27 - Christian

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Christian war erleichtert, als Robert wieder den Raum betrat. Seitdem er gegangen war, herrschte Stille in dem Raum. Christian wusste auch einfach nicht, wie er mit Linda umgehen sollte. Aber das war jetzt auch egal, sein Hauptaugenmerk lag bei Robert. Der sichtlich durch den Wind war.

"Daniel will Morgen hierhin kommen. Er ist natürlich auch total geschockt."

Robert ließ sich wieder neben Christian fallen und vergrub sein Gesicht hinter seinen Händen. Christian wusste nicht, wie er Robert wieder aufbauen konnte. Und es war auch eine komische Situation, wenn Claudia und Linda neben ihnen saßen. Da konnte Christian nicht normal mit Robert umgehen. Immerhin wussten auch die beiden, dass er eigentlich verlobt ist. Und jede Person, die über sie Bescheid wusste, war eigentlich eine zu viel. Und was überhaupt aus ihnen werden sollte. Christian hatte nach wie vor keine Entscheidung gefällt. Wusste nicht, was er Franca sagen sollte. Wusste nicht, ob es für Robert und ihn eine Zukunft gab. Aber das war jetzt gerade auch nicht relevant. Wahrscheinlich hatte Robert keinen Kopf, um sich darüber auch noch Gedanken zu machen. Aber Christian beschäftigte es. Würde es wahrscheinlich so lange beschäftigen, bis sie darüber gesprochen hatten.

"Wie viel Uhr haben wir es eigentlich?", fragte Robert nach einiger Zeit. Er schien wieder etwas mehr gefasst zu sein.

"Erst kurz nach 16 Uhr. Der Tag ist also noch lang.", antwortete Claudia und Christian fragte sich, welch schlechtere Nachrichten es eigentlich noch geben könnte. Denn das hieß, dass sie sich noch viele Stunden die Zeit totschlagen müssten.

"Linda, wollen wir vielleicht mal nach den anderen gucken? Es hilft ja nichts, wenn wir uns jetzt Gedanken bis zum geht nicht mehr machen. Und vielleicht wollen Robert und Christian auch kurz mal alleine sein."

Christian schaute irritiert zu Claudia. Aber sie hatte Recht. Er wollte mit Robert alleine sein. Er wollte einfach mit ihm sprechen. So frei sprechen, wie er es in den letzten Tagen zu schätzen gelernt hat. Linda nickte einfach und Claudia zog sie mehr oder weniger aus dem Raum. Christian stand auch auf, um den Raum abzuschließen. Sicher ist sicher.
Und Robert war dazu wirklich nicht in der Lage. Er saß da wie ein Häufchen Elend und schien mit den Gedanken ganz weit weg zu sein. Und das machte Christian auch nicht gerade glücklich. Er wollte nicht, dass es Robert schlecht geht. Deshalb drehte er sich so zu ihm, dass Robert ihn anschauen konnte. Er umfasste seine Wangen sanft und brachte ihn so dazu, dass Robert aufschaute. Und Christian sah, dass Roberts blaue Augen glitzerten. Sie waren gleichzeitig matt, aber Christian konnte seine Tränen sehen. Robert war fertig. Mit sich. Mit der Welt. Vielleicht auch mit ihnen.

"Hey, Robert. Es wird alles gut. Wir werden sie finden."

"Und wenn nicht? Wenn wir sie nicht rechtzeitig finden? Es wird scheiß kalt diese Nacht. Und dann auch noch das Wetter. Ich fühle mich schuldig. Vielleicht hätte ich für sie da sein müssen, immerhin ist sie meine beste Freundin. Und offenbar musste sie nachdenken. Ich hätte ihr anbieten müssen, mit mir zu sprechen, anstatt wegzulaufen."

"Sag sowas nicht. Annalena ist eine selbstbestimmte, mündige Frau. Du und niemand sonst muss sie schützen, wenn sie das nicht will. Also mach dir keine Vorwürfe."

Robert beugte sich näher zu Christian und legte seine Lippen auf Christians. Es war ein zarter Kuss, der Christian ziemlich aus dem Konzept brachte. Und er schmeckte die salzigen Tränen, die auf Roberts Gesicht getrocknet waren und nun wieder aus seinen Augen tropften. Bevor Robert sich wieder von ihm lösen konnte, zog Christian ihn in seine Arme. Er spürte schon nach kurzer Zeit, wie das Hemd an seiner Schulter durchnässt war. Normalerweise würde ihn das verrückt machen, immerhin war das Hemd nicht gerade günstig! Aber für Robert brachte er es dann doch übers Herz. Wenn auch mit etwas Schmerzen.

Fahrt ins UngewisseWhere stories live. Discover now