15.

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Sarah

"Du bist so ein Weichei." , sagte ich mit einem Grinsen und wandte mich in Richtung Tür, bevor ich noch auf die Idee kam, meine Lippen nie wieder von Kais zu lösen.
Plötzlich spührte ich zwei Hände um meine Taille, was mich erschrecken ließ. Die Hände zogen mich zurück, was ich mit Freude zu ließ. Ich wand mich zu Kai, der mir, unter zappelnden Schmetterlingen in meinem Bauch, einen letzten Kuss auf die Lippen drückte. Ich lächelte ihn an, als ich aus dem Auto stieg und er mir noch ein "Ich schreib dir." hinterher rief.

Erneut rieb ich mir über mein Gesicht. Was mache ich hier nur? Ich sah in den Spiegel und sagte mir erneut, dass ich das schaffen würde, bevor ich die edle Damentoilette des noch edleren Restaurants verließ.
Ich nahm wieder am Tisch Platz, an dem meine Eltern und Joshua gerade über etwas dikustierten und Lina Levia gerade im Arm wiegte und ihr eine Flasche mit Milch gab. Ich lächelte sie an, was sie erwiderte. Sie hatte mir während des ganzen Essens fragende Blicke zugeworfen, vor ihr konnte ich meine Nervosität, über die mir bevorstehende Enthüllung, also nicht verstecken.
Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen, als der richtige Zeitpunkt war, endlich von mir und Kai zu erzählen. Mein Herz klopfte wie wild, als ich meine Eltern und meinen Bruder, die mir an dem runden Tisch gegenüber saßen, ansah. "Leute, ich muss euch noch etwas erzählen." Meine Stimme klang zittrig, was meine Hände ebenfalls waren. Was würden sie nur sagen? Und wie sollte ich es ihnen nur sagen?
Alle sahen mich erwartungsvoll an, doch ich sah weg, dankbar dafür, dass Jaron sich gerade auf meinen Schoß setzen wollte, was meine Aufmerksamkeit kurz auf ihn lenkte.
Als der Kleine sicher saß und seine Malsachen gerichtet hatte, sah ich wieder auf und bemerkte, wie sie immer noch auf eine Erläuterung warteten. "Also, ich habe jemanden kennengelernt." , sagte ich schnell und verspührte direkt, wie mich eine Erleichterung überkam. Ich wusste, sie würden mir jetzt Fragen stellen, doch das musste ich wohl über mich ergehen lassen, mein Herz klopfte zwar immer noch, wie wild und wahrscheinlich war ich auch immer noch rot, doch auf komische Weise merkte ich, wie ich ein klein wenig lockerer wurde.
Ich sah in der Runde um den Tisch, um mir die Reaktionen der anderen anzusehen. Lina, die direkt neben mir saß, sah mich mit einem vielsagenden Lächeln und neugierigen Augen an, während sie Levia beruhigende Worte zu flüsterte, die gerade kurz vorm einschlafen war. Joshua sah mich nur interessiert an, ich würde nur zu gerne wissen, was er jetzt dachte. Hatte er schon eine Vermutung? Dann wanderte mein Blick weiter zu meinem Vater, der mich mit hoch gezogenen Augenbrauen ansah, komischerweise nicht gerade begeistert, und zum Schluss sah ich meine Mutter an. Sie hatte ebenfalls die Augenbrauen hoch gezogen, ein leichtes Lächeln auf den Lippen. "Oh. Kennen wir ihn denn?" , fragte sie, wofür ich dankbar war. Ich wusste, dass diese Frage so oder so kommen würde und jetzt, hatte sie endlich das ungemütliche Schweigen beendet. "Ähm, ja." , begann ich und sah dann kurz zu Lina, die mir zu nickte und dann sah ich zu Joshua. "Kai Havertz." , sagte ich, kurz und knapp, woraufhin mein Bruder mich angrinste. "So so, also doch." , sagte er.
"Was soll denn das heißen?" , fragte mein Vater und sah erst mich, dann Joshua an. Meine Mutter sah von einem zum anderen, leichte Panik und Verwirrung in ihrem Blick. "Wer ist denn überhaupt Kai Havertz?"
"Naja, Kai-" , begann Joshua und sah mich mit einem vielsagendem Blick an. "spielt ja auch bei der Nationalmannschaft-"
"Achso, der." , sagte meine Mutter, obwohl sie unmöglich wusste, wer Kai war, da sie sich Gesichter und dazugehörige Namen nicht sehr gut merken konnte.
"Und er hat in einem öffentlichen Video, ganz Deutschland gesagt, Sarah sei die schönste Frau, die er kenne und sowieso, haben die beiden viel Zeit miteinander verbracht." , erklärte Joshua, was wahrscheinlich eigentlich meine Aufgabe gewesen war.
"Ach wirklich?" , fragte meine Mutter und lächelte mich an, was mich ein wenig lockerer werden ließ. Ich nickte nur und sah wieder auf Jaron, der gerade ein Gekritzel malte und wartete, bis irgendjemand etwas sagte.
"Das ist die Nummer 7, oder?" , fragte mein Vater, natürlich eher an Joshua, als an mich gewandt, woraufhin er nur nickte. "Hat dieser Kai etwa am Freitag gespielt?" , fragte meine Mutter. "Ähm, ja." , sagte ich nur schüchtern.
"Jaha, Menschenskinder." , sagte mein Vater genervt. Er hatte noch nie viel Verständnis dafür gehabt, dass meine Mutter nicht so Fußball vernarrt war, wie er und Joshua. Klar, sie sah sich die Spiele an, aber meistens achtete sie doch nur auf das Endergebnis und auf Joshua. "Ach echt?" , fragte sie, ohne sich an dem angestrengten Ton meines Vaters zu stören.
"Ja, spielt sogar ziemlich gut." , sagte mein Vater jetzt leiser. Ich sah ihn überrascht und auch irgendwie glücklich an. "Na, da kann ich mich nicht mehr dran erinnern. Du musst mir mal ein Bild von dem jungen Mann zeigen, ist er auch hübsch?" , fragte sie und strahlte jetzt schon fast, was auch Lina und mich zum Lachen brachte.
Ich zeiget Jaron kurz, wie man einen Baum malt, während ich die Stimme meines Vaters hörte, die jetzt ihren alltäglichen neckenden Ton angenommen hatte. "Ach du, interessierst dich wieder nur für das. Weiber!" , sagte er. Ich wusste, dass er es nicht ganz ernst meinte, auch meine Mutter wusste das, doch sie schlug ihn gespielt auf den Arm und sagte "Och, Thomas!" , was mich zum schmunzeln brachte.
Nach ein paar Minuten, in denen mein Vater und Joshua bereits ein neues Thema begonnen hatten und ich mich wieder auf Jaron konzentriert hatte, sah mich meine Mutter wieder an. "Seit wann kennt ihr euch denn schon?" , fragte sie, mit mütterlicher Interesse, offenbar war das Thema für sie noch nicht beendet, was dann auch Joshua und meinen Vater schweigen ließ. "Ähm, seit dem Spiel am Freitag."
"Was? Erst seit Freitag?" , fragte mein Vater.
"Seit ihr euch denn sicher? Wollt ihr auch wirklich das Gleiche?" , fragte meine Mutter erneut.
"Ja, wir haben heute darüber geredet. Ich dachte nur, heute sei ein guter Zeitpunkt, euch davon zu erzählen." Ich fühlte mich sofort angegriffen und gleichzeitig auch verunsichert. Ich war ja selber davon überrascht, dass ich Kai erst seit Freitag kannte. Erst so wenige Tage, in denen meine Gefühle für ih so stark geworden sind, dass ich sie niemals ignorieren könnte. Wir hatten so viel erlebt, so viele Auf und Abs, bis wir es endlich geschafft hatten, über unsere Gefühle zu sprechen. Doch war das wirklich zu schnell gegangen? War das zwischen uns -ich weiß nicht, war es eine Beziehung?- doch noch zu frisch?
"Hey, Leute. Ich kenn Kai, er ist echt ein netter Kerl. Sarah weiß schon, was sie tut." , sagte Joshua und nickte mir zu, wofür ich ihm sehr dankbar war. Das hatten wir immer schon getan, ich hatte ihn verteidigt und er mich, es half uns doch immer wieder aus der Patsche.
Meine Mutter nickte nur nachdenklich. "Na dann, freuen wir uns natürlich für dich, Sarah." , sagte sie und lächelte mich warm an, was ich erwiderte. Und jetzt fiel mir auch die restliche Anspannung und Nervosität ab. Sie freute sich für mich, das spührte ich, mein Vater hatte allgemein noch nie so gerne Gefühle gezeigt, aber etwas dagegen hatte er so, wie es aussieht nicht und Joshua fand es anscheinend sogar witzig.
"Tante, malen gut?" , hörte ich auf einmal Jarons Stimme, der mir sein Bild ins Gesicht hielt.
"Ja, sehr gut machst du das, mein Schatz." , sagte ich und konzentrierte mich auf ihn. Lina und ich begannen zuerst ein wenig über Jaron und seine Fortschritte, die jeden Tag mehr werden, zu reden und dann fragte sie mich noch über Kai aus. Es tat gut, ihr das alles zu erzählen, vor allem, weil ich wusste, dass meine Eltern und Joshua nicht zuhörten. Ich fühlte mich komisch losgelöst, so locker, als würde mich jetzt nichts mehr daran hindern, endlich zu entspannen. Kai und ich hatten endlich mit einander geredet, ich musste meine Gefühle vor niemandem mehr verläugnen und ich hatte es sogar schon meinen Eltern gesagt. Ich wusste nicht, wie es mit mir und Kai weiter ging, aber der Weg für unsere Zukunft, war schon fast gelegt, wir mussten ihn nur noch gehen.

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