Kapitel 12c

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 ***********Sonder Kapitel für 150 Sternchen. Danke Euch! Ich freu mich weiterhin über Kommentare, Anmerkungen und Votes. Wenn ihr wollt, meldet Euch gerne auch in PM.*********


„Was ist mit Leander?", frage ich Beynon um keinen Verdacht zu schöpfen, dass ich ihr Gespräch belauscht habe. Er hat mein Eintreten nicht mitbekommen und fährt erschrocken herum. Panik steht in seinem Gesicht.

„Emmelin", sagt er überrascht. „Wie lange stehst du schon da?" Ich sehe die Panik in seinen Augen und versuche meine Miene möglichst unauffällig zu halten.

„Ich bin gerade angekommen, als Leander wütend hinaus gestampft ist. Was ist denn los?" Versuche ich unschuldig zu klingen. Und es gelingt mir, denn Beynons angespannte Miene lockert sich und der Schreck weicht einem Lächeln.

„Nichts. Nur eine brüderliche Meinungsverschiedenheit. Mache dir keine Gedanken. Er ist manchmal etwas - wie soll ich sagen - bestimmend." Die Gelassenheit die er nach einer hitzigen Diskussion ausstrahlt, ist wirklich erschreckend. Doch ich lasse mir nichts anmerken. Ich kann nicht anders als meine Gedanken immer wieder zu dem Gespräch wandern zu lassen. Leander will mir die Wahrheit sagen. Der Gedanke verfestigt sich wie ein Lichtblick in meinen Gedanken.

Das Frühstück verläuft ohne weitere Vorfälle, allerdings bleibt Leander verschwunden. Wieder gehe ich in die Bücherei. Doch wie erwartete finde ich nichts unter den restlichen Büchern. Enttäuscht schnappe ich mir irgendein Buch und lasse mich in den Sessel fallen. Ich schlage es in der Mitte auf und starre auf die geöffnete Seite. Mein Blick geht durch das Buch und die Worte verschwimmen in meinem nicht fokussierten Blick. In Gedanken gehe ich den Text aus Caspians Erinnerung durch.

Onur toolb ronigmal ud nemral fer sotan ca comgin ligit fo nagi dervilt. Onur staduren midte nak tunle nela. Ebevie consiquegt allea nym dinich.

Unter dem Text waren zwei unleserliche Unterschriften, was aus dem Schriftstück eine Art Vertrag macht. Aber die letzten Worte ergeben für mich keinen Sinn. Ich geh noch einmal gedanklich über die Seiten von Caspians Journal und den Namen die gelistet sind. Doch alles macht keinen Sinn. Verzweifelt verschiebe ich das Problem zu einem anderen Tag. Oberste Priorität hat immer noch meine Flucht und die Antwort auf meinen Aufenthalt hier.

Leander will mir die Wahrheit sagen, aber Beynon ist ganz offensichtlich dagegen. Was ist schon dabei, wenn ich die Wahrheit kenne? Ich bin hier gefangen. Was soll ich schon mit der Wahrheit anfangen? Und hatte Beynon nicht gesagt, dass er mir Antworten gibt, irgendwann? Also wieso nicht jetzt? Bis die Zeit abgelaufen ist, hat er einmal aus Versehen gesagt. Doch welche Zeit? Meine Gedanken füllen sich mit so vielen Fragen, dass ich nicht bemerke, wie jemand in die Bibliothek kommt. Erst als jemand eine Hand auf meine Schulter legte, schrecke ich hervor.

„Oh, tut mir leid. Du warst wohl sehr vertieft in..." Er schlägt das Buch etwas zurück, um den Titel zu lesen. „Die Kunst des Töpfern", liest er amüsiert und etwas verwirrt vor. Mir war nicht bewusst welches Buch ich aus dem Regal genommen habe, aber ich bin froh, dass es nichts Peinliches ist.

„Emm ... ja tut mir leid Beynon. Was gibt es?" Er schaut mich nachdenklich an, als versuche er meine Gedanken zu lesen. Spätestens jetzt muss er Zweifel haben, weshalb ich in der Bibliothek bin.

„Ich dachte mir, etwas Abwechslung tut dir gut", verkündet er vorfreudig. Mein erster Gedanke geht zum Rummel. Unsicher weshalb, denn nichts deutet darauf hin, dass wir so bald zurückgehen würden.

