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Sarah

Als ich zurück in meiner 15 Quadratmeter Wohnung war, rief ich, wie versprochen, Julian an.
"Hallo?" Mein Herz klopfte ungewöhnlich schnell, als ich nicht Julians, sondern Kais Stimme hörte.
Ich versuchte mich schnell zu fangen, wobei ich Angst hatte, das die Stille, die meine Überraschung zur Folge hatte, zu lang war. "Hey, hier ist Sarah."
"Oh, hey." Ich musste Lächeln, als ich seine ruhige Stimme hörte und versuchte, ihn mir vorzustellen, wie er jetzt gerade am Telefon saß.
"Ähm, Julian hat gesagt ich soll ihn anrufen, wenn ich zu Hause bin. Er wollte heute Abend irgendwas zusammen machen."
"Achso ja, sorry, er ist grad auf dem Klo." Ich hörte, wie ein Lächeln in Kais Stimme mit schwang und ich wusste nicht, ob das Grinsen, was in meinem Gesicht aufgetaucht war, an der Tatsache lag, das Julian auf dem Klo war, oder daran, wie süß ich Kais Stimme fand, wenn er lächelte. Doch ich befürchtete letzteres.
"Achso." , sagte ich nur und hoffte, dass Kai das Gespräch aufrecht erhielt und gleich kein peinliches Schweigen zwischen uns war.
Doch das war glücklicherweise nicht der Fall. "Also, hast du denn Lust heute Abend was zu machen?"
"Ja, gerne. Habt ihr schon eine Idee, was wir machen können?"
"Ja, Jule will in so eine Bar, aber keine Ahnung, entschieden ist noch nichts."
Mein Herz klopfte, wie wild, als ich den Name hörte. Wer war denn Jule? Hatte Kai etwa eine Freundin, von der ich nichts wusste? "Jule?"
Kai lachte nur, doch mir war aus unerklärlichen Gründen nicht zum lachen zu mute. "Ich nenn Julian immer Jule."
"Was?" Jetzt musste auch ich lachen, auch wenn ich es nicht ganz kapierte und ich mich innerlich gerade so aufregte, warum ich nur so reagiert hatte, als Kai den Namen gesagt hatte. Ja, es hätte ein Mädchen sein können, aber warum interessierte es mich so sehr, ob Kai noch ein Mädchen mit bringt. Er ist ein erwachsener Mann, wie ich mir mittlerweile eingestanden hatte, auch sehr gut aussehend, erfolgreich und vorallem war er total nett. Es wäre einfach logisch, dass er eine Freundin hat oder zumindest "Verehrerinnen".
"Keine Ahnung, wie das entstanden ist, irgendwann war ich zu faul immer Julian zu sagen und wollte eigentlich Juli sagen, aber dann war das ein Jule."
Ich musste lachen und schüttelte meinen Kopf, weil ich mir die Umstände dieser Situation nur zu gut vorstellen konnte. "War da etwa ein bisschen Alkohol im Spiel?" , fragte ich schließlich, mein Ton neckend.
"Vielleicht, ein ganz kleines wenig." Ich erkannte die Untertreibung in Kais Stimme und hörte sein Lächeln.
"Was ist denn hier so witzig?" , hörte ich Julian jetzt im Hintergrund, der unsere kleine Stichelei unterbrach.
"Es ist Sarah" Kai gab Julian sein Handy, welcher sofort anfing, über den heutigen Abend zu reden.
Nach langer Überlegung haben wir uns schließlich darauf geeinigt, wie Julian es vorgeschlagen hatte, in eine Bar zu gehen. Kai hatte vorgeschlagen, mich abzuholen, was ich diesmal auch dankend annahm. Ich wusste zwar nicht, ob Julian auch im Auto sein wird, aber auch wenn Kai und ich alleine wären, wäre das nicht schlimm. Ich wäre nur tierisch aufgeregt.

Nachdem ich mich soweit gerichtet hatte, ich trug ein weinrotes Neckholderkleid, welches eng um meine Hüften lag und somit meine Kurven, auf die ich, an guten Tagen, stolz war, deutlich zeigte. Mein Rücken war fast komplett frei, doch ich fühlte mich sehr wohl, außer das ich das Kleid für ungewöhnlich kurz empfand, da es nur knapp über meinem Po endete. Meine blonden Haare hatte ich leicht gelockt und ein dezentes Make-Up aufgetragen.
Ich sah auf meine Wohnzimmeruhr. Ich war mal wieder viel zu früh fertig, also setzte ich mich auf mein Sofa und kramte mein Handy aus meiner Handtasche. Nachdem ich meine Nachrichten, unter anderem eine meiner aufgebrachten Mutter, die sich beschwerte, dass ich mich noch nicht gemeldet hatte, checkte ich Instagram. Gelangweilt scrollte ich durch neue Beiträge von Leuten, die ich garnicht kannte, als ich auf ein Bild des Dfbs stieß. Darauf waren, die Spieler des gestrigen Spiels, wie sie sich in den Armen lagen, vermutlich war es nach dem Tor von Julian entstanden. Als ich genauer hinsah, erkannte ich Kai und Julian, wie sie sich angrinsten, unter den vielen jubelnden Spielern. Ich erkannte, dass Leute auf dem Bild markiert waren und automatisch tippte ich auf Kais Namen. Auf den ersten Blick war sein Profil wie jedes andere, eines Fußballspielers, doch ich suchte nach anderen Bildern. Nach denen, die sein Privatleben zeigten. Unbewusst hielt ich Aussschau, nach Bildern mit Frauen, doch da waren keine. Nirgends ein Bild, auf dem kein Spielfeld zu sehen war, oder auf dem Kai nicht am Trainieren war. Mir fiel auch auf, dass er kaum Bilder mit Freunden hatte, nur ein paar einzelne. Er scheint sein Privatleben völlig aus Instagram heraus zuhalten, was ich gar nicht verkehrt fand. Ich selber hatte ein privates Konto, weshalb ich posten konnte, was ich wollte, da nur die Leute es sehen konnte, die ich wollte. Aber bei einem öffentlichen Konto, welches Kai besaß musste man vorsichtig sein.
Nachdem einem erneuten Blick auf die Uhr, machte ich mein Handy wieder aus und zog mir meine Schuhe an. Ich wusste jetzt schon, dass ich es bereuen werde, die Stöckelschuhe gewählt zu haben, doch ich zog mich so selten schick an, da musste das einfach sein. Ich musste mir eingestehen, dass Kai ebenfalls einer der Gründe war, warum ich mich heute so anzog. Mit klopfenden Herzen zählte ich also die Sekunden, bis ich Kai wieder sah.

Als es schließlich klingelte, sah ich nocheinmal prüfend in meinen Spiegel, wobei es jetzt sowieso zu spät war, um sich nochmal umzuziehen, und lief mit pochendem Herzen und zitternden Knien die Treppe hinunter. Als ich die Tür öffnete, stand vor mir Kai, mit schwarzer Hose und einem weißen, lockerem Hemd. Er lächelte mich wieder mit diesem ganz besonderen, atemberaubenden Lächeln an, nachdem er einmal an mir herunter gesehen hatte, was die Schmetterlinge in meinen Bauch wild flattern ließ. "Hey."
Ich erwiderte seine Begrüßung und schloss die Tür hinter mir. "Hast du gut hier her gefunden?"
"Ja, Juli hat es gut beschrieben."
"Juli?" Ich sah Kai mit einem schmunzeln an, während er auf die Fahrerseite und ich zur Beifahrerseite lief. Kai sah mich jetzt über den Vorderenteil seines Sportwagens an und grinste nur Kopfschüttelnd. "Ich wollte nicht, dass du wieder denkst, ich rede von einem Mädchen."
Ich sah Kai jetzt mit offenem Mund an. Natürlich hatte er recht und ich hatte genau das gedacht, als er heute Mittag Jule zu Julian gesagt hatte, aber ich hatte eigentlich gehofft, dass das nicht so auffällig war. "Was? Ich habe das garnicht gedacht."
"Nein, überhaupt nicht." , sagte Kai ironisch.
Ich schüttelte lachend den Kopf und wollte mich gerade weiter verteidigen, als Kai mich unterbrach, bevor ich etwas sagen konnte. "Schon okay, du musst dich nicht rausreden. Komm, Jule wartet." Kai sah mich herausfordernd an, doch mein Mund stand schon wieder auf. Flirtete Kai etwa gerade mit mir?
Kai stieg ins Auto und auch ich nahm jetzt neben ihm Platz. Ich wandte mich ihm zu und schüttelte nur grinsend den Kopf auch Kai sah mich, deutlich stolz, das seine Sprüche bei mir die erwünschte Reaktion hervorgerufen hatten, an. "Fahr jetzt einfach!" , sagte ich schließlich und sah nach ein paar Sekunden, immer noch grinsend, weg.

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