander und entdeckte Himmel weite Unterschiede: Aryas Auftreten selbstbewusst und von Erfahrung geprägt. Sie wirkte geschmeidig und elegant wie eine Raubkatze. Die um einen Kopf kleiner Narie wirkte im Vergleich eher wie ein hilfloses Stubenkätzchen. Ihre ganze Körperhaltung war die eines Kindes.
"Worum dann?" Fragte Arya etwas ruhiger.
Narie hatte sich auf einen herumliegenden Strohballen gesetzt und die Arme fest um den Körper geschlungen. Fast schien es als wiege sie sich selbst hin und her.
Das Elfenmädchen antwortete mit von tränenerstickter Stimme: "Ich weiß nicht wo ich sonst soll Arya!"
Die Tränen brachen nun mit Macht aus Narie hervor. Das Elfenmädchen wirkte so verloren, dass auch Arya ihre Ablehnung nicht aufrechterhalten konnte. Zögernd setzte sie sich neben ihrer Cousine und wartete bis die sich wieder etwas beruhigt hatte.
"Was meinst du damit? "
"Meine Mutter hat uns verlassen. Sie konnte meinem Vater nicht verzeihen was er getan hat. Das kann ich auch verstehen! Aber als ich mit ihr gehen wollte hat sie gesagt, sie könne mich im Moment nicht um sich ertragen."
Sowohl Eragon, als auch Arya waren schockiert. Selbst nach menschlichen Maßstäben war das ein harter Ausspruch. Für die Elfen, die Kinder über alles schätzten, war er geradezu unbegreiflich. Aryas Mitgefühl siegte schließlich über ihre Verbitterung und sie legte den Arm um ihre Cousine. Diese nahm die Geste dankbar an und fuhr fort: "Bei Vater will ich aber nicht bleiben und ich kann auch nicht. Er hadert nur noch mit seinem Schicksal und wenn er das nicht tut, dann trinkt er. Er trinkt viel zu viel. Ich hab langsam Angst vor ihm. Ich mach dir keinen Vorwurf Arya! Ich verstehe wie sehr dich verletzt hat. Ich kann das gar nicht begreifen! Du was für mich immer wie meine große Schwester. Ich hab mich immer auf das Jahr gefreut dass du bei uns verbracht hast. Und unsere Nachbarn und Freunde! Sie reden gar nicht mehr mit mir oder nur ganz förmlich. Es ist als hätten sie Angst etwas persönliches zu sagen. Mein Vater könnt ja eine Intrige gegen sie spinnen. Ich kann nicht mehr durch die Stadt gehen ohne das mich alle anstarren und hinter mir her flüstern! Mein Meister im Bogenschießen will mich nicht mehr unterrichten! Ich halte das nicht aus Arya! Wenn du mich jetzt auch wegschickst, weiß ich wirklich nicht mehr wo ich hin soll. "
Diesmal war es Arya, die ihrer Cousine eine widerspenstige Haarsträne aus dem Gesicht strich.
"Ach Silberschopf! Das habe ich nicht gewollt. "
"Das weiß ich doch Rabenmähne. Ich mache dir auch keinen Vorwurf, aber bitte lass mich mitkommen! Ich hab sonst niemanden mehr. "
Arya überlegte einen Moment und nickte schließlich.
"Erst stell dich mal Fírnen vor. Er weiß gern mit wem er durch die Gegend fliegt."
Naries stürmische Umarmungen presste Arya fast die Luft aus den Lungen. Als das Elfenmädchen sich in Richtung der beiden Drachen trollte nahm Eragon neben seiner Gefährtin Platz.
"Rabenmähne?"
"Solltest du mich jemals so nennen Schattentöter solltest du wissen das........"
Weiter kann die dunkelhaarige Elfe nicht. Lieber erwiderte sie den Kuss den Eragon ihr sanft auf die Lippen hauchte.

Eragon Band 5 - Jedes Ende ist ein Anfang (wird überarbeitet)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt