31. Blaunesselwurzel

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Auch wenn ich Kyle in dem Glauben gelassen hatte, war ich nicht hier, um rumzumachen. Ich wollte endlich mal in Ruhe mit ihm reden. Irgendwas war da mit seiner Familie, dass ihn bedrückte. Zumindest hatte ich das Gefühl. Kyle betrat kurz nach mir den Geheimgang. Sofort umarmte er mich von hinten und begann Küsse auf meinem Nacken zu verteilen. „Naa" „Hi!" Für einen ganz kurzen Moment genoss ich es, dann machte ich mich widerwillig von ihm frei und drehte mich um. „Darf ich dich mal was fragen?" „Klar, was gibt's denn?" Es war dunkel, deshalb konnte ich mir sein sorgloses Grinsen nur vorstellen. „Was ist eigentlich mit deinem Vater?" „Was soll mit ihm sein?", erwiderte er verwirrt. „Na du deutest immer an, dass er so streng wäre..." Da meine Arme um seinen Nacken lagen, spürte ich, wie er mit den Schultern zuckte. „So sind Eltern halt." Er wollte sich vorbeugen und mich küssen, doch ich machte einen Schritt zurück. „Aber warum blockst du immer ab, wenn ich darüber reden will?" Seine Hände verkrampften sich kurz um meine Taille, dann ließ er von mir ab. Eine Antwort bekam ich nicht. Langsam wurde ich ein wenig verzweifelt.

„Du machst immer nur kurze Andeutungen über deinen Vater, dass er so streng wäre und wenn ich nachfrage, wechselst du das Thema oder haust ab. Ich meine, ich habe irgendwie das Gefühl, dass da mehr dahintersteckt." Und dann fiel mir noch etwas ein. „Was ist überhaupt mit deiner Mutter? Sie hast du noch nie erwähnt." „Verdammt das geht dich nichts an!", schrie Kyle plötzlich. Ich war so überrumpelt von seinem plötzlichen Wutausbruch, dass meine Hand erschrocken zu meinem Zauberstab zuckte. „Kannst du das Thema nicht einfach mal sein lassen?", fragte er sauer. Erst langsam drang die Bedeutung seiner Worte zu mir durch. Das geht dich nichts an. Ich hatte nicht damit gerechnet, heute oder je noch mal so von ihm verletzt zu werden. Eine Träne bahnte sich den Weg aus meinem Augenwinkel über die Wange, doch ich wischte sie wirsch weg. Langsam, aber sicher kochte nämlich auch die Wut in mir hoch. „Sag mal hast du sie noch alle mich einfach so anzuschreien? Ich dachte wir wären zusammen. In einer Beziehung redet man nun mal miteinander, auch über schwere Themen. Und dann kann man sich unterstützen und füreinander da sein. Ich wollte dich nur besser kennenlernen und verstehen. Aber scheinbar siehst du das nicht so. Scheinbar bin ich dir nicht wirklich wichtig und es ging dir doch die ganze Zeit nur um das Oberflächliche. Weißt du was, Kyle? Du kannst mich mal!" Wütend ging ich an ihm vorbei, rempelte ihn dabei achtlos an und verschwand dann aus dem Geheimgang, ohne zu schauen, ob mich dabei jemand sah. Die Tränen konnte ich jetzt nicht mehr zurückhalten. „Scheiße", hörte ich ihn noch fluchen, dann rannte ich davon.

Den ganzen Weg über kämpften in mir Verletztheit und Wut gegeneinander. In meinem Gemeinschaftsraum angekommen, hatte ich mich für Wut entschieden. Ich wischte die Tränen weg und setzte eine kalte Maske auf, bevor ich den Schlafsaal betrat. „Sag mal Roxy, was ist denn mit dir los?", fragte Claire sofort, die gerade dabei war, sich bettfertig zu machen. Bei ihren Worten steckte auch Rose ihren Kopf aus dem Bad und sah mich besorgt an. „Ist alles okay bei dir?" Da ich mich nicht bereit fühlte, darüber zu reden, was gerade passiert war, setzte ich allerdings nur ein ironisches Lächeln auf. „Alles bestens." Meine Stimme klang so falsch, dass es sogar Professor Binns aufgefallen wäre, doch meine besten Freundinnen kannten mich gut genug, um nicht weiter nachzubohren.

Blöderweise startete der nächste Tag mit Zaubertränkeunterricht, in dem ich eigentlich immer mit Kyle zusammenarbeitete. Kurzerhand setzte ich mich neben Claire. „Ich mache heute mit dir", verkündete ich. Besorgt sah sie mich an, doch sagte weiterhin nichts. Als ihre eigentliche Partnerin, Simone Redwood aus Slytherin, auftauchte lächelte Claire sie entschuldigend an. „Würdest du heute vielleicht mit Zabini machen?" Simone schien damit überhaupt kein Problem zu haben. „Klar gern!" Lächelnd ging sie zu ihm und setzte sich auf meinen Platz. Ihre Begeisterung störte mich mächtig, doch ich hielt die Klappe und versuchte Kyle und sie zu ignorieren. Zum Glück begann Professor Grayson in diesem Moment mit dem Unterricht.

