83| Zweite Runde

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Don't Blame Me
Taylor Swift

Silas

Ich fand Gabriel in der Umkleide. „Was ist dein verficktes Problem?!", schrie ich, das Blut tropfte immer noch von meiner Nase. Ich war in einem beschissenen Lageraum aufgewacht, in dem man die bewusstlosen Verlierer brachte. Ich hatte mich innerhalb von Sekunden an dem Junkie vorbeigedrückt, der hier als Erst-Helfer tätig war und hatte diesen Drecksack ausfindig gemacht. Er sah mich nicht kommen, erwartete wahrscheinlich nicht, dass ich mich gleich wieder aufraffen würde können. Aber da hatte er mich unterschätzt. Auch wenn mein Körper mächtig protestierte, war ich dennoch lebendiger denn je.

Lebendig und voll mit unbändigem Zorn.

Gabriel riss überrascht die Augen auf, während ich meinen Unterarm gegen seinen Hals drückte, ihn gegen die Wand presste. „Du hasst mich! Ich habs kapiert!", brüllte ich weiter, merke gar nicht den seltsamen Blick, mit dem er mich anstarrte. Ich war außer mir. Er konnte mich verachten so viel er wollte, aber meine Familie da mit reinzuziehen? Das ging zu weit! Ich hatte keine Ahnung, warum diese Psycho so viel über mich wusste! Oder warum! Aber er würde dafür büßen! „Warum? Warum kannst du mich nicht einfach in Frieden leben lassen, huh?! Ich hab dir nie etwas getan!"

Gabe stieß mich verächtlich von sich, nur um sich mir kurz darauf wieder aufzudrängen. „Du willst also wissen, warum ich dich hasse?", spuckte er mir praktisch ins Gesicht. Ich bereite die Arme aus, forderte ihn auf alles raus zulassen: „Ich bitte darum!" Er schnaubte verächtlich, „Du weißt es also echt nicht?"
„Kein Plan, Arschloch!"

„Ich hasse dich, weil du mir mein Leben seit der fünften Klasse zur Hölle machst!", zischte er und ich verzog verwirrt das Gesicht. Ich hab ihn zum ersten Mal in der sechsten Klasse wirklich wahrgenommen, und das nur, weil dieser Freak plötzlich im Studio aufgetaucht war, besessen davon, mich zu besiegen. „Du bist mir egal, Montgomery. Wie soll ich dir das Leben zur Hölle machen, wenn ich kaum ein Wort mit dir gewechselt habe?", fragte ich und schubste ihn ein Stück zurück, als ich merkte wie nah er mir gekommen war. Gabe legte den Kopf in den Nacken, lachte kalt, als hätte ich einen dummen Witz gemacht. Als wäre die Antwort offensichtlich, und nur ich würde es nicht verstehen.

„Ah... du arroganter Bastard.", fluchte er und fuhr sich über die Stirn. „Du willst mir doch nicht weiß machen, dass du nichts davon mitbekommen hast?" Ich sah ihn stumm an, knirschte mit den Zähen. Ich hatte keine Ahnung von was er redete. Gabe schnalzte mit der Zunge, „Ich fass es nicht." Wut flammte in seinen Blick auf und im nächsten Moment donnerte er mich gegen die Wand, drückte mich mit seinem Ellbogen gegen den Putz, so wie ich es vor wenigen Augenblicken mit ihm gemacht hatte. Sein Gesicht war eine fassungslose Fratze wenige Zentimeter von meinem entfernt.

„Du," begann er und schien nach Worten zu ringen. „Du hast mir alles genommen. Du bist aufgetaucht und musstest ja unbedingt dieser ... dieser beschissene Mr. Perfekt sein!" Ich verzog das Gesicht. Er hasste mich ... Er hasste mich nur deswegen? Deswegen diese ganze Scheiße? „Mein Leben war perfekt, bis alle nur noch von dem Neuen geredet haben! Von dir! Du warst in allem besser - bei Noten, bei Mädchen oder im beschissenen Ring! Und natürlich musstest du auch noch so ungemein arrogant deswegen sein!" Sein Griff wurde stärker, aber Gabe hatte seine Wirkung verloren. Den Schauer den er mir vorhin über den Rücken gejagt hatte, war nun einfach nur albern. Er war erbärmlich. „Du hast es nicht ertragen, dass du nicht der Beste sein konntest und bist deswegen ein Arschloch geworden?", fragte ich.

Gabe stieß einen wütenden Laut aus, packte mein Shirt. „Ich wollte dich herausfordern. Dein Konkurrent werden und allen beweisen, dass du nicht mehr bist, als ein Hochstapler mit einem hübschen Gesicht! Aber du...", er zog mich vor, nur um mich erneut gegen die Wand zu schleudern. „Du hast nichtmal in meine Richtung gesehen. Ich war es in deinen Augen nicht mal Wert dein Feind zu sein!", presste er zwischen seinen Zähnen hervor.

Ich sah ihn fassungslos an. Der Typ hatte echt Probleme.

Ich schnaubte, packte seine Hand und zerrte sie von meinem Shirt weg. Wollte nicht, dass er mich berührte. „Shit, Man", scherzte ich, weil diese ganze Situation viel zu absurd war. „Hast du etwa Gefühle für mich, oder so was?" Gabriel wich von mir zurück, als hätte er sich an mir verbrannt. Sein Gesicht eine ganze Spur bleicher. Huh? „Fresse, du verdammte Schwuchtel!", keifte er plötzlich seltsam unruhig. Ich stieß mich von der Wand ab, ging auf ihn zu. Warte mal einen Moment! Gabe fuhr sich durch seine rotblonden Haare, versuchte wahrscheinlich damit sein Zittern zu überspielen. Doch ich sah es. Ich konnte nicht anders als aufzulachen- schockiert, amüsiert, irgendeine Emotion lockte mir einen ungläubigen Laut aus der Kehle. „Verdammte Scheiße.", murmelte ich und sein Blick flirrte an mir vorbei. Mied mich.

Hatte ich etwa gerade ins Schwarze getroffen? Nein, das konnte nicht sein. Dennoch...

„Du hast dich also in mich verknallt und weil du damit nich klar gekommen bist, musste ich darunter leiden?" Ich ging weiter auf ihn zu. Gabe verzog angeekelt das Gesicht. „Hörst du eigentlich, was du da redest, Green? Ich weiß von dir und Elijah! Versuch nicht deine perversen Gedanken auf mich zu projizieren!" Ich blieb stehen. Hatte Teddy ihm schließlich doch von uns erzählt? Vor kurzem hatte er noch darauf bestanden, es vor Gabriel Geheim zu halten. Vielleicht war Gabe deswegen so angepisst? Aber das tat jetzt nichts zur Sache. Ich sah wie er langsam immer weiter auf die Klippe zur Panik zu ging und ich wollte ihn springen sehen. Dass hier war einfach zu gut!

Es brachte ihn zur Weißglut.

„Hast du deswegen ständig versucht mich zu provozieren? Damit ich in deine Richtung sehe und deinem Narzissmus irgendwann verfalle?", zog ich ihn weiter auf. Gabe wurde knall rot. Oh shit, hatte ich etwa Recht damit? „Halte deine verdammte Fresse, Silas! Oder ich-"
„Oder du was?", lachte ich verächtlich. „Was willst du tun, Gabby? Mich küssen?" , höhnte ich und entschied mich einen Schritt weiter zu gehen. Er schien zu erstarren, starrte mich an. „Du bist doch krank!" Ich war noch nicht fertig. „Bist du deswegen so scharf darauf gewesen, mich zu verprügeln? Hat der Gedanke dich fertig gemacht, dass ich mit deinem Bruder zusammen bin und nicht mi-"

Gabriel verlor die Beherrschung. Er stürmte auf mich zu und ich wappnete mich auf seinen Schlag, bereit ihn zu erwidern. Ich war bereit für die zweite Runde, bereit ihn für seine Worte, für all die Scheiße der letzen Jahre, ein für alle mal in den Arsch zu treten. Diesmal war ich es der grinste, als Gabe mich packte erneut nach hinten schleuderte, bis der widerstand der Wand mir die Luft aus den Lungen drückte. Ich starrte ihn herausfordernd an, ließ ihm den Vorrang. Gewährte ihm den ersten Schlag. Sein Gesicht war verzerrt, seine Augen voller Rage. Ich genoss jeden Augenblick seines brutalen Hasses. „Komm schon, Montgomery. Zeig mir was du drauf hast."

Gabriel holte tief Luft und ich wappnete mich für den Schmerz, wappnete mich auf seine Faust. Doch das was dann folgte, warf mich mehr aus der Bahn als jeder Schlag je könnte. Statt mich zu verprügeln, so wie ich es erwartet - geplant - hatte, tat Gabriel etwas anderes.

Er küsste mich. Er packte mein Shirt und presste seine Lippen auf meine.

What the fuck?!

Bad Impression Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt