Kapitel 29

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Liam

,,Tu es nicht, Tim", finde ich meine Stimme wieder, als er die Waffe noch immer auf mich richtet. ,,Ich muss Emma hier raus bringen, denn sie braucht Hilfe", versuche ich ihm klar zu machen und sein Blick, der so voller Wut ist, richtet sich nun auf Emma, die in meinen Armen liegt.

Trauer zeichnet sich in seinem Gesicht ab und er beginnt immer heftiger zu zittern, weshalb ich befürchte, dass er jeden Moment versehentlich schießen wird.

,,Ich wollte das nicht", bringt er schluchzten heraus, während er die Waffe noch immer auf mich richtet und Emma dabei aufgelöst ansieht. ,, Ich wollte sie nicht verletzten, denn das hat sie nicht verdient. Ich habe sie einfach nicht gesehen."

Aufgrund seines Geständnisses traue ich mich, einen Schritt näher auf ihn zuzugehen und ihn eindringlich anzusehen, denn ich
weiß, dass Emma ihm etwas bedeutet, weshalb ich das ausnutzen muss.

,,Ich weiß", rede ich daher vorsichtig auf ihn ein und versuche nicht zu den Leichen meiner Mitschüler zu sehen, die im Flur  liegen. Ich versuche meinen Zorn auf Tim und meine Trauer in diesem Moment nicht an mich ran zu lassen, da ich die Kontrolle nicht verlieren darf. Denn ich muss jetzt stark sein und versuchen, ihn dazu zu bringen, mich Emma nach draußen bringen zu lassen. ,,Du wolltest sie nicht verletzten aber sie wird sterben, wenn du mich jetzt nicht durchlässt. Denn sie hat zu viel Blut verloren und braucht schnell einen Arzt. Bitte lass uns daher gehen und rette ihr somit das Leben", bitte ich ihn angespannt und habe keine Angst davor, durch seine Waffe zu sterben, sondern dass Emma dann ebenfalls sterben wird. ,,Bitte, Tim", versuche ich es daher noch einmal, woraufhin er schließlich mit zitterndern Händen die Waffe sinken lässt.

,,Rette sie", bittet er mich niedergeschlagen, bevor er mit gesenktem Blick in die Bibliothek zurück läuft. Daher zögere ich keine Sekunde länger und renne mit Emma in meinen Armen auf den Ausgang zu. Doch kurz bevor ich diesen erreicht habe, kommt mein Vater genau durch diese Tür gerannt, weshalb wir erleichtert vor einander stehen bleiben.

,,Gott sei Dank. Ich habe mir solche Sorgen gemacht, Liam", gesteht er mir, doch als sein Blick auf Emma fällt, weiten sich seine Augen geschockt und er fragt mich erschüttert, was passiert ist.

,,Sie wurde getroffen und hat eine Menge Blut verloren. Ich habe Angst, dass sie stirbt, Dad", teile ich ihm aufgelöst mit, weshalb er mir aufmunternd eine Hand auf die Schulter legt und mich dazu bringt, ihn anzusehen.

,,Sie wird es schaffen, Liam. Da bin ich mir ganz sicher, denn du hast ihr mit dem Druckverband schon sehr geholfen", versichert er mir. ,,Draußen wird sich sofort ein Arzt um sie kümmern."

Seine Hand liegt immer noch auf meiner Schulter als er mich eindringlich ansieht.

,,Ich bin so stolz auf dich, Liam. Das solltest du wissen", lässt er es wie einen Abschied klingen, weshalb ich ihn verunsichert ansehe.

,,Wohin gehst du ?", frage ich ihn nun beunruhigt, da er sich bereits in Richtung der Bibliothek wendet. Doch aufgrund meiner Worte dreht er sich noch einmal zu mir um.

,,Ich muss ihn zur Vernunft bringen und das Ganze hier beenden. Es ist meine Schuld das es soweit gekommen ist. Ich hätte früher handeln und das Mobbing beenden müssen", klärt er mich niedergeschlagen auf, weshalb ich ihn fassungslos ansehe.

,,Nein, Dad! Komm jetzt bitte mit raus, denn du kannst nichts tun", versuche ich ihn  davon abzuhalten, da gerade niemand Tim helfen kann und er sich somit nur in Gefahr begibt, wenn er diesen Raum betritt.

,, Tut mir leid, Liam. Aber ich muss das tun. Bitte bring dich und Emma in Sicherheit", bittet er mich, bevor er auf die Bibliothek zuläuft, doch ich halte ihn auf, in dem ich wieder näher auf ihn zugehe. Er dreht sich daher noch einmal zu mir um und ich möchte ihm sagen, wie leid es mir tut, ihn all die Monate verachtet zu haben. Dass er mir noch immer etwas bedeutet, doch ich bringe die Worte einfach nicht heraus, da es für mich wie ein Abschied klingt und ich bin nicht bereit mich von ihm zu verabschieden, weshalb mir die Worte im Hals stecken bleiben.

Doch ein Lächeln erscheint auf den Lippen meines Vaters und er sieht mich aufmunternd an, so als wüsste er, was ich sagen wollte. ,,Ich weiß, Liam. Ich habe dich immer geliebt und werde nie damit aufhören."

Mit diesen Worten verschwindet er  endgültig in der Bibliothek und die Angst um ihn raubt mir gerade den Atem.

Doch ich kann nicht weiter versuchen, ihn von seinem Vorhaben abzubringen, da ich Emma helfen muss, die noch immer bewusstlos in meinen Armen liegt. Ich darf sie einfach nicht verlieren, weshalb ich sie  nach draußen bringe, wo sofort mehrere Polizisten mit gezückten Waffen auf mich zu stürmen. Doch als sie Emma in meinen Armen liegen sehen, rufen sie zwei Sanitäter herbei, die aus einer Schülermenge zu mir rennen und mir Emma vorsichtig aus den Armen nehmen. Sie auf eine Trage legen und beginnen ihre Wunde zu versorgen. Als sie Emma in einen Krankenwagen schieben, bin ich gezwungen, ihre Hand loszulassen und kann ihr nur aufgelöst hinterhersehen. Die Angst, sie nun nie wieder zu sehen, zerreißt mein Herz in tausend Stücke und lässt alles weitere wie in Zeitlupe erscheinen.  

Denn ich nehme die Polizisten kaum noch wahr, die mich nach Waffen abtasten und mich schließlich zu den restlichen Schülern hinter das Absperrband bringen. Ich nehme auch Nick kaum wahr, der auf mich zurennt und mich in eine Umarmung zieht. Ich stehe zu sehr unter Schock, um diese zu erwidern, da ich nur an Emma und meinen Dad denken kann.

Aus diesem Grund tragen mich meine Beine wie von selbst wieder Richtung Schule zurück, da ich meinem Dad einfach helfen muss. Ich löse mich daher von Nick und renne wie in Trance über das Absperrband. Renne auf die Schule zu und achte dabei nicht auf die Polizisten, die mir mit gezückten Waffen androhen, stehen zu bleiben. Ich kehre erst wieder in das hier und jetzt zurück, als ich zu Boden geworfen werde.

,,Du kannst da nicht mehr rein, Liam!", schreit Nick mich fassungslos an, während er meinen Körper ins Gras drückt, sodass ich nicht entkommen kann.

,,Ich muss ihm aber helfen!", fahre ich ihn an und versuche, mich aus seinem Griff zu befreien, doch er lässt mich nicht los. Stattdessen hält er mich mit aller Kraft fest, als die Schule plötzlich von einer gewaltigen Explosion erschüttert wird. Eine Explosion, die die Fenster der Bibliothek zerspringen lässt, weshalb ich nicht anderes tun kann, als ein letztes Mal aufgelöst nach meinem Vater zu schreien.

I need you to save meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt