2 | und langsam..

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Ich biss mir auf meine Unterlippe, wollte etwas antworten, als die Zimmertür aufschwang und ein Arzt hinein trat. Er sah mich direkt an, lächelte erfreut und gesellte sich zu uns. Ich bemerkte, wie er den Rosen in Jimin's Händen einen Blick zu warf. "Yoongi! Schön dich zu sehen.", lächelte er und ich nickte höflich zurück, ging zur Fensterbank und holte einen verwelkten Blumenstrauß aus der Vase, ging mit diesem zum Mülleimer und warf die Blumen hinein. Jeden Tag dasselbe. "Hallo Jimin.", sprach der Arzt zu meiner Blüte und stellte sich vor ihn, lächelte breit und fröhlich.

"Mein Name ist Namjoon, ich bin dein Arzt. Du kannst mich gerne bei meinem Vornamen nennen, schließlich kennen wir uns schon eine Weile." Jimin's Augen waren groß und rund und er musterte den Arzt, wurde dann etwas unsicher. Ich legte den frischen Blumenstrauß auf den Tisch und nahm die Vase in die Hand. "Oh.. sicher? Ich kenne Sie gar nicht." Es war so, so bitter.

Schluckend trug ich die Vase in das Badezimmer, welches sich im Zimmer befand und schüttete im Waschbecken das alte Wasser aus, gab neues hinein und ging wieder zu den beiden zurück. Herr Kim fragte Jimin wie es ihm ging, ob er körperliche Beschwerden hatte und ob er ihm etwas aus seiner Vergangenheit erzählen könnte, an das er sich erinnern konnte.

Aber bei dem letzten Punkt, da schwieg Jimin. Er zuckte lediglich ratlos mit seinen Schultern und spielte mit seiner weißen Hose. Er zupfte an dem Stoff herum und man sah, dass es ihm unangenehm war. Meine arme, kleine Blume. "Schon okay Jimin, wir gehen es langsam an. Oh, und du musst deine Tabletten nehmen. Das hätte ich fast vergessen." Vergessen? Ich biss mir auf meine Unterlippe und hatte die Vase fest in meiner Hand. Wie konnte er sowas geschmackloses sagen?

Wobei.. Ich sollte nicht so empfindlich sein. Es war etwas, was ich doch selber sagte, also sollte ich nicht direkt auf sowas anspringen. Das wird die Sache nicht besser machen.

Ich schob die Rosenstängel in die Vase mit dem frischen Wasser und stellte sie an den Platz wo sie hingehörte. Ich berührte die Blätter, lächelte etwas und ging dann wieder zu Jimin. Ganz dicht setzte ich mich neben ihn, streichelte über seinen Rücken, während er seine Tabletten schluckte und schüchtern umher sah. Mir wurde wieder ganz warm, wenn ich ihn da sitzen sah und an unsere Vergangenheit zurückdachte. An die Zeit, als noch alles normal war.

"Yoongi, können wir kurz reden?", fragte Namjoon mit einem ernsten, aber dennoch respektvollen Lächeln im Gesicht und mit einem zögernden Seufzen erhob ich mich, drückte Jimin's Gesicht hoch und küsste sanft seine Lippen. "Ich bin gleich wieder da, okay?" Überrumpelt und verlegen nickte er und griff schnell nach dem Bilderbuch, schlug es auf und betrachtete wieder die Abbildungen von den Märchen. Seine Wangen gerötet, wahrscheinlich wegen meinem Kuss.

Mit dem Arzt verließ ich das Zimmer, stellte mich mit ihm vor die Tür und lehnte mich an das Holz. Er räusperte sich und leckte sich nervös über seine Lippen. "Jimin ist körperlich wieder im Normalzustand und bessert sich auch jeden Tag was Bewegung angeht, aber das weißt du sicher schon." Ich nickte.

"Jedoch können wir in dem gesamten Zeitraum, welchen er hier verbringt, keine Fortschritte mit seinen Erinnerungen feststellen. Er kann sie weder von damals abrufen, noch neue Dinge abspeichern und wir denken nicht, dass es was bringen würde, wenn er noch länger im Krankenhaus bleibt." Mein Blick senkte sich und ich atmete tief auf.

"Wir haben daran gedacht gehabt, ihn in eine Wohngruppe zu schicken. An einen Ort, am dem er nie alleine ist. Es wird eine Betreuung bei ihm leben und ihn Tag und Nacht tatkräftig unterstützen, bei was auch immer er Hilfe braucht. Natürlich wird er dort weiterhin die Tabletten nehmen müssen und die Physiotherapie wird er täglich absolvieren, aber das ist ebenfalls kein Problem. Die Betreuung ist in seinen Zustand eingeweiht worden und die Wohnung wird auch speziell auf Jimin angepasst. Breite Türen und eine Ebene, damit er ohne Probleme umher laufen kann. Oder auch, damit er mit dem Rollstuhl trotzdem in jeden Raum gelangt."

Namjoon lächelte freundlich und ich glaubte zu spüren, dass er wusste, wie schwierig dies für mich sein würde. "Es wird ihm dort sehr gut gehen Yoongi, ich verspreche es dir. Es kommt auch einmal die Woche ein Arzt vorbei um den Pfleger auszufragen wie es gelaufen ist und natürlich kannst du dort auch jederzeit hin." Er blätterte in seinen Unterlagen herum und reichte mir einen dicken Stapel mit Papieren, auf denen Fotos einer Wohnung abgebildet waren. Ich konnte in jedem Raum, an jeder Wand einen roten Knopf entdecken, den die Betreuung alarmieren würde, als Zeichen, dass er Hilfe brauchte.

"Die Wohnung ist auch ganz in der Nähe von dem Krankenhaus und liegt in einem Gebäude, der behindertengerecht ist. Falls Jimin dort Freunde findet, kann er sie ganz entspannt mit dem Aufzug besuchen, auch mit Rollstuhl oder was auch immer." Er kramte in seiner Hosentasche herum und reichte mir einen Schlüssel. "Die Adresse steht in den Unterlagen. Du kannst sie dir heute mal anschauen und mir die nächsten Tage berichten, was du von dieser hältst. Du wirst auch einen Ersatzschlüssel bekommen damit du immer Zutritt in die Wohnung hast, aber das ist schon alles mit Jimin's Eltern abgesprochen. Sie möchten nur noch deine Meinung hören bevor sie sich entscheiden, denn du kennst den Jungen am Besten. Aber vergiss nicht: in dem Krankenhaus wird er nie glücklich werden, auch wenn er am nächsten Tag alles wieder vergessen hat."

𝐁𝐈𝐓𝐓𝐄𝐑𝐒𝐖𝐄𝐄𝐓Where stories live. Discover now