15 - Donnerstag Mittag

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Ich bin überglücklich, dass alle meine Freunde sich mit Tyler verstehen. Joey und Rocky konnten ihn leider noch nicht kennenlernen, aber AJ und Tyler haben sich wirklich gut verstanden. Parker, Logan und Avery haben ebenfalls gesagt, dass sie ihn mögen, was mich überglücklich macht.

Ich will, dass Tyler sich mit meinen Freunden versteht damit er, wenn er hier ist, mit zu den Partys kommen kann, oder wir mal alle zusammen essen- und ganz normale Dinge tun können. Es wäre bitter, wenn Tyler und ich nur bei mir im Zimmer hocken würden, sobald er mich besucht. 

Leider dauert es noch eine Weile, bis ich ihn wieder sehen kann. Dieses Wochenende wird das nichts und ohne ihn, habe ich nicht wirklich Lust irgendwas zu machen. Daher werden es zwei ruhige Nächte in meinem Zimmer. Vielleicht lese ich ein Buch, oder ich schmeiße mich in meine Unisachen. Da gibt es genug aufzuholen. Fest vorgenommen habe ich mir nur, dass ich morgen mit ihm facetime. 

Wahrscheinlich ist auch das der Grund warum ich so viel aufzuholen habe. Ich denke pausenlos daran, wann ich wieder mit ihm sprechen kann. Ich frage mich, ob es ihm auch so geht. 

Er ist sehr viel besser darin sich zu beschäftigen. Sich abzulenken. Freunde zu finden.. 

Die einzigen Freunde, die ich hier gefunden habe, kann ich momentan nicht sehen. In den letzten paar Tagen war ich nicht ein mal im Verbindungshaus. Die Mädels sind häufig bei Hannah und mir im Zimmer, aber da Nate noch immer über Avery wacht, als wäre sie sein Kind und Joey mit Rocky zusammen ist, verbringen wir alle sehr viel weniger Zeit miteinander, als noch vor den Weihnachtsferien. 

Die Jungs habe ich seit Averys Geburtstag in der Halle nicht mehr gesehen. Ich will Nate aus dem Weg gehen und das kann ich nur, wenn ich auch zu den anderen Abstand halte. 

Letzten Samstag in der Halle zu sein war komisch. Ich war ewig nicht mehr da, auch wenn ich am liebsten jeden Tag trainieren würde, um mich von meiner Sehnsucht nach Tyler abzulenken. Jedoch bin ich zu ängstlich, als ich dass ich dort alleine hingehen würde. 

Ich habe mir einen Boxsack fürs Zimmer gekauft. Leider konnte ich den noch nicht anbringen. Ich bin zu klein, um an die Decke zu kommen und eine Leiter habe ich nicht. Mal abgesehen davon hätte ich auch keinen Bohrer, oder einen Haken, oder die Ahnung, wie ich ihn befestige. 

Ich werde von wildem Taschen-zusammenpacken aus meinen Gedanken gerissen. 

"Also dann bis nächste Woche.", sagt Professor Darren gelangweilt und lehnt sich in seinem Stuhl nach vorne, um sich über seinen Schreibtisch zu lehnen. 

Er schiebt seine Brille nach oben und liest sich das Blatt vor sich durch, während die Studierenden sich nach und nach verabschieden. 

Ich folge der Masse raus und laufe den langen Flur mit den hohen Decken entlang. Die braune Ledertasche rutscht etwas auf meiner Schulter nach unten. 

Kein Wunder, wenn man bedenkt wie viele schwere Bücher ich in ihr trage. Der Berg Arbeit der auf mich wartet ist wirklich groß. Wahrscheinlich werde ich wieder zu nichts kommen. Sobald ich mich an den Schreibtisch setze und anfangen will zu arbeiten, gucke ich auf mein Handy. Starre auf seinen Namen. Warte darauf, dass er mir schreibt, oder mich anruft. Die Sehnsucht macht mich verrückt. 

