29| Ein gewöhnlicher Sonntagmorgen

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Silas

Die Sonnenstrahlen kitzelten meine Haut, als ich mich tiefer in mein Kissen kuschelte. Egal wie spät es war, es war definitiv noch zu früh zum aufstehen. Ich spürte bereits das Brummen in meinem Schädel, das Schmerzen meiner Knochen und die Bilder von letzter Nacht kamen schleichend zu mir zurück. Ich seufzte tief. Es war ein guter Kampf gewesen, alles lief ziemlich glatt, biss auf- Ich riss entsetzt die Augen auf und erstarrte. Teddy.

Ich hatte mich schon gewundert, warum es heute Morgen so warm war, aber das lag wahrscheinlich an dem jungen Mann, der in meinen Armen lag. Mein Kopf war praktisch vergraben in seiner Halsbeuge, während unsere Beine umständlich mit einander verheddert schienen. Shit. Ich muss auf der Couch eingeschlafen sein und hatte ihn mir ihm Schlaf wahrscheinlich geschnappt, als wäre Teddy ein echtes Plüschtier. Vorsichtig rutschte ich ein Stück von ihm zurück und sah zu ihm auf. Er lag mir zugewandt, seine Hände immer noch auf meiner Brust, in der es gerade mächtig klopfte. Ich stieß stockend die Luft aus, als ich ihn beobachtete. Seine sonst so angespannten Züge waren nun weich und seine haselnussbraunen Haare bekamen durch die Sonne- die durch die Vorhänge der Wohnzimmerfenster hindurch spähte- einen goldenen Schimmer. Ich hob sachte meinen Arm, den ich im Schlaf um ihn gelegt hatte, und strich ihm ein paar Strähnen aus der Stirn.

Ich fand Teddy immer niedlich, mit seinem Blick, der töten konnte und dem ständigen Augenrollen. Wie ein Tier, das zwar putzig war, einen aber bis auf die Knochen zerfleischte, wenn man ihm zu Nahe kam. Und dann noch seine riesigen Pullovern und die Kopfhörer, die er immer um seinen Hals hängen hatte. Aber heute morgen... Die Wimpern die fast seine Wangen berührten, den kleinen Schönheitsfleckes an seiner Schläfe. Ich schluckte schwer. Teddy war wunderschön.

Erschrocken über meine eigenen Gedanken, zog ich meine Hand zurück, richtete mich auf, vorsichtig, sodass ich ihn nicht aufweckte. Vor sich hin grummelnd, rollte er auf den Rücken und schlief einfach weiter, während ich mich befreit hatte und mit einem guten Stück Abstand, auf der Couch hockte. Meinen Kopf in meinen Händen vergraben. Ich spähte erneut kurz zu ihm hinüber, sah, wie er seine Hände unter seine Wange gezogen hatte, sie als Kissen benutzte. Seine Lippen einen Spalt offen, während er-

Ruckartig stand ich auf, wandte mich ab. Ich brauchte eine Dusche. Ja, genau. Eine eiskalte Dusche. Die würde mich schon wieder zu klarem Verstand bringen.

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Elijah

Verschlafen blinzelte ich an eine Decke, die ich nicht kannte. Ich brauchte ein paar Momente, bevor ich mich daran erinnerte, wo ich überhaupt war. War ich tatsächlich noch eingeschlafen? Nicht nur das, ich hatte seit langem mal wieder richtig gut geschlafen. Und das auch noch auf einem fremden Sofa. Ächzend setzte ich mich auf, rieb mir den Schlag aus den Augen und sah mich um. Keine Spur von Silas. Wo zur Hölle...?

Ich war allein im Wohnzimmer. Eine Weile saß ich nur auf dem Sofa, genoss die Sonne, die auf mich hinab fiel, und spürte wie ich langsam wach wurde. Seufzend zog ich mein Handy aus meiner Hosentasche. Ich wollte nicht die ganze Nacht weg bleiben, aber ich bezweifelte, dass es jemand bemerkt hatte, zudem war ich erwachsen und- 5 verpasste Anrufe von Gwen, sowie 12 sehr wütend klingende Nachrichten. Oh.

Natürlich, sie wusste ja an welcher Art von Ort ich war. Ich schrieb ihr schnell, dass ich noch lebte und noch all meine Organe habe, bevor ich es wieder weg steckte. Ich schüttelte mein schlechtes Gewissen ab und stand langsam auf. Die Diele war nur ein paar Schritte entfernt und ich erkannte meine Schuhe, die ich in der Nacht zuvor unordentlich in die Ecke gestellt hatte. Sollte ich einfach gehen?

Unsicher stand ich in dem Raum und sah mich um, als mein Magen, wie um meine Entscheidung zu beeinflussen, knurrte. Ich sah Richtung Küche und debattierte kurz mit mir selbst. Silas hat mich gestern ziemlich angebrüllt, als Entschädigung kann ich mir jetzt auch was zum Frühstück klauen.

