51 - Dienstag Abend 2

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Erneut trinke ich einen Schluck aus meinem Sektglas. 

Der Abend neigt sich allmählig dem Ende zu und viele der Gäste sind bereits weg. 

Die Bilder, die wir Freitag ausgesucht haben, kommen wirklich gut an den Wänden. 

Alle zusammen, im Großformat und mit der Beleuchtung  sehen sie noch eindrucksvoller aus, als ausgebreitet auf der Tischablage im Arbeitsraum. 

Mit schief gelegtem Kopf betrachte ich das Stadtfoto aus New York. Es muss vor 6 Uhr morgens gewesen sein. Der rosa-rote Himmel überdeckt die Dächer der Stadt, rankt sich um die Hochhäuser, spiegelt sich in den Glasfronten. Ich hoffe darauf, auch solche Bilder machen zu können, wenn wir auf Exkursion gehen. 

Von Aufregung, oder Vorfreude zu reden, wäre untertrieben. Mr. Jackson kann mir einiges beibringen, gerade in einem ihn vertrautem Ort, wie New York. Er war schon oft dort. Hat die Stadt in den verschiedensten Bauphasen fotografiert, seit seiner Kindheit. 

Ich liebe Stadtfotografien. Besonders zu unterschiedlichen Tageszeiten. Es ist, als wäre die Stadt eine andere um 3 Uhr nachts. Genauso lebendig, aber bewohnt von anderen Menschen. 

Ich will alles sehen und kennenlernen. Die besten Restaurants, die wildesten Bars und ganz vorne weg die besten Plätze zum fotografieren. 

Das Sektglas an meine Lippe gelegt, leere ich es in einem Zug. Keine Ahnung mein wievieltes das ist. Die ganze Zeit über war ich so in meiner eigenen Welt, dass ich gar nichts richtig mitbekommen habt.. eben auch nicht wie viel ich trinke. 

Als ich auf mein Handy gucke, bin ich erstaunt, dass es schon fast Mitternacht ist. Ich frage mich, wie die Zeit so schnell vergehen konnte. Hoffentlich hat Tyler nicht auf mich gewartet und ist selbst noch bei Rocky. 

Brooke: Hey Ty, ich würde gerne nach Hause. Bist du noch wach, oder soll ich mir lieber ein Taxi rufen? 

Daran wie langsam ich tippe und wie verschwommen mein Display mir erscheint, merke ich, wie betrunken ich eigentlich bin. 

"Beeindruckend nicht wahr?", eine männliche Stimme neben mir reißt mich aus meiner Trance.

Als ich mich zu ihr drehe, sehe ich Mr. Jacksons breites Lächeln. 

"Hm?", frage ich überfordert, weil ich absolut keine Ahnung habe, wovon er redet. 

"New York?", fragt er mit belustigter Stimme und zeigt auf das Foto, vor dem ich stehe. 

"Oh.", ich räuspere mich und richte meinen Blick wieder nach vorne. "Auf jeden Fall.", antworte ich hastig. 

Auch, wenn ich anfänglich darauf gewartet habe, mit ihm zu sprechen, würde ich jetzt nichts weniger gerne. 

Das letzte was ich will ist, dass er bemerkt, wie betrunken ich bin. 

Ich bin 18 und seine Studentin. Ich könnte mir ins Bein schießen, dass ich nicht darauf geachtet habe. 

"Ich habe noch was für dich.", seine Stimme ist ruhig und gelassen. 

Fragend gucke ich ihn an. Er nickt kurz nach rechts hinten und dreht sich um. Ich folge ihm, ohne eine Aufforderung durch den Raum, in dem keiner mehr ist. 

Scheinbar bin ich die letzte. Was mir jetzt wirklich mehr als peinlich ist. 

Wir laufen hinter die Trennwand, in die Küche, wo drei Kellner gerade alles aufräumen.

"Hier.", er greift nach einem rechteckigen Rahmen, der umgekehrt an der Wand lehnt. 

Als er ihn zu mir dreht und ich das Foto von der Walflosse sehe, beiße ich mir ungewollt auf die Lippe und ziehe gerührt meine Brauen zusammen. 

OUTSIDER 3Where stories live. Discover now