3 | ... scheint es keinen Sinn mehr zu machen

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Nachdenklich blickte ich zur Seite, sah auf den Schlüssel in meiner Hand und steckte ihn mir in meine Hosentasche. "Ich werde mal schauen." Erleichtert atmete Namjoon auf, er nickte und richtete sich sein Oberteil. "Danke, Yoongi. Das wird ein großer Schritt für euch beide sein." Seufzend schüttelte ich meinen Kopf. Er hatte doch keine Ahnung. Er wusste nicht, durch was ich mich da kämpfte. Jeden einzelnen Tag.

"Ich habe noch eine Frage. Kann ich.. dort auch einziehen?", fragte ich leise und hielt die Papiere nervös in meinen Händen. Aber anstatt das Namjoon abweisend reagiert, grinste er etwas und ließ seine Grübchen an den Wangen entstehen. "Deswegen gibt es dort auch ein zusätzliches Zimmer. Ich wusste doch, dass du dies fragen würdest." Überrascht sah ich den Doktor an, welcher mir nur schmunzelnd auf die Schulter klopfte und einen Schritt zurück trat. "Wir sehen uns dann morgen wieder."

Und dann war ich alleine. Alleine im Flur des Krankenhauses, zwischen den weißen Wänden und der Sterilität. Ich blickte noch einige Sekunden länger den Gang entlang, dort, wo der Arzt verschwunden war und ich lächelte etwas, schüttelte meinen Kopf. Nein, Jimin wird niemals in diese Wohnung ziehen. Er wird dorthin zurückkehren, wo er hingehört. In sein geliebtes Heim, die gemütliche Wohnung, die er mit Leidenschaft lebendig gehalten hat. Ich darf nicht zulassen, dass man ihn von seinen Erinnerungen trennt. Die materiellen Dinge, auf die sein Körper trotz Störung reagiert und aufmerksam wird.

Ich stolperte etwas zurück, als sich die Tür hinter mir plötzlich öffnete und Jimin dort stand, mich mit seinen gutmütigen Augen ansah. Meine Hände zitterten und und sah schnell auf die Unterlagen in meinen Händen, lächelte ihn dann an. "Worüber habt ihr denn gesprochen?", fragte er und ich führte ihn wieder in das Zimmer, schloss die Tür hinter uns und legte die Papiere in meinen Rucksack. "Namjoon möchte, dass du in eine Wohnung ziehst. Ein behindertengerechtes Appartement, falls du wieder einen Rollstuhl benötigst." Er sah auf sich herab, seine Beine hinunter auf seine nackten Füße. "Ich brauche einen Rollstuhl?"

Fest biss ich mir auf meine Unterlippe und drehte mich zu ihn um. Seine Augen trafen auf meine und ich-.. ich.. "Nur manchmal.", hauchte ich und rieb mir mit meinem Ärmel schnell unter meiner Nase herum, strich über meine Augen und stellte mich vor ihn. Meine Hände fanden ihren Weg zu seinen warmen Wangen und ich streichelte sie, sah ihn mit einer solchen Trauer an, dass er es sicher spüren konnte. Wie sehr mich das alles belastet. Wie sehr ich darunter leide. "Aber du wirst sicher keinen mehr brauchen. Schau doch, du kannst schon gehen und das ohne Krücken. Du hast unglaubliche Fortschritte gemacht."

Jimin musterte mich, seine Augen waren so klar und in ihnen konnte ich ein Feuer aufgehen sehen. Wie die Sonne am Horizont, die mit der Zeit alles hell erleuchten ließ. "Wirklich? Habe ich Fortschritte gemacht?" So grässlich bitter.

"Ja, du hast sehr viel gekämpft und bist weit gekommen, Jiminie." Das war er wirklich. Ich muss ihn nicht mehr mit dem Rollstuhl durch die Gänge schieben und ihn ganz langsam füttern, da er sich sonst verschluckte. Er kann wieder sprechen und oh, seine Stimme hat mir schrecklich gefehlt. Seine Hände sind jetzt warm und weich und sie erwidern den Druck, wenn ich sie in meine nehme. Er erwidert mein Lächeln, wenn ich ihm eines schenkte und er küsst mich, wenn ich es tue.

"Möchtest du etwas spazieren gehen?" Jimin nickte leicht und ich führte ihn zu seinem Schrank, in dem sich seine Klamotten befanden. Nicht nur diese dünne Krankenhauskleidung, sondern auch seine eigene. Hier und da befand sich natürlich auch eine Hose oder Pullover von mir, denn diese hatte er immer am liebsten gehabt. Er hat sie sich damals oft heimlich aus dem Schrank genommen und eingesteckt, wenn er mich besuchen kam und tat dann so, als wäre das nicht er gewesen. Er hat dann immer ganz laut gelacht und ist vor mir geflohen, wenn ich ihn dann angefangen habe zu jagen. Und dann hat er immer im Wohnzimmer aufgegeben, sich in meine Arme geworfen und mich geküsst. Er hat mich geküsst und ich...

Ich sah mir die Kleidung an, reichte ihm eine Hose, Socken und eine dicke Jacke und sah ihm dabei zu, wie er sich auf das Bett setzte und anzog. "Wem gehören die Sachen?", fragte er leise und er drehte sich weg -ich ebenfalls-, damit er sein Oberteil wechseln konnte. Leer starrte ich auf den Schrank, entdeckte in diesem seine Lieblingshose und wurde direkt von einer Welle Emotionen überrollt. Ich blinzelte meine Tränen weg, hörte das Rascheln von Kleidung und drehte mich um, während Jimin gerade die Jacke zu machte. "Sie gehören dir."

Er hob seine Augenbrauen, nickte dann etwas und wartete, bis ich mir ebenfalls meine Jacke umgelegt hatte. "Ich wusste nicht, dass sie mir gehören. Ich habe sie heute morgen entdeckt und dachte, sie gehören jemand anderen." Wem sollen sie sonst gehören, außer dir? Gott, bitte mach, dass es besser wird. Ich kann das nicht mehr ertragen.

𝐁𝐈𝐓𝐓𝐄𝐑𝐒𝐖𝐄𝐄𝐓Where stories live. Discover now