Kapitel 46

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~Clarine~

,,Ich glaube, sie wird wach."

,,Clarine?"

,,Clari?"

Fernes Stimmengewirr gelang an meine Ohren und wurde deutlicher.

,,Adelina, ich glaube, dass du kein Selfie machen musst, während sie langsam wach wird."

,,Natürlich muss ich das! Ich brauche doch etwas, womit ich sie später aufziehen kann."

,,Pah! Frauen..."

Ein gedämpftes Geräusch ertönte. Zweimal.

,,Autsch!"

Meine Lider flatterten leicht, und grelles Licht verätzte mir meine Augen.

,,Oh mein Gott, sie wacht wirklich auf! Clarine!"

Langsam startete ich einen zweiten Versuch, die Augen zu öffnen, und blickte mich durch zusammengekniffenen Lidern, um.

Sobald ich die Augen ganz geöffnet hatte, sahen mich gleich vier Augenpaare neugierig an. Unter den vielen Blicken schreckte ich ein wenig zurück.

Plötzlich wurde ein Augenpaar blitzschnell weggerissen.

,,Mann, Adam, lass den Mädels den Vortritt.", hörte ich eine vertraute Stimme. Ich folgte der Stimme und richtete mich ein wenig auf. Der Kerl, der das gesagt hatte, hatte dunkelblondes Haar und lächelte mich verschmitzt an. Er stand etwas weiter hinten, mit noch drei weiteren Männern.

Sie kamen mir bekannt vor...

Warte mal‐ waren das ...?

,,Clarine, Schatz, wie geht es dir?" Die Frau, der ich das Augenpaar mit den grünen Augen zuordnen konnte, lächelte mich erleichtert an, doch auch Sorge war zu erkennen.

,,Mum?" Meine Stimme hörte sich so an, als hätte ich mir eine Woche lang die Seele aus dem Leib geschrien.

Meine Mutter nickte euphorisch und nahm meine rechte Hand in ihre.

,,Ja, mein Schatz, ich bin's. Wie fühlst du dich, hast du irgendwo Schmerzen?"

Ich schüttelte etwas verwirrt den Kopf und sah mich dann im Zimmer genau um.

Die weiße Decke, die weißen Wände, der starke, bittere Geruch nach Desinfektionsmittel, das Piepen der Geräte... Alles deutete darauf an, dass ich in einem Krankenhauszimmer lag. Doch wieso?

Warte mal, hatte Mum mich gerade noch etwas gefragt?

,,Was?", krächzte ich. Oh man, ich hörte mich echt kränklich an.

Das Mädchen mit den langen dunklen Haaren und dem braunen Augenpaar übernahm nun das Wort.
,,Ob du etwas trinken willst, Clari. Also, Durst?", fragte sie und hielt mir ein gutgefülltes Wasserglas vor die Nase. Ich nickte energisch und nahm ihr das Glas ab. Mit wenigen Schlucken war das Glas wieder leer und meine Kehle fühlte sie nun nicht mehr an wie einen Monat Dürrewetter in einer Wüste.

Langsam lichtete sich der Nebel, und ich konnte mich wieder an alle Namen erinnern ... und an das, was passiert war.

Kimberly, Adelina und Mum umsorgten mich mit allem was ging, sie wollten mich beinah sogar füttern. Doch das verhinderte mein Vater zum Glück gerade noch rechtzeitig.

,,Okay okay, da wir uns jetzt vergewissert haben, dass es Clarine gut geht, glaube ich, dass wir zwei gewisse Personen mal ein bisschen alleine lassen sollten.", sagte Edgar irgendwann und zwinkerte mir dann zu. Meine Wangen wurden warm, und ich sah etwas verlegen auf meine Hände.

Als das Klicken der Tür mir bedeutete, dass alle aus dem Raum waren, hob ich meinen Kopf an.

Shawn lehnte an der Wand, sein dunkles Haar war verwuschelt, so als wäre er sich noch viel öfter durch seine Frisur gefahren, als er es sonst schon genug tat. Seine Hände hatte er in den Hosentaschen seiner schwarzen Jeans vergraben und ein verschlossener Ausdruck lag auf seinem perfekten Gesicht.

Ich rückte ein wenig zur Seite und klopfte neben mich aufs Bett.

Shawn zögerte ein wenig, so als wüsste er nicht genau, ob ich ihn gleich verfluchen oder ihm um den Hals fallen würde. Dann aber stieß er sich von der Wand ab und kam langsam auf mich zu. Sein Blick nicht ein einziges Mal von meinem abgewandt.

Als er sich vorsichtig neben mich nieder ließ, streiften sich unsere Schultern, und Feuerfunken sprühten durch meine Sehnen. Eine Gänsehaut breitete sich über meiner Haut aus und ließ mich zittern.

Offensichtlich ging es ihm nicht anderes. Seine Miene blieb zwar unbewegt, doch in seinen Augen loderte es. Ein angenehmes Kribbeln durchfuhr mich.

Shawn räusperte sich und machte es sich ein wenig gemütlicher. Er drehte sein Gesicht zu meinem, und in dem Moment trafen unsere Lippen aufeinander, und verschmolzen miteinander. Es war der sanfteste Kuss, den ich je hatte. Seine eine Hand umfasste meine Wange, während die andere sachte an meinem unverletzten Arm auf und ab strich. Betrunkene Schmetterlinge flatterten in meinem Bauch umher, und ein angenehmer Duft von Minze stieg mir in die Nase und verzauberte mich. Seine warmen Lippen strichen über meine, ganz sanft und bedacht. Er zog mich ein wenig weiter zu sich, legte seinen Arm um mich, und gemeinsam sanken wir zurück in die Kissen. Sein Mund löste sich langsam von meinem, er lehnte sich soweit zurück, sodass er mich ansehen konnte. Seine Augen fuhren über mein Gesicht, über meine Augen, meinen Mund, meinen Hals entlang, meinen Körper herab. Dann lehnte er sich wieder vor und drückte mir einen federleichten Kuss auf die Nasenspitze. Ein wunderschönes Lächeln breitete sich auf seinen vollen Lippen aus und verleitete mich dazu, ebenfalls breit zu Lächeln.

Ich lehnte mich an seine Schulter und vergrub mein Gesicht im Stoff seines Shirts. Ein erleichterter Seufzer entkam seinen Lippen und strich an meinem Ohr entlang. Seine Arme schlangen sich ganz vorsichtig um meinen Körper und drückten mich ansich.

,,Ich hatte Angst um dich.", sagte er ganz leise, so leise, dass ich ihn beinah nicht gehört hätte. Beinah.

Ich lehnte mich ein wenig zurück, ignorierte den leichten Schmerz in meiner Magengegend, und sah ihm in die Augen. Seine wunderschönen, braun-grünen Augen, die mich vom ersten Moment mit ihm, fasziniert hatten. Am liebsten würde ich den ganzen Tag in seinen Armen liegen und seine Augen betrachten.

,,Ich auch.", murmelte ich. Ich hob meine gesunde Hand und strich mit meinem Zeigefinger die tiefe Falte zwischen seinen Brauen glatt.
,,Aber das brauchen wir jetzt nicht mehr. Mir geht es gut. Und du bist bei mir, du bist die einzige Medizin, die ich brauche, um wieder gesund zu werden." Er betrachtete mich einen Moment, dann brach ein lautes Lachen aus ihm heraus und schüttelte seinen gesamten Körper durch.

Ich zog eine beleidigte Schnute, musste mich aber trotzdem stark zusammenreißen, um nicht auch mitzulachen.

Als er fertig damit war, sich vor Lachen zu krümmen, schaute er mich so liebenswürdig an, das ich beinah für ihn geschmolzen wäre.

,,Gott, das war kitschig.", lachte er und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Ich schlug ihn leicht auf die Schulter und rückte von ihm ab.

Doch sofort darauf wurde ich wieder in seine Arme gezogen, meinen Kopf bettete er an seine Schulter. ,,Ach, komm schon, Prinzessin. Sei nicht beleidigt. Du brauchst doch deine Medizin, um wieder gesund zu werden." Er grinste von einem bis zum anderen Ohr und zeigte mir seine strahlenden Zähne. Ich musste nun ebenfalls kichern. ,,Okay, du hast recht, das klingt schon ziemlich kitschig." Ich küsste seinen Mundwinkel und schmiegte mich weiter an ihn.

Egal wie kitschig es auch klang, es stimmte.
In seinen Armen würde ich mit Sicherheit sehr schnell wieder gesund werden.




Fight For LoveWhere stories live. Discover now