7 | wir lieben uns doch

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Jimin antwortete nicht.

Er wirkte irgendwie.. angepisst. Keine Ahnung ob er wirklich genervt war, aber er schaute etwas unzufrieden und hatte sogar seinen Kopf gesenkt.

Vielleicht fand er es peinlich, dass ich angefangen hatte zu weinen? In seine Hände? Seinen Schoß? Also mir war es schonmal schrecklich unangenehm und ich müsste eigentlich derjenige sein, der den Kopf vor Scham gesenkt hatte.

Meine Wangen nahmen eine rote Farbe an, als ich seine fleckige Hose sah. Wegen mir war sie jetzt nass.. "Ich habe Essen mitgenommen. Willst du mal sehen?" Keine Reaktion.

Seufzend lief ich zu meinem Rucksack, brachte ihn zu Jimin und stellte ihn auf den Boden ab. Wieder ging ich auf die Knie und sah leicht lächelnd zu ihm hoch, in seine warmen Augen. "Wieso hast du geweint?" Seine Stimme war leise und zögernd und sofort fielen meine Mundwinkel einen Moment nach unten.

Ich öffnete den Reißverschluss meiner Tasche und holte eine Thermoskanne aus dieser heraus, dazu eine Tasse. "Ich habe Kakao und Teigtaschen für dich mitgebracht. Und deinen Lieblingstee.", murmelte ich und reichte ihm die Tasse, aber er nahm sie nicht an.

Er hatte seine Hände zu Fäusten geballt und seine Lippen aufeinander gepresst, als würde er etwas sagen wollen, aber sich dann doch nicht trauen. "Nein! Ich will nicht!" Ich hob meine Augenbrauen und sah ihn verwundert an.

"Aber ich-"
"Nix da! Wieso ignorierst du meine Frage?" Seine Unterlippe zitterte etwas und er drückte die Tasse von sich. Ich hielt sie fest, damit sie nicht zu Boden fiel. "Ich ignoriere sie nicht. Ich will dir nur nicht antworten."

Jimin biss sich auf seine Unterlippe und sah weg. "Wieso willst du nicht antworten? Ich meine es- es ist doch eine ganz normale Frage." Ich schwieg, stellte die Tasse auf die Matratze und stellte die Thermoskanne auf dem Boden ab. "Du würdest das nicht verstehen und es hat keinen Sinn, es dir jeden Tag aufs Neue zu erklären."

Er sah mich gekränkt an und ich sah die Tränen in seinen Augen glitzern. Dieser Anblick schmerzte in meiner Brust. "Das ist so gemein! Ich weiß nicht einmal wer du bist und du tust so, als wäre ich es gar nicht wert, aufgeklärt zu werden! Ich kenne dich nicht und ich will dich auch nicht bei mir haben!", schrie er mich plötzlich an und ich zuckte zusammen, wurde dann ganz klein und senkte verletzt meinen Kopf.

Jimin wollte mich nicht bei sich haben? Das.. hatte er noch nie zu mir gesagt. In den letzten Jahren hatte ich das noch nie aus seinem Mund gehört und das auf einmal gesagt zu bekommen, tat schrecklich weh. Alles war so bitter. Ich hasste es. Ich hasste ihn. Aber irgendwie auch nicht.

"Okay." Ich stand auf, räumte alle Dosen und Flaschen aus meiner Tasche und stellte sie auf den kleinen Tisch an seinem Bett. Zögernd nahm ich das neue Bilderbuch aus dem Rucksack und legte ihn neben ihn auf die Matratze. "Dann gehe ich jetzt."

Ich hatte mich doch so gefreut ihn zu besuchen. Ihm beim essen zuzusehen, oder ihn vielleicht sogar noch füttern zu dürfen. Auf diese schöne, liebevolle Art. Ich wollte sehen, wie er sich über das Bilderbuch freute. Aber.. das konnte ich ihm auch morgen geben. Ich könnte ihm das jeden Tag immer wieder aufs Neue schenken und er würde sich dann erneut darüber freuen. Ich hasse es so sehr.

"Wir sehen uns morgen." Und damit schlug ich die Zimmertür hinter mir zu und im Stillen weinend stampfte ich die Flure entlang. Ich schiss auf das Gespräch mit Doktor Namjoon. Morgen konnte ich auch mit ihm sprechen, aber jetzt fehlte mir die Kraft dazu. Mir fehlte die Lust daran, ihm meine Entscheidung bezüglich der Wohnung mitzuteilen.

Vielleicht sollte Jimin in diese Wohngruppe gehen. Soll er doch da wohnen, mit seiner perfekten Umgebung und einem Pfleger, der rund um die Uhr zur Verfügung stand.

Vielleicht sollte mir das alles eigentlich gar nicht so wichtig sein und ich gefährde eine sichere Zukunft für ihn. Ich gefärde seine Sicherheit, seine Gesundheit.

Aber er darf mich nicht vergessen. Ich darf das alles nicht aufgeben, nur weil er krank ist. Ich liebe ihn doch. Wir lieben uns doch.

𝐁𝐈𝐓𝐓𝐄𝐑𝐒𝐖𝐄𝐄𝐓Where stories live. Discover now