Kapitel 8.2

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~Cleo


Zwei Tage. Zwei Tage dauerte es, bis wir erneut eine Schülerin mit fragwürdigem Seelenstatus fanden. Auch sie hatte eine fleischige Wunde auf der Schulter aufgewiesen und war mit offen stehenden Augen gefunden worden, im Gegensatz zu Isabella war sie allerdings nach kurzer Zeit wieder aufgewacht. Ihren Angreifer hatte sie uns dennoch nicht beschreiben können, denn sie konnte sich an nichts erinnern.

Gefunden hatte sie eine Gruppe Jugendlicher. Seitdem wusste beinahe das gesamte Internat über den Vorfall Bescheid. Ein verdammter Vasanist trieb hier sein Unwesen und die Stimmung war bis ans äußerste angespannt. Natürlich war sie das- schließlich könnte es verdammt nochmal jeder sein. Ein bester Freund, eine beste Freundin. Ein Lehrer. Jemand vollkommen Unauffälliges. Und es gab nichts, was wir dagegen tun konnten.

Die Fälle häuften sich. Vier Tage später fanden wir gleich zwei Schülerinnen. Dann noch eine. Und eine weitere. Und sie alle konnten sich an nichts erinnern- jedenfalls jene, die wieder aufgewacht waren. Aufgrund der Vorfälle fand im Augenblick kein Unterricht statt, daher hatte ich mich mit Zeke, der seit einigen Tagen wieder als vollständig genesen galt, zum Training verabredet.

Gerade standen wir auf der Matte und prügelten uns, wobei Zeke natürlich trotz längerer Trainingspause die Oberhand behielt. Er holte mit der Hand aus und erwischte mich an der Schulter, woraufhin ich zurücktaumelte. Dann sprang er nach vorne, wich meinem Angriff aus und versetzte mir einen Stoß, der mich zu Fall brachte. Ich fing mich ab, verzichtete aber darauf, wieder auf die Beine zu springen. Ich brauchte dringend eine Verschnaufpause. Während sich mein Brustkorb hektisch hob und senkte, sah Zeke kaum erschöpft aus. ,,Sorry." Er grinste verlegen und reichte mir eine behandschuhte Hand, mit der er mich wieder auf die Beine zog. ,,Entschuldige dich nicht jedes Mal", winkte ich ab. ,,Wenn ich nicht auf der Matte landen wollen würde, hätte ich dich nicht nach Training gefragt." Ich bückte mich und griff nach meiner Wasserflasche, während Zeke sich das Ende seines Schals über die Schulter warf. ,,Gibt es eigentlich neue Erkenntnisse zu dem, dessen Name nicht genannt werden darf?", erkundigte er sich.

Ich verzog das Gesicht. Der, dessen Name nicht genannt werden darf, war ein Gedanke, auf den ich gut hätte verzichten können. Daran hatte sich leider nichts geändert. Seine Anwesenheit aktivierte noch immer mein inneres Fangirl und ich verspürte jedes Mal das Bedürfnis, mich zu vergraben. Tief. Bis jene Hirnzellen abgestorben waren, die dafür verantwortlich waren.

,,Nichts neues. Hormone sind immer noch doof", antwortete ich seufzend. ,,Und bei dir so?"

Zeke lächelte, aber es wirkte gezwungen. ,,Das Gleiche."

In diesem Moment flog die Tür auf und ein gewisser Gott betrat den Raum. Zunächst schien er über uns hinwegzusehen, dann aber kehrte sein Blick zu uns zurück und er hielt inne.

Ich sah in seine Richtung. ,,Hallo Seth."

,,Guten Tag, Hexe. Ich wusste gar nicht, dass du Trainingsräume freiwillig aufsuchst." Er kam näher und nickte Zeke zu. Ich musterte Seth genauer. Er sah endlich besser aus. Seine Haut war nicht mehr so unnatürlich blass und auch die Schatten unter seinen Augen waren fast verschwunden. Es schien, als würde er langsam darüber hinwegkommen, dass Matt... dass er nicht mehr hier war.

,,Es lag nie an den Trainingsräumen", gab ich zurück. ,,Es lag an dir."

Er zog die Augenbrauen hoch. ,,Hätte ich Gefühle, hättest du sie jetzt verletzt." Er wandte sich Zeke zu und betrachtete ihn stirnrunzelnd. ,,Du hast da was." Zeke wirkte alles andere als entspannt, als Seth den Arm ausstreckte, um ihm etwas aus den Haaren zu pfriemeln. Allerdings stelle sich dieser auch nicht sonderlich geschickt dabei an. Es sah irgendwie schmerzhaft aus. Irgendwann zog er schließlich seine Finger zurück- und Zeke fiel eine weiße Haarsträhne in die Stirn. Schneeweiß. Woher...?
,,Oha", bemerkte Seth und musterte Zeke ebenso irritiert wie ich, ,,ist das 'ne Perücke?"
Zeke riss erschrocken die Augen auf und wischte sich die weiße Haarsträhne hektisch aus der Stirn.  ,,Nein... Nein! Das ist..."

Nummer 13 - Todessohn IIWhere stories live. Discover now