„Ich denke mal", sage ich etwas unsicher. Wenig später bringt mich Beynon in einen kleinen Saal mit breiten Sessel und einer großen Leinwand. Popcorn steht bereit und auch eine Zuckerwatte leuchtet mir in einem pink entgegen. Vor ein paar Tagen hatte er mir schon einmal angeboten einen Film zu sehen, aber um Dinge nicht kompliziert zu machen, hatte ich mich herausgeredet. Obwohl, ich zu gerne einen gesehen hätte. Es ist eine willkommene Ablenkung. Denn all die Fragen, die in meinem Kopf schwirren, bringen mich nicht weiter. Ich muss weiter daran arbeiten Beynons Vertrauen zu gewinnen, um die Antworten aus ihm zu bekommen.

Zudem bekomme ich, einen weiteren Palastabschnitt zu Gesicht. Zu meiner Freude schließt sich auch Willy an. Erleichtert atme ich auf, weil ich nicht mit Beynon alleine in einem abgedunkelten Raum sitzen muss. Während des ganzen Filmes sitzt der Kleine auf meinem Schoss und ich drückte ihn feste an mich. Dem Film schenke ich nicht viel Beachtung, denn ich versuche mir jede Locke, jedes Muttermal, jede Kontur meines kleinen Bruders zu merken.

Ich liebe ihn so sehr, dass ich mir jeden Zentimeter merken will für die Zeit in der wir getrennt sind. Auch Beynon schenkt dem Film wenig Beachtung. Doch sein Blick gilt nicht Willy. Ich versuche mir nicht anmerken zu lassen, dass ich seinen Blick bemerke. Ein unangenehmes Kribbeln breitet sich aus, jedes Mal, wenn ich ihn auf mir spüre. Als der Film vorüber ist, schickt Beynon Willy schon einmal zum Mittagessen und bittet mich noch kurz zu bleiben. Er ist angespannt und erneut wird mir unwohl. Zwar fürchte ich seine Anwesenheit nicht mehr, doch wohlfühle ich mich auch nicht.

„Emmelin." Er pausiert kurz und spielt etwas nervös mit seinen Händen. „Was kann ich tun, dass du glücklicher bist?" Mit dieser Frage habe ich nicht gerechnet und sie trifft mich unerwartet. Er muss meinen Schock sehen und fügt schnell hinzu. „Ich meine ... also ... damals beim Rummel. Du warst so glücklich. Keine Sorge der Welt schien auf dir zu lasten. Und bei den Spaziergängen mit..." Er muss kurz schlucken bei dem Gedanken an Leander und wieder sehe ich einen Anflug von Eifersucht. „Wenn du die Sterne beobachtest. In diesen Momenten warst du so glücklich. Ein Lächeln schmückt zwar dein Gesicht, doch es erreicht deine Augen nicht. Nicht so wie, wenn du deinen kleinen Bruder siehst. Was kann ich tun, dass diese Lächeln bleibt?"

Seine Aufmerksamkeit beunruhigt mich. Ich dachte, ich habe ihn mit meinem Lächeln überzeugt. Ihm ein gutes Schauspiel geboten, doch so wie es aussieht, hat er es schon die ganze Zeit durchschaut. Das erklärt zumindest, weshalb er mir erlaubt in die Bibliothek zu gehen und mir das Papier brachte. Er will mich glücklich sehen. Doch was glaubt er, dass ich als Gefangene wirklich glücklich sein kann? Die Momente, die er erwähnt, sind die, in denen ich meine Situation vergesse, alles um mich herum und nur in dem Moment lebe.

Er weiß genau was ich will. Antworten. Wie Leander gestern, wird auch er sie mir nicht geben. Ich starre ihm eine ganze Weile in die Augen. Die eisblauen Augen, die mit jedem Tag wärmer werden. Unfähig ihm zu antworten, starre ich. Die Frage ist so banal und trotzdem meint er sie aufrichtig. Als die Türe aufgerissen wird, atme ich erleichtert auf.

„Da seid ihr ja." Höre ich Leander sagen und im nächsten Moment in den Raum treten. „Willy hat mir gesagt, dass ich euch hier finde. Ihr seid zu spät", sagt er neckisch, aber ich spüre die Anspannung zwischen den Brüdern. Beynon hat sich nicht zu seinem Bruder gedreht, sondern starrt immer noch mir entgegen.

„Überlege es dir, okay?", sagt er sanft und so leise, dass Leander es nicht hört. Dann streicht er mir ein paar Strähnen hinters Ohr und hält mir seinen Arm entgegen. Du musst wirklich besser auf deine Frisur achten. Die Geste scheint eine Gewohnheit zu werden, bemerkt mein Verstand an. Ich hake mich befangen bei ihm unter und sehe kurz wie mein Handeln Leander, zum Grübeln bringt. Meine Situation ist schon schwer genug, ich habe keine Lust in eine Bruderfehde zugeraten. Doch im Moment führt kein Weg darum.

Die Flucht (Merahs Fluch 2)Unde poveștirile trăiesc. Descoperă acum