Ich weiß nicht, ob ich jemals jemanden so vermisst habe und wie gesund es ist, dass ich es auf diese Weise tue. 

Genervt von meinen eigenen Gefühlen laufe ich über den Hof in mein Wohnheim, die Treppen hoch und den Flur entlang, bis zum Ende, wo ich die Tür aufschließe und gegen trete. 

Ich knalle gegen etwas und richte meinen Blick auf, der sich bis eben noch auf den Boden befand, um meine Schuhe auszuziehen. 

"Was zur..", ich gucke nach oben und sehe den schwingenden Boxsack. 

Ich fange an zu lächeln und schmeiße meine Tasche auf mein Bett bevor ich zwei Schläge gegen den Sandsack haue. 

"AJ.. du verfluchter..", flüstere ich immer noch grinsend zu mir selber. 

Er wusste wie sehr ich es vermisst habe zu trainieren. Es ist ganz einfach zu langer her. 

Vor ein paar Monaten hätte ich vor Lachen geweint, wenn jemand gesagt hätte, dass ich irgendwann mal eine Sport-Enthusiastin sein würde.. und dann auch noch Boxen. 

Aber ich liebe es. Ich liebe alles daran. Besonders wie stark ich mich dabei fühle. Wie mächtig.. wie kraftvoll. 

Ich habe mich immer schon hilflos gefühlt, weil ich so schwach war. Selbst bei den damals 14 Jährigen Mobbern meines Bruders, konnte ich nichts ausrichten. 

Doch seit Nate mir gezeigt hat, wie ich mich verteidigen kann, habe ich das Gefühl, sicherer zu sein. 

Selbst die Situation mit Steven hat mich beinahe gar nicht mitgenommen. Klar, es gab ein paar Alpträume in denen er vor kam und ich habe mich auf dem Weg ins Wohnheim ein mal mehr umgeguckt, aber es ist nichts im Vergleich zu dem, wie ich drauf war, nach der Sache mit Chase im Klassenzimmer der Liberty High. 

Als ich mich nicht wehren konnte.. gelähmt von der Angst. In die Ecke gedrängt und .. hilflos. 

Das bin ich nicht mehr. Im Gegenteil. Ich habe ausgeteilt und nicht locker gelassen. Hätte ich mich nicht weg gedreht, dann hätte Steven es nicht geschafft mich gegen die Wand zu drücken und zu würgen. 

Falls jemals wieder so eine Situation passieren sollte, bin ich eine andere. Wer sich mit mir anlegt sollte Angst haben, denn so schnell werde ich nicht auf dem Boden landen. 

Ich ziehe mir meine Sportklamotten an und stelle mich in Position. Der Boxsack schwingt für die nächsten zwei Stunden nur so durch den Raum. 

Der Schweiß läuft mir runter wie bei einem Wasserfall. 

Dass ich das so sehr für meine Auslastung gebraucht habe, hätte ich nicht gedacht, aber dass es mir gefehlt hat, wusste ich. 

Ein Glück habe ich Freunde wie AJ. Ohne ihn und seine Versuche mich immer wieder abzulenken wüsste ich nicht, wie ich das hier überstehen sollte. Die ganze Situation mit Nate.. und all das mit Tyler ist so surreal. Als wäre ich in einem schlechten Film gefangen. 

AJ gibt mir ein Stück Normalität wieder, indem er mich zur Silvesterparty schleppt, sich mit meinem Freund bei Averys Geburtstag anfreundet und mir den Boxsack hier aufhängt. Er ist ein wirklich guter Freund und manchmal vergesse ich, dass er so nicht zu jedem ist. Er ist zwar freundlich zu anderen und immer gut drauf, aber wirklich aufrichtig und hilfsbereit nur zu seinen engsten Freunden. Den Spaßvogel raus hängen zu lassen, fällt ihm tausend mal leichter, als irgendwem einen echten Gefallen zu tun. 

Ich kann mich glücklich schätzen ihn zu haben. 



OUTSIDER 3Where stories live. Discover now