38 - Robert

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Vor zehn Tagen saß Robert alleine in diesem Bus. Annalena saß zu dem Zeitpunkt schon bei Linda, Claudia fuhr natürlich den Bus und mit Christian hatte er so wenig privat zu tun, dass er sich nicht zu ihm setzen wollte. Und jetzt war es ganz anders. Christian und er verstanden sich ausgesprochen gut. Wie auch immer man ihr Verhältnis betiteln wollte, aber er musste zugeben, dass Christian etwas in ihm ausgelöst hatte. Er wusste noch nicht was es war, aber Christian konnte ihn glücklich machen. Ob das dauerhaft möglich wäre, das würde sich zeigen. Aber wahrscheinlich würde ihr Regierungsalltag sowieso schnelle Lösungen, schnelle Entscheidungen fordern.

Einen Moment schaute Robert sich wieder um. Natürlich saßen Annalena und Linda nebeneinander und schienen glücklich zu sein. Da konnte man nichts anderes interpretieren. Hoffentlich würde das zwischen den beiden halten. Robert wusste immerhin, dass Annalenas Trennung nicht einfach für sie war. Und ihr Wohlergehen lag ihm natürlich am Herzen.

Vor den beiden saßen dieses Mal Kevin und Marco, die sich leise unterhielten. Robert verstand nicht was es war und er wusste auch nicht, seit wann sich die beiden verstanden. Aber das war ihm auch nicht sonderlich wichtig. Dafür hatte er zu wenig mit den beiden zu tun.

Ganz vorne saß Olaf alleine und telefonierte schon wieder. Na gut, der Kanzler hatte sicherlich einiges zu tun. Eigentlich hatten sie das ja alle. Aber er war wahrscheinlich besonders pflichtbewusst, dachte sich Robert. Sein Amt würde ihn auch früh genug wieder einholen. Auf der anderen Seite saß Lars, ebenfalls alleine und starrte aus dem Fenster. Und wirkte nicht gerade glücklich. Nunja, es konnte ja auch nicht bei allen so laufen wie bei Annalena und Linda. So war es wohl einfach.

Und ganz hinten saßen dieses Mal natürlich nicht Christian und Marco, wie bei der Hinfahrt, sondern das neue Dreamteam Bärbel und Marie-Agnes. Wie auch immer das zustande gekommen war, aber die machten hinten ziemlich Stimmung. Gerade erzählten sie sich irgendwelche Witze, über die sie lautstark lachten. War ja schön, wenn sie ihren Spaß hatten. Und es schien so, als ob sie Freundschaft geschlossen hätten. Nicht, dass Claudia da noch eifersüchtig werden würde.

Und dann war da noch Christian, der sein Ipad ausgepackt hatte und irgendetwas für einen Parteitag vorbereitete. Robert war das relativ egal, ihm war ja klar, dass er es bei Christian immer noch mit dem FDP-Parteivorsitzenden zu tun hatte. Diese Aufgabe hatte Robert ja nun nicht mehr und das war auch gut so. Weil Christian also beschäftigt war, sie sowieso vor den anderen unauffällig sein mussten, nahm Robert sich ein Buch aus seiner Tasche. Er musste sich ja auch mal ein wenig Zeit für sich nehmen dürfen, oder? Also schlug er das kleine Büchlein auf, suchte mal wieder seine Lesebrille, die er doch eben noch in der Hand hielt und verschwand in der Welt der Literatur.

Es war nichtmal eine Stunde vergangen, da wurde der Bus plötzlich langsamer. Christian murmelte nur "scheiß Tempolimit" vor sich hin, während er nicht von seinem Ipad aufschaute und Robert verdrehte die Augen. Auf der Strecke gab es nichtmal eine Geschwindigkeitsbegrenzung! Aber warum wurden sie dann so langsam? Robert konnte die Situation noch nicht wirklich einordnen, als Claudia den Bus auf einen kleinen Parkplatz am Rande der kaum befahrenen Autobahn steuerte. Und dieser Parkplatz war genauso menschenleer. Nur das Auto mit ihren Sicherheitsleuten, die noch nicht abgereist waren, fuhr ihnen hinterher. Aber was wollten sie denn jetzt auf diesem Parkplatz, der so ein typischer Parkplatz auf einer Autobahn war, auf dem man eigentlich nicht anhalten wollte?!

"Ihr Lieben, wir müssen eine kurze Pause einlegen. Aus irgendeinem Grund leuchtet hier die Kontrolllampe für die Bremsen von unserem Bus auf. Weiß ich gerade auch noch nicht, was das bedeuten mag. Aber deshalb jetzt erstmal eine kurze Pause. Diejenigen, die sich mit Technik auskennen, können mich hier gerne unterstützen."

Robert hätte sich am liebsten die Hände vorm Gesicht zusammengeschlagen. Auch das noch! Er hatte nicht so viel Ahnung von Technik, aber wenn irgendetwas mit den Bremsen war, dann sollten sie auf keinen Fall weiterfahren. Er wollte doch jetzt auch einfach zurück. Und vielleicht noch etwas Zeit alleine mit Christian verbringen. Dieser schaute auch ziemlich skeptisch, als Olaf der erste war, der aus dem Bus stieg. Olaf war wohl nicht die Hilfe, die Claudia brauchte. Und dann taten es die anderen Olaf nach. Nur Christian ging zu Claudia, um sich mal anzusehen, was Sache war. Er kannte sich ja immerhin mit Autos aus, wie Robert wieder einfiel. Also stieg auch Robert aus und schaute sich ein wenig um. Ihr Sicherheitspersonal wunderte sich auch schon, was denn los war. Aber auch das half nicht. Nach einigen Minuten kam Christian nach und zog Robert ein wenig zur Seite. Immerhin gab es an diesem Parkplatz einige Bänke.

Fahrt ins UngewisseWhere stories live. Discover now