Ich sah mich kurz in dem hellen Raum um, bevor ich zum Kühlschrank huschte, ihn öffnete. Mit Tageslicht sah der Raum plötzlich ganz anders aus. Die Kühle schlug mir entgegen, genauso wie die Erinnerungen vom nächtlichen Gespräch mit Sadie. Ein Freund, also. Ich schloss den Kühlschrank wieder und entdeckte stattdessen die Obstschale, welche einladend daneben stand. Grinsend griff ich nach einem Apfel, als - „Und wer zur Hölle bist du?"- ich sie geradewegs wieder fallen lies.

Das Obst kullerte auf den Boden, während ich erschrocken herum wirbelte. Im Eingang zur Küche stand ein fremder Mann, der mich betrachtete, als hätte ich gerade seinen Hund getreten. Mein Blick huschte hinab zu seiner Uniform, weiter zu der Waffe, die an seiner Seite hing, zurück in sein Gesicht. Ein Cop? Nein, ein sehr grimmiger Cop. Was zum Teufel? „Ich hab dich was gefragt.", meinte er klar und seine tiefe Stimme lies mich ängstlich zurück weichen. Aus Reflex hob ich meine Hände, starrte ihn entsetzt an. Würde ich jetzt verhaftet? Es war doch nur ein Apfel.

Der Mann runzelte, fast schon verwirrt, die Stirn, und trank einen Schluck aus seiner Tasse - einer World-Best-Dad-Tasse. Langsam wurde es absurd. Er betrat den Raum kam auf mich zu, ohne mich aus den Augen zu lassen. Fuck, ich war erledigt. Ich war noch zu jung für den Knast, ich- „Dein Name.", forderte er erneut und sein Blink wurde finster. Wie ein Reh im Scheinwerferlicht stand ich in der Ecke der Küche, meine Hände immer noch in der Luft. Der Cop fuhr sich über seinen Bart, bevor er erneut ansetzten wollte. Doch diesmal unterbrach ihn eine gut gelaunte Stimme.

„Hm, ist noch Kaffee übrig? Ich würde jetzt für eine Tasse töt-", ein Mann schob sich an dem Polizisten vorbei und trat zu uns in den Raum, betrat die Küche, bevor er verwirrt stehen blieb, zwischen uns hin und her blickte. Meine Augen weiteten sich, als ich den Mann von dem Tattoo Studio identifizierte. Ja, es war ganz eindeutig der selbe Mann, der mich damals auch zu Sy gebracht hatte! Die selben blauen Haare und die Tattoos, die ich damals schon so faszinierend fand. Der Mann - wie war noch sein Name?- sah mich fragend an, und durch meinen Kopf rasten tausende Fragen. Warum war er hier? Warum war ich hier? Und warum sah der Polizist so aus, als wolle er mir den Hals umdrehen?

„Accipicchia!", lachte der Mann und sah anklagend zu dem Polizisten. „Hast du den armen Jungen etwa bedroht?" Ein belustigtes Schnauben. Ich fand es nicht lustig. „Er sieht aus als hätte er Todesangst! Per l'amor del cielo!" Der Polizist deutete auf mich, sein Blick noch eine Spur finsterer, wenn dass überhaupt noch möglich war. Als wäre ich schuld, dass der Mann ihn tadelte. „Ich hab ihn lediglich gefragt, wer er ist!" (Übersetzung: Meine Güte, Grundgütiger)

Sein Blick legte sich wieder auf mich und ich erschauderte unter der Kälte. „Schließlich kommt es nicht jeden Tag vor, dass ein Fremder an einem Sonntag Morgen in unserer Küche steht." Der andere Mann, immer noch vor sich hin lachend, trat an den Polizisten heran und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. „Das ist kein Fremder, du Blitzmerker. Das ist Elijah. Er gehört zu Silas.", klärte er auf und löste sich wieder von ihm. Doch statt die Situation geklärt zu haben, erschien auf der Stirn des Polizisten eine tiefe Falte, die nichts Gutes bedeuten konnte. „Zu Silas?" Oh oh.

Der Mann mit den blauen Haaren trat an mich heran, sah verwirrt zu dem Apfel  hinab, bevor er ihn aufhob und mir reichte. „Du hast da was fallen lassen, Kleiner." Stumm nahm ich sie entgegen und der Mann vor mir grinste breit und strahlend, so als wäre meine Anwesenheit etwas besonderes, oder so ähnlich. Der Polizist musterte mich immer noch, als würde er debattieren, mich tatsächlich zu verhaften. Perplex sah ich zwischen den beiden hin und her.

„Lust auf Frühstück?"

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