7.

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Sarah

Als ich in meiner Wohnung an kam, ging ich zuerst duschen. Ich ließ das warme Wasser auf meine Schultern prasseln und dachte an Kai. Was war das zwischen uns? Beziehungsweise was glaubte ich, was da zwischen uns war und was wollte ich, was da war?
Ich mochte ihn als ganz normalen Freund, da war ich mir sicher, er war nett und witzig und sehr zuvorkommend, aber wieso hatte ich dann so reagiert, als unsere Hände sich berührt haben und warum hatte ich so viel darüber nachgedacht, wie ich auf ihn wirkte oder ob er mein Aussehen mochte?
Als ich aus der Dusche trat, war das Wasser schon lange nicht mehr warm gewesen, doch zu einer Antwort war ich trotzdem nicht gekommen. Aber war das überhaupt nötig? Das ich Kai nochmal sehen würde war klar, er war ja ein Spieler in der gleichen Nationalmannschaft, wie mein Bruder und mein bester Freund, aber hieß das auch, dass ich noch mehr Zeit mit ihm verbringen würde? Die Frage war nunmal, ob er mich auch mochte und überhaupt nochmal Zeit mit mir verbringen wollte. Und wollte ich das?
Meine Gedanken wurden durch das Klingeln meines Handys unterbrochen. Schnell suchte ich es, um ran zu gehen. "Hallo?" Ich hob jetzt mit einer Hand mein Handy und mit der anderen ein Handtuch, welches ich mir umgeworfen hatte.
"Sarah? Hey, hier ist Lina!" , die Stimme der Freundin meines Bruders klang durch mein Handy und sofort entspannte ich mich. Ich hatte mich schon auf eine Standpauke meiner Mutter eingestellt, die wieder irgendetwas an mir rum zunörgeln gefunden hatte, doch Lina würde das nicht tun.
"Hey, alles gut bei euch?"
"Ja, also fast. Joshua hat gleich mit der Nationalmannschaft irgendein Termin für ein YouTube Video, aber Jaron ist immer noch krank und er macht jetzt ein Drama draus, wenn ich hier mit den beiden alleine bin."
Da ich wusste, wohin das hinausführte und das Lina nie fragen würde, unterbrach ich sie einfach. "Soll ich vorbeikommen?"
"Oh Sarah, es tut mir so leid, das du so oft vorbei kommen musst, aber ja, es wäre echt ganz gut."
"Quatsch, hör doch auf. Du weißt doch, das ich das gerne mache und du musst dich echt nicht entschuldigen, ich komme doch gerne vorbei. Ich muss sowieso mal wieder mit meiner besten Freundin reden."
"Oh, ist alles gut?"
"Ja, klar alles gut. Ich brauch nur mal wieder so ein richtiges Mädchengespräch."
"Okay, machen wir und das ist echt lieb von dir, vielen Dank. Ich versprech dir, wir machen uns einen schönen Tag. Aber jetzt eine andere Sache, deine Mutter hat mich heute morgen angerufen."
Sofort wusste ich, um was es wohl gehen würde, denn wenn etwas schlimmes mit ihr oder meinem Vater wäre, hätte meine Mutter mich selber angerufen und Lina hätte das als erstes gesagt, das hieß, sie hatte sich wohl bei Lina über mich aufgeregt oder mir etwas zu sagen, was sie mir nicht selber sagen konnte, oder beides.
"Sie war einbisschen aufgebracht, dass du gestern so schnell weg gegangen bist und nicht einmal mit Joshua geredet hast und sie war besorgt, als du ihr nicht geschrieben hast, ob und wann du nach Hause gekommen bist, sondern nur mit so zwei Kerlen weggegangen bist."
Ich zog empört die Luft ein. Das war jetzt nicht ihr ernst, oder? Sofort kam in mir die Wut hoch. Warum hatte diese Frau immer etwas an mir auszusetzen und seit wann war das so? Früher verstanden wir uns blendend. Immer wieder überlege ich, ob und was ich falsch gemacht haben könnte, dass sie mich jetzt so behandelte. Doch ich verstand es einfach nicht. Immer hieß es, ich solle Rücksicht auf meinen Bruder nehmen, ihn nicht vernachlässigen, dabei war doch eigentlich ich die, die immer von meinen Eltern vernachlässigt wird und sollte nicht eigentlich er der sein, der Rücksicht auf mich nehmen sollte? Schließlich war er der roße Bruder. Aber nein, ich war, egal was ich machte die Böse und die, die alles falsch macht.  "Also erstens, ich habe mit Joshua geredet, natürlich habe ich mit ihm geredet, wieso auch nicht? Und zweitens, ich bin nicht mit irgendwelchen Kerlen weggegangen. Ich bin mit Julian und Kai etwas essen und dann waren wir noch kurz bei Julian. Aber ich weiß nicht einmal, was sie das so genau etwas angeht!" Nach dieser Aussage musste ich erst einmal Luft holen. Das musste jetzt einfach raus und ich wusste, Lina war die richtige Zuhörerin für dieses Thema. Meine Wut drohte aus mir herauszuplatzen und ich spielte mit dem Gedanken, meine Mutter anzurufen und einfach in den Hörer zu schreien: "Tut mir leid, dass ich kein Profifßballer bin, sondern nur Innenarchitektin! Tut mir leid, dass ich nicht Joshua bin und andere Prioritäten habe, als er, aber deswegen könnte ich trotzdem ab und zu ein wenig Liebe und Zuneigung von dir gebrauchen!" Doch meine Vernunf überwog schließlich. Es würde im Endeffekt nichts bringen.
"Ich weiß, Josh hat es mir schon gesagt. Ich glaube dir da auch und stehe vollkommen auf deiner Seite, aber was will ich machen, wenn sie mich anruft und mir das alles erzählt. Ich wollte nur, dass du es weißt." Ich nickte nur zustimmend, auch wenn Lina es nicht sehen konnte. Ich weiß, dass sie nicht anders handeln konnte, bei meiner Mutter hätte das alles keinen Sinn.
Plötzlich erkannte ich die Stimme von Jaron im Hintergrund. "Mama?" , rief er.
"Mama telefoniert grad mit Tanti. Magst du Hallo sagen?" Sofort war Linas Stimme viel liebevoller, als zuvor, als wir über meine Mutter gesprochen hatten. Auch ich versuchte mich zu beruhigen, und lauschte, ob Jaron mich noch begrüßen würde.
"Hi, Tanti" , kam es dann doch aus meinem Telefon.
"Hey, Jaron. Na, alles klar, Kleiner?"
Nun kam keine Antwort mehr, doch Lina erklärte mir, das Jaron genickt hatte und dann auch schon wieder abgedampft war. Wir sprachen kein Wort mehr über meine Mutter, worüber ich auch froh war, und klärten noch kurz ab, wann ich vorbei kommen sollte. Joshua musste anscheinend zu dem gleichen Termin, wie Julian und Kai, weshalb er auch schon gehen musste, während Lina und ich noch telefonierten. Ich versprach ihr, so schnell wie möglich da zu sein und legte auf.
Natürlich freute ich mich auf die Kleinen, aber auch auf Lina. Ich vermisste sie und brauchte vielleicht auch ein wenig Ablenkung von dem Kai Schlammasel, auch wenn ich vorhabe, ihr von ihm zu erzählen.
Für Lina und den Kids musste ich mich nicht schön anziehen, weshalb ich mich für schwarze Sportleggins und einen Mintfarbenen Oversizehoodie entschied und stieg auch schon in mein Auto.

My Place to beTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon