25| Am falschen Ort

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Elijah

Shit, Shit, Shit. Ich knallte immer wieder gegen Zuschauer, als ich versuchte mir meinen Weg durch die Menge zu bahnen. Ich habe schon sehr viel dumme Sachen gemacht, aber mitten in der Nacht zu einem illegalem Straßenkampf zu gehen, um einen Jungen zu stalken, war definitiv unter den Top 5. Ich zerrte an meiner Kapuze, versuchte so endgültig in den Leuten unterzugehen, während ich den Ausgang ansteuerte.

Silas hatte mich gesehen. Und er schien nicht sehr begeistert von meiner Anwesenheit zu sein. Deswegen wollte ich hier raus sein, bevor er auf die dämliche Idee kam mich zu finden. Denn am Montag, wenn er mich abholen würde, könnte ich einfach alles leugnen. Ich? Beim Kampf? Nein, das musst du dir eingebildet haben. Frustriert quetschte ich mich an zwei Leuten vorbei, die anscheinend über die nächsten Teilnehmer spekulierten. „... drei Mal gewonnen!" „Ja und dabei drei Zähne verloren. Ich investiere lieber..." Unsanft drückte ich mich vorbei.

Mein Herz raste, als ich bereits die Tür zum Flur erspähte, durch die ich entkommen würde. Ich spürte, wie es gleich mehrere Grad kühler wurde und ich wieder durchatmen konnte, als ich die Halle verließ. Scheiße, waren das viele Menschen gewesen. Ich warf einen Blick über die Schulter, erkannte aber kein bekanntes Gesicht. Erleichtert fuhr ich mir über den Kiefer. Wahrscheinlich war er zu beschäftigt damit, gerade irgendwo seinen Sieg zu feiern, anstatt mich-

Ruckartig wurde ich nach hinten gerissen und in einen angrenzenden Raum geschleift. Röchelnd wirbelte ich herum und sah die Person, die gerade wutentbrannt meine Kapuze geschnappt hatte und mich damit praktisch entführte. Ah... Shit. Silas zog mich in einen Raum, der an den Flur angrenzte und donnerte die Tür zu, sodass ich zusammenzuckte. Bevor ich realisierte, wo ich mich befand, wurde ich unsanft gegen eine Reihe von Spinden gedrückt. „Ist das dein beschissener Ernst?" Oh, Silas war außer sich.

Seine Arme stemmten an den Spinden neben meinem Kopf, hatten mich eingekesselt, während er schweratmend auf mich hinab sah. Sein Gesicht zierte ein mächtiger Bluterguss und aus seiner Nase lief immer noch Blut. Er hatte sich nicht verarztet, er war geradewegs- Mein Blick huschte zu seinem nackten Oberköper, bevor ich mich zwang ihm wieder in die blitzenden Augen zu sehen. Jap, definitiv, ich war ja so was von fällig. „Bist du verrückt geworden, oder warst du schon immer so abgrundtief dumm?", fauchte er und ich verzog die Stirn.

Ich hatte Silas noch nie wütend gesehen. Noch nie so ... außer sich. Er stieß sich ab und ging ein paar Schritte auf und ab, fuhr sich über das Gesicht, wie um sich zu sammeln. Ich nutzte die Chance um mich umzusehen. Spinde, ein paar Sitzbänke - es sah hier aus wie in einer provisorischen Sportumkleide. „Hat Gabe dich hier her geschleppt?", fragte er und blieb wieder vor mir stehen. „War er es?" Ich schüttelte den Kopf und sein Blick wurde noch eine Spur düsterer. „Das heißt du bist alleine hier?" Wütend stieß ich mich von dem Spind weg, ging ein paar Schritte in den Raum. Ich verstand, dass er nicht wollte, dass jemand ihn bei seinem Kampf sah, aber er verhielt sich als wäre ich ein naives Kind! „Ich bin erwachsen, Sy! Ich bin-"
„Du solltest nicht hier sein! Hast du eine Ahnung, in was für eine Gefahr du dich begeben hast?", unterbrach er mich forsch und kam ebenfalls ein paar Schritte auf mich zu. „Du bist auch hier!", verteidigte ich mich wütend, und spürte wie die Angst der vergangen Minuten meinen Körper verließ. Ich war erleichtert, wäre da nicht dieser angepisste Typ vor mir.

