✧ Kapitel 20 ✧

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Furuta breitete grinsend seine Arme aus, bedrohlich nahe stand er an der Fensteröffnung.
"Sie sind Ghule, meine Herrschaften", verkündete er.
Norman ballte seine Hand zur Faust, ihm war es anzusehen, wie sehr er sich bemühte, Ruhe zu bewahren.
"Hören Sie auf zu lügen", knurrte er und trat einen Schritt nach vorne. Emma hingegen zuckte zusammen, schließlich war es ihre Schuld gewesen. Sie war diejenige, die Furuta überredete.
"Sie haben mir schon das genommen, was mir lieb ist, und Sie haben Emma den Menschen umgebracht", sprach Norman bedrohlich kalt.
Furuta jedoch grinste nur noch breiter, er streckte seinen Zeigefinger aus und zeigte auf Emma.
Norman folgte dem Finger und sah ihr in die Augen.
Schuldbewusst nickte Emma.
"Er hat Recht", wisperte sie bedrückt.
"Ich habe ihn dazu überredet."
"Emma...", sprach Norman sanft und schenkte ihr ein leichtes Lächeln.
"Es ist alles in Ordnung."
Er drehte sich um und trat mit schnellen Schritten auf den Schwarzhaarigen zu. Kurz bevor er ankam und mit seinem Arm ausholte, ließ sich Furuta rücklings aus den Fenster fallen, er stürzte mutwillig in die Tiefe.

Derweil erklomm Ito das Fenster auf der gegenüberliegenden Seite, im Gegensatz zu Furuta war er schwer bewaffnet mit einer Quinke aus einer Federkralle.
Emma erkannte es sofort in seinem aufgebrachten, hochkonzentrierten Blick:
Ito war der Schütze, der Norman fast umbrachte.
Nachdem er sich mühevoll aufgerichtet hatte, betrachtete er Norman voller Verwirrung.
"Du bist unverletzt?", fragte Ito und trat näher zu ihn.
"Wurdest du nicht schwer verwundet?"
Norman drehte seinen Oberkörper leicht um, mit seinen blauen Augen starrte er Ito eiskalt an. Es war, als würde ihn eine düstere Aura umgeben.
"Du hast geschossen", zischte Norman, er blinzelte nicht ein einziges Mal.
"Du hast mich fast getötet."
"I-ich wollte doch nur d-die Ghula treffen, und nicht dich!", versuchte Ito sich zu verteidigen und hob beschwichtigend die Hände.
Emma wich zurück, sie wollte hier nicht im Kreuzfeuer stehen.
Norman drehte sich nun komplett um und bewegte sich langsam, aber entschlossen auf den Fahnder zu.
"Warum sind's immer die Weißhaarigen, die zu Psychopathen werden", flüsterte Ito, er zwang sich ein Lächeln auf, während er rückwärts zum Fenster stakste.
"Platinblond", zischte Norman ihm zu, Ito legte seinen Kopf schief.
"Wenn du in der Lage bist, zu sehen, dann kannst du erkennen dass meine Haare nicht weiß sind. Genauso wie du hättest erkennen können, dass du mich auf alle Fälle getroffen hättest."

Norman drängte Ito immer näher an den tiefen Abgrund heran, in den Augen des Fahnders glänzte die Angst.
Emma sprang auf und mischte sich nun doch in das Geschehen ein, sonst würde Norman den Mann in den Tod drängen.
"Hört auf!", rief sie selbstbewusst.
"Ihr seid doch immer noch Kollegen, und dem einen sind eben Fehler unterlaufen!"
"Das ist niedlich, Emma", schmunzelte Norman, er wandte seinen Blick aber nicht von Ito ab.
"Es ist bewundernswert, dass du jedem helfen willst, selbst wenn diese Person nichts als deinen Tod begehrt, aber diesmal muss ich deine Bemühungen leider ignorieren."
Ito war nun an dem Abgrund angekommen, ein weiterer Schritt nach hinten würde seinen Sturz bedeuten, Norman legte es nur darauf an.
Plötzlich verharrte er in seiner Bewegung, ein Funkgerät begann zu rauschen.
"Die Eule... flieht... Einheit A fast... ausgelöscht..." , erklangen die verzerrten Worte aus dem kleinen, schwarzen Kasten.
Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, zückte er das Funkgerät und hielt es sich an den Mund.
"Verstärkung kommt sofort", sprach er schnell, dann trat er von Ito weg auf Emma zu.
"Kuramoto, wir müssen schleunigst zum Hauptkampf", meinte Norman im Befehlston, dann sah er Emma sanft an.
"Du auch. Wir müssen jetzt alle zusammen für dieselbe Sache kämpfen. Es sind bereits unzählige Ermittler umgekommen."

Mit hoher Geschwindigkeit und viel Geschick folgte Emma ihm durch die Gassen des zwanzigsten Bezirkes