Kapitel 9

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Erde 2019:

Ihr wurde schwarz vor Augen und sie atmete zischend ein, als sie den kühlen Lauf der Waffe an ihrer Schläfe spürte.

Keine Bewegung!", zischte eine wütende weibliche Stimme in ihrem Ohr.

Blitzartig versuchte Lilliana nach ihrem Dolch in ihrer Jackentasche zu greifen, doch ihre Gegnerin kam ihr voraus, indem sie grob nach ihren Händen griff und sie über ihren Kopf fixierte, während sie den Lauf der Waffe fest gegen ihre Schläfe drückte. Schmerzerfüllt stöhnte Lilliana auf. Sie versuchte, irgendwelche Informationen über ihre Gegnerin herauszufinden, doch sie konnte bloß schwarzes Haar erkennen, da kein einziges Licht mehr in den Schulfluren der High School brannte. Verdammt, wer konnte das bloß sein? Sie kannte doch niemanden auf der Erde, wer könnte ihr hier etwas anhaben wollen?

Lillianas Blick fiel auf Will, der völlig erstarrt hinter der Frau auf der Stelle verharrt war und den ihre Gegnerin völlig zu ignorieren schien. Vielsagend sah sie ihn an und nickte kaum merklich, doch Will hatte ihre Botschaft verstanden. Mit einem heftigen Fausthieb zielte er auf die Frau, bereit sie umzustoßen, doch ihre unbekannte Gegnerin war Will weitaus überlegen. Sie sah den Schlag kommen und wehrte ihn gezielt ab. Dafür musste sie jedoch ihre Hand von Lillianas Handgelenken lösen, was Lilliana sofort ausnutzte. Blitzschnell griff sie nach ihrem Dolch und rammte ihr Knie mit aller Kraft in den Bauch der Frau, sodass sie schmerzerfüllt aufschrie und sich von ihr löste.

Lilliana wusste, dass das ein gewagter Schritt von ihr gewesen war. Schließlich hätte ihre Gegnerin die Waffe abdrücken können, die bis vor wenigen Sekunden noch auf ihrer Stirn gelastet hatte. Doch der Fakt, dass sie dies nicht getan hatte, sagte Lilliana alles aus, was sie wissen musste: Was auch immer diese Frau von ihr wollte, es war nicht ihr Tod.

Gekonnt sprang Lilliana auf, doch genauso schnell war auch die Frau wieder auf den Füßen. Schnell stieß Lilliana sie gegen die steinige Wandmauer, doch die Frau zückte erneut ihre Waffe und hielt sie ihr entgegen, während Lilliana ihren Dolch warnend an ihrer Kehle hielt. Sie ging sogar so weit, ihre Haut mit der Klinge zu streifen, sodass ein dünner Blutrinnsal ihren Hals hinunterfloss.

Schwer atmend verharrten sie in dieser Position, wobei sie sich gegenseitig anstarrten. Nun konnte Lilliana auch einige wenige graue Strähnen inmitten ihrer pechschwarzen Haare erkennen. Verblüfft stellte Lilliana fest, dass es sich um eine Frau mittleren Alters handelte, was sie aufgrund ihrer scharfen Kondition nicht erwartet hätte.

„Hören Sie zu, Miss! Lassen Sie sofort von meiner Freundin ab oder ich rufe die Bullen und Sie landen in irgendeiner Nervenheilanstalt. Ich meine, Ihr Kampfstil ist ja total abgefahren und in was für einem Bogen Sie gerade aufgesprungen sind - echt der Wahnsinn, Sie haben meinen Respekt!", meldete sich nun auch Will zu Wort, dessen Schock sich nun in pure Faszination umgewandelt hatte.

Lilliana verdrehte bloß die Augen. Sie kannte Will nun weniger als 24 Stunden und wusste dennoch, dass er sich mit nichts außer einem blöden Spruch an diesem Kampf beteiligen würde.

Die Frau lachte amüsiert. „Vor der Polizei solltet ihr euch mehr fürchten als ich." Beunruhigt zog Lilliana die Brauen zusammen. „Was meinen Sie damit?", fragte sie und drückte den Dolch erneut an ihre Kehle, was sie mit einem schmerzerfüllten Zischen erwiderte. „Bloß, dass ich euer kleines Geheimnis kenne.", grinste sie, wobei sie nach Luft rang. Dann formte sie mit ihren Lippen ein Wort, das Lilliana sofort verstand, auch ohne, dass sie es aussprach:

Tellus.

Fassungslos ließ Lilliana ihren Dolch sinken, was sich als ein großer Fehler herausstellte. Mit einer flinken Bewegung stieß ihre Gegnerin ihren Dolch aus der Hand, zückte ein Messer aus ihrer Hosentasche und packte Lilliana fest am Hals. Und ehe Lilliana sich versah, schnitt sie ein Stück ihrer Haut am Nacken ab.

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