„Ja, aber ich weiß, wie ich mich verteidigen kann!", brüllte er und ich wich zurück. „Gott verddammt noch mal, Teddy! Hast du jemals in deinem Leben jemanden eine verpasst? Shit, du rennst ja noch nicht mal in Sport, was wenn du verfolgt wirst, oder - Fuck! Du kannst ja noch nicht mal um Hilfe schreien, du-", seine Stimme wurde dünn, brach ab. Silas wandte sich ab, atmete zittrig aus. Meine Augen weiteten sich. Ich verstand. Er war nicht sauer, er war besorgt.

„Dir hätte sonst was passieren können! Ist dir das eigentlich klar? Das hier ist kein Ort für dich, okay!", fauchte er und ging wieder auf mich zu, diesmal blieb er erst stehen, als er direkt vor mir war. Der Geruch von Blut füllte meine Nase.„Diese Leute hier sind gefährlich! Gottverdammte Scheiße! Du hast ja keine Ahnung! Ein falsches Wort, eine falsche Entscheidung und du hast schneller ne' Kugel im Bauch, als du-", sein Gesicht verzerrte sich schmerzhaft und er drückte sich die Handballen gegen die Augen. „Fuck."

Seine Brust hob und senkte sich ein paar Mal, bevor er seine Hände wieder von seinem Gesicht nahm. Seine Worte klangen so sicher, als hätte er es bereits erlebt. „Warum bist du hier? Sag mir wenigstens, dass du eine guten Grund hast." Ich hob meine Hände und erst dann merkte ich, dass ich zitterte. Warum war ich hier? Ich brachte die Wahrheit nicht über mich, stattdessen- „Ich war Neugierig." Sein Gesicht nahm einen enttäuschten Ausdruck an, etwas das ich noch nie bei ihm gesehen hatte, und etwas, dass ich auch nie wieder sehen wollte. "Neugierig? Himmel, Teddy..."

Er griff sich in die Haare, schwankte ein paar Schritte, bis er sich ächzend auf eine der Sitzbänke fallen ließ, und mich damit wieder an seinen Zustand erinnerte. Er hatte mächtig was abbekommen. Vorsichtig ging ich auf ihn zu, blieb vor ihm stehen, bevor er den Kopf zu mir hinauf hob. Sein Blick war trübe, dennoch lächelte er. Es war kein richtiges, mehr wie eine Zusicherung, dass er noch atmete. „Sorry, ich wollte nicht schreien. Es ist nur...", raunte er nun heißer und brach ab, ließ seinen Kopf nach unten sacken, sodass er praktisch zwischen seinen Schultern hingen. Ich verstand. Natürlich.

Ich hob meine Hand, hielt vor seinen Locken inne. Was tat ich denn da? Ich streifte eine Locke, als ich meine Hand schnell wieder zurück zog. „Du hast mir einen ganz schönen Schrecken eingejagt, als ich dich dort gesehen habe. Ich hätte beinahe...", seufzend hob er den Kopf, sah zu mir auf. Wir waren uns so nah, dass ich die kleine Narbe entdeckte, die seine rechte Augenbraue durch teilte. Hatte er die von einem früheren Kampf? Sein wievieltes Mal war das heute Abend? Sein Blick fand meinen und wir starrten uns eine Weile still an. Dann verzog er sein Gesicht, fuhr sich über die Stirn. „Shit."
Alles ok?" Silas nickte träge, aber ich glaubte ihm nicht. „Ja, ich hab nur einen miesen Schlag gegen den Schädel kassiert." Nicht nur das, seine Nase schien zwar nicht gebrochen zu sein, aber das Blut sickerte mittlerweile auf sein Schlüsselbein. „Komm.", seufzte er und erhob sich. Ein Knacksen erklang und ich war mir nicht sicher, ob das die Sitzbank, oder sein Körper war.

Er schritt an mir vorbei, fuhr mir währenddessen knapp durch die Haare. Ich entzog mich genervt seiner Berührung, folgte ihm aber trotzdem.

„Ich bringe dich nach Hause."

Bad Impression Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt