~Fourtysix~

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Yonathan zerrte mich geradewegs die Treppe nach oben, während mein Blick einzig auf die Waffe hing, welche er noch immer in seiner anderen Hand hielt.

Ich war zutiefst schockiert, welch ein Gewaltpotenzial plötzlich von ihm ausging und meine Verwirrung stand mir sicherlich noch immer im Gesicht.

Der Alkohol stieg mir zu Kopf, welchen mir Stenja verabreicht hatte, weshalb ich auch mehrfach fast stolperte. Ich konnte den schnellen Schritten von Yonathan kaum standhalten.

Ich war noch immer von mir selbst überrascht und verfluchte den Wodka, welcher Schuld war, dass ich mich Artjom beinahe an den Hals geworfen hatte. Das Schamgefühl setzte ein und ich fragte mich, wie ich mal wieder so dumm sein konnte.

Aber Yonathan hatte mich mit seinem Verhalten dazu gedrängt. Er gab mir das Gefühl, dass ich nicht mehr sein wertvollster Schatz war und aus reiner Verletztheit wollte ich auch ihm solch einen Stich im Herzen verpassen.

Er hat mich in dem Glauben gelassen, dass er mich nicht mehr begehrte und das, obwohl das, obwohl ich mich erst wenige Stunden zuvor im ganzheitlich hingegeben hatte.

Ich kam mir in dem Moment nur so schutzlos vor.

Wir durchschritten die Bar und kamen an dem Auto an, wo er die Tür augenblicklich aufriss. Allerdings hatte ich nicht vor in dieses zu steigen, weshalb ich mich mit meinem gesamten Gewicht gegen ihn lehnte und meine Hand mit einem kräftigen Ruck aus seiner befreite.

„Steig ein!“

„Nein! Erst, wenn du mir die komplette Wahrheit gesagt hast“, erwiderte ich aufgebracht. Über meinen strengen Ton war selbst ich überrascht. Nate sah sich in der dunklen Gasse um, ehe er mich mit seinem Blick fixierte.

„Das werde ich, aber nicht hier“, meinte er voller Zorn. „Also steig jetzt ein!“

Yonathan richtete seine Hand, in der die Waffe war, auf die geöffnete Autotür, weshalb ich diese kurz und dann ihn mit gehobenen Augenbrauen ansah. Ich kreuzte meine Arme vor der Brust, was ihn signalisieren sollte, dass ich nicht nachgeben würde. Auch er sah dann auf die gehobene Waffe, ehe er seufzte, sie sinken ließ und sich diese an seinen hinteren Hosenbund klemmte.

„Schön, dann eben hier!“, knurrte er und fuhr sich mit den Händen über sein angespanntes Gesicht, ehe er sich noch einmal umsah.

„Keine Ahnung wo ich anfangen soll“, meinte er nach einer Ewigkeit der Stille. Meine Wut stieg erneut, da es mir vorkam, als versuchte er drumherum zu reden.

„Am besten am Anfang“, gab ich im zickigen Ton von mir. „Oder erkläre mir doch mal, wieso du mich beinahe an irgendwelche Russen verkauft hättest!“

„Ich- … denkst du wirklich, ich hätte dich einfach so verkauft? Ich will dich die ganze Zeit schützen!“, fuhr er mich lautstark an.

„Sehr heldenhaft von dir mich zu Menschenhändler zu bringen und denen meine Papiere zu geben!“, schrie ich zurück. Ich war kurz davor innerlich zu platzen und wenn Yonathan mir nicht auf der Stelle die Wahrheit sagen würde, garantierte ich für nichts mehr.

„Ich musste ihnen eine Absicherung geben. Wenn ich mich nicht an die Vereinbarung halte, bekommt er dich. Aber es wird das letzte sein, was ich zulassen werde. Vertrau mir einfach.“

„Dir vertrauen?“, schrie ich mit einem hysterischen Lachen, während ich verzweifelt einige Schritte hin und her trat. „Ich habe dir blind vertraut! Du warst die einzige Person auf dieser Welt, der ich bis zu dem Rest meines Lebens vertraut hätte, aber man sieht ja, wohin einen das bringt!“

Ich war zur Hälfte, wie ein Vieh an diesen schmierigen Russen verkauft worden, aus Gründen, die Yonathan mir verschwieg.

Innerlich war ich so enttäuscht von ihm, dass ich glaubte, ich könnte ihn nie wieder trauen. Aber doch war da dieser Teil in mir, der sich einfach an seinen Körper schmiegen wollte und sich nach dem Halt sehnte, welcher Yonathan mir sonst immer gab.

Lost KingWhere stories live. Discover now