Ich schaffte es so lange, meinen Blick starr nach vorne zu richten, bis der Theorie Teil beendet war und wir begannen, einen Trank zu brauen. Simones unschuldiges Lachen schrillte in meinen Ohren und ich versuchte sie mit meinem Blick zu erdolchen, doch sie bemerkte mich gar nicht. Genauso wenig wie Kyle, der mich nicht ein einziges Mal ansah. Idiot! Wütend hackte ich auf den Zutaten rum und versuchte nicht mehr zu zählen, wie oft sich die Hände der beiden zufällig berührten. Wusste diese dumme Kuh nicht, dass Kyle mein Freund war? Falls er es überhaupt noch war... Ich hackte weiter auf der Gelbnesselwurzel herum und warf sie dann achtlos in den Kessel. Der im nächsten Moment explodierte. Erschrocken sprang ich zurück, konnte den Spritzern aber nicht mehr ausweichen. Ein ganzer Schwall des Trankes traf mich im Gesicht und auf dem Oberkörper. Meine Haut begann sofort unangenehm zu kribbeln und ich wollte mir das Zeug mit der Hand aus dem Gesicht wischen, als Professor Graysons panische Stimme durch den Raum schallte. „Petrificus Totalus!" Meine Arme schnellten an meinen Körper und ich viel um wie ein Stein. Mein Kopf prallte unsanft auf dem harten Boden auf, doch ich konnte mich nicht bewegen, um ihn zu reiben.

Nach dem ersten Schock breitete sich ein lautes Stimmgewirr im Raum aus. „Oh Merlins Bart!", „Was ist passiert?" und „Wie dumm von ihr!", waren einige der Fetzen, die ich aufschnappte. Dann erhob Professor Grayson erneut ihre Stimme. „Ruhe! Keiner von Ihnen rührt sich vom Fleck! Miss Weasley hat Blaunesselwurzel statt Gelbnesselwurzel verwendet. Diese ist in der Kombination hochgiftig. Sehen Sie den blauen Ausschlag, der sich auf ihrer Haut bildet? Er breitet sich bei jeder Berührung aus und ist verdammt gefährlich, hören Sie? Keiner rührt Miss Weasley an! Hat noch jemand etwas abbekommen?" Keiner schien sich zu melden. Glücklicherweise war Claire gerade am Zutatenregel gewesen. „Gut dann beseitige ich jetzt dieses Chaos und Sie, Miss Lawson, Mr. Zabini, bringen Miss Weasley unverzüglich in den Krankenflügel. Aber fassen Sie sie auf gar keinen Fall an, verstanden?"

Mein Schädel pochte und meine Haut fühlte sich an, als würde sie verbrennen und erfrieren gleichzeitig. Außerdem konnte ich mich keinen Zentimeter rühren. Unter diesen Umständen war es mir kurz gesagt scheiß egal, dass ausgerechnet Kyle mich mit Claire in den Krankenflügel bringen sollte. „Wingardium Leviosa", hörte ich Claire murmeln. Im nächsten Moment erhob ich mich vom Boden und schwebte in der Luft. Da ich immer noch am ganzen Körper gelähmt war, konnte ich lediglich ein paar schockierte Gesichter sehen, bevor wir den Klassenraum verließen und in Richtung Krankenflügel eilten. Kyle schien hinter mir zu bleiben, denn von ihm vernahm ich lediglich das Geräusch seiner Schritte, während Claire die ganze Zeit „Oh Gott oh Gott oh Gott", murmelte. Mich zu fragen, wie es mir ging würde nichts bringen, da ich durch den Klammerfluch eh nicht reden konnte.

Als wir den Krankenflügel endlich erreicht hatten, fühlte meine Haut sich so an, als würde sie sich komplett auflösen. Sehr unangenehm. Claire ließ mich auf eines der Betten sinken und beugte sich dann besorgt über mich. Ich konnte sie nur aus weit aufgerissenen Augen anstarren. Währenddessen gab Kyle zum ersten Mal einen Ton von sich. „Madame Pomfray!", rief er. Wäre ich nicht gelähmt gewesen, wäre ich vor Schreck zusammengezuckt. Es dauerte zum Glück nicht lange, bis klackernde Schritte ertönten und das Gesicht der Krankenschwester über mir erschien. „Um Himmels Willen! Blaunesselwurzel?", erkannte sie sofort. Claire nickte zur Bestätigung. „Informieren Sie sofort Mr. Longbottom! Ich brauche dringend Weinrautenessenz." Sie entfernte sich und kam kurz darauf mit einem Trank wieder, den sie mir auf den Mund träufelte. Ich spürte noch, wie sich die Ganzkörperklammer auflöste, dann wurde alles Schwarz. 


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Drama Drama Drama! Langsam erreichen wir das große Finale.

Lasst mir gerne nochmal eure Meinung da (:

LG Ari

Dieses Spiel zwischen unsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt