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Arthur saß auf der steinernen Treppe vor dem Schloss. Dort, wo er noch vor einigen Tagen mit Merlin gesessen hatte, seine Schulter an ihn gelehnt. Ihre größte Furcht war das Feuer gewesen, doch selbst das schien so unbedeutend – im Gegensatz zu den Ereignissen, die ihnen bevorstanden. Dabei war es noch gar nicht so lange her, seitdem sie den Brand bezwungen hatten. Merlin und er. Arthur wünschte, er hätte mehr Zeit, um herauszufinden, wie sie nun funktionierten. Jede Beziehung, die er in der Vergangenheit pflegte, war zerbrochen. Zumeist an ihm. An seiner Herkunft, seinem Titel oder seiner Unfähigkeit, Gefühle in Worte zu zerlegen.

Eine Hand legte sich auf seine Schulter. „Du siehst besorgt aus."

 Er sah auf. Gwen schenkte ihm ein Lächeln. Unter ihrem Arm trug sie einen geflochtenen Weidenkorb. „Hallo Gwen."

„Ich bin auf dem Weg zum Markt. Möchtest du ein Stück mit mir gehen?"

Mit einem Nicken stand er auf, lief neben ihr die Treppe hinab.

 „Möchtest du darüber sprechen?", fragte sie vorsichtig.

Er öffnete den Mund, schloss ihn dann aber wieder. Blieb ihr einer Antwort schuldig. Es gab so Vieles, über das er gerne mit ihr sprechen würde. Doch wo sollte er nur anfangen?

Auf dem Marktplatz schien das Leben der Stadt zu pulsieren. Hier wurde mit allem, was das Feuer überlebte, gehandelt. Holz, Vieh, Nahrung – die Stimmen der Marktschreier übertönten die Beschwerden der Besucher, die sich über die hohen Preise beschwerten. Nach den letzten Wochen war alles zur Mangelware. Die Preise wurden schonungslos in die Höhe getrieben, in dem Wissen, dass irgendwo einer über den Markt spazierte, der bereit war, das Geforderte zu zahlen. Aus Not das letzte Geld aufopfernd, oder kalkulierend, um es mit einem höheren Gewinn weiter zu verkaufen. Hier und da flitzten Kinder durch die Menge, die sich lethargisch durch die Gassen schob. Wenn sie erblickt wurden, tasteten die Menschen nach den Habseligkeiten, die sie mit sich trugen. Denn schneller, als man begreifen konnte, waren ihre kleinen Finger zwischen die Kleidung gefahren und erleichterten einen um die Geldbörse. Andere stahlen direkt von den Tischen der Händler, doch diese hatten mittlerweile stets ein Auge auf die kleinen Gauner.

Nach dem Brand trieb es zunehmend mehr Diebe und Betrüger in die Stadt, die mit faulen Tricks versuchten, ihren Mitbürgern den letzten Groschen aus der Tasche zu ziehen. Die Menschen, die alles verloren hatten, schienen keine Hemmung zu haben, andere in das gleiche Schicksal zu stürzen.

 Es war keine Neuigkeit für Arthur, dass die Kriminalität in den Straßen Camelots zunahm. Er hätte mehr Patrouillen ordern können, um den Markt zu schützen. Wie würde sein Vater auf ein mit Dieben gefülltes Gefängnis reagieren? Arthur bezweifelte, dass es den ausgemergelten Kindern und grauen Alten eine bessere Chance hatten, als die, die ihnen die Straße versprach,  wenn sie erst einmal im Verlies saßen. Der König schien sich nicht darum zu kümmern. In Zukunft würden ihm solche Entscheidungen zufallen, dem war Arthur sich bewusst. Womöglich schon eher, als er es sich erhofft hatte.

„Gwen-", er unterbrach das Schweigen zwischen ihnen mit einem Räuspern, „- darf ich dich etwas fragen?"

Sie nickte. Mittlerweile hatte sich ihr Korb mit Gemüse gefüllt.

„Als dein Vater starb – Wie war das für dich?"

Überrascht sah sie ihn an. Langsam legte sie den Bund Karotten wieder vor sich auf den Verkaufstisch.

„Als er... als ich...", sie schlenderten weiter durch die Gasse, „Ich hatte Hoffnung, das er nicht verurteilt wird. Dass er nicht sterben muss. Er irgendwie entkommt."

In ihrem Blick lag eine Mischung aus Trauer, aus Scham, aber vielleicht auch ein wenig Vorwurf. „Aber als ich ihn dann auf dem Wagen liegen sah, das Leichentuch über ihn gezogen... Arthur, ich dachte ein Teil von mir wäre gestorben. Ich konnte nicht glauben, dass er es war. Mein Vater! Es musste ein anderer sein. Aber er war es wirklich. Und ich war alleine. Ich habe mich so alleine gefühlt ohne ihn. Einsam."

A Tale of Destiny and Doom (BBC MERLIN Fanfiction)Where stories live. Discover now