Kapitel 29

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Ich saß im Pyjama auf dem Bett, im Zimmer von Max und mir. Ich starrte auf den Boden. Der Tag, an dem die Welt fast untergegangen war, war nun 6 Tage her. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es mir gut ging. Trotz der Liebe, die ich von Max bekam. Immerhin hatte ich vor 3 Tagen erfahren, dass Hopper lebte.

Mittlerweile begann ich zu realisieren, dass ich meinen Bruder wirklich nie wieder sehen würde. Das wusste ich zwar vorher schon, aber es fing gerade erst an, mir richtig klar zu werden. Der emotionale Schmerz den ich fühlte war unbeschreiblich. Es war, als hätte jemand mein Herz aus meinem Körper gerissen.

Ich vermisste Eddie so sehr.

Onkel Wayne und ich hatten angefangen, uns immer mehr zu streiten. Es waren immer irgendwelche unnötigen Gründe, gestern meinte er beispielsweise, ich würde zu krumm gehen. Er ging mit Trauer echt nicht gut um. Dieser Streit taten mir mental alles andere als gut.

Doch wir hatten auch noch andere Probleme. Jetzt, da Will bestätigt hatte dass Vecna noch lebte, war es nur eine Frage der Zeit bis er wieder angreifen würde. Ich hoffte inständig, dass seine Verletzungen stark genug waren, um ihn eine Weile aufzuhalten. In dieser Zeit konnten wir einen Plan aushecken, um ihn wirklich zu töten.

Max kam im Schlafanzug in unser Zimmer. "Wie geht's dir?" fragte sie mich vorsichtig. Es ging mir schrecklich.

"Geht so." antwortete ich, ohne meinen Blick vom Boden abzuwenden. Max kam zu mir und küsste meine Stirn, was mich zum Lächeln brachte. Sie hielt mir ein paar Bücher vors Gesicht. "Welches wollen wir lesen?" fragte sie mich.

Ich überlegte kurz bevor ich Der Friedhof der Kuscheltiere an mich nahm. "Das klingt interessant." meinte ich.

Max schlüpfte zu mir ins Bett und schlug das Buch auf. Ich legte meinen Kopf auf ihre Schulter und schloss entspannt die Augen. Ich schlief ein ohne zu erfahren, ob Louis seinen Sohn gerettet hatte.

Am nächsten Morgen wurde ich schon ziemlich früh wach. Die Sonne war noch kaum aufgegangen. Ich richtete mich im Bett auf und sah zu Max, die noch tief und fest schlief. Sie schnarchte sogar ein wenig, was mich zum kichern brachte. Ich kletterte aus dem Bett und tapste leise auf die Veranda.

Meine Haare wehten in der leichten Brise, als ich mich auf den Stuhl auf der Veranda setzte. Außer mir schien noch keiner wach zu sein, zumindest sah ich kein Licht in den anderen Trailern. Es waren Momente wie diese, die mir irgendwie gut taten. Ich war allein mit meinen Gedanken und konnte mich entspannen. Und seit einigen Tagen fing ich auch genau in diesen Momenten oft an zu weinen.

So auch jetzt. Ich vermisste Eddie einfach wie wahnsinnig. Ich hatte eine klaffende Wunde in mir und ich hatte keine Ahnung, wie oder ob ich diese jemals heilen konnte. Mein Bruder war mir einfach zu wichtig. Ich fühlte mich noch hilfloser als damals, bei Mamas Tod. Schließlich war ich da erst 4 gewesen.

Jetzt, 11 Jahre später, konnte ich die ganze Situation viel besser überblicken.

Ich begann, leise zu schluchzen. "Ich vermisse dich Eddie." murmelte ich dabei immer wieder. Nach einer Weile wischt ich meine Tränen weg, stand auf und ging wieder in die Wohnung. Auf dem Weg ins Bad kam Max mir entgegen.

"Wo warst du?" wollte sie wissen. "Hab den Sonnenaufgang beobachtet." antwortete ich. "Wollen wir später ein wenig spazieren gehen?" fragte Max. "Klingt toll." antwortete ich lächelnd und ging in unser Zimmer, um mir Klamotten zu holen. Vor 2 Tagen war ich mit Max in meinen zum größten Teil zerstörten Trailer gegangen, um zu gucken, ob noch etwas von meinen Habseligkeiten zu retten war.

Wir hatten es geschafft, einige Anziesachen und meinen Walkman mit einigen Kassetten zu holen, das meiste andere war kaputt gegangen. Morgen wollten wir in die Mall fahren, um mir mehr Klamotten zu holen.

Ich ging los ins Bad und zog mich um. Danach kämmte ich meine Haare und putzte meine Zähne, bevor Max' Mutter uns zum Frühstück rief. Ich hatte in letzter Zeit so wenig gegessen, dass ich bereits 2 Kilo abgenommen habe. Ich konnte einfach nicht sehr viel essen. Der Schmerz hatte sich auf meinen Magen gelegt.

Ich ging ins Wohnzimmer und setzte  mich neben Max auf das Sofa. Onkel Wayne, der auf dem Sessel neben dem Sofa saß und auf Fernseher starrte, würdigte ich keines Blickes. Ich war einfach zu sauer auf ihn.

Max war vor mir mit dem Frühstück fertig und ging wieder in unser Zimmer. Gerade als ich ebenfalls aufstand, fing Onkel Wayne an zu reden. "Würdest du beim nächsten Mal nicht so laut kauen, könnte ich die Nachrichten auch verstehen." warf er mir vor.

Ich stöhnte genervt auf. "Würdest du mal aufhören, ständig an mir rum zu meckern, hätten wir jetzt keinen Streit!" rief ich und rannte sauer in mein Zimmer.

"Wir gehen jetzt schon los spazieren." beschloss ich. "Hm?" machte Max verwundert.

"Wir gehen jetzt schon los spazieren!" wiederholte ich und schlüpfte so schnell ich konnte in meine Schuhe.

The freak and the lonerWhere stories live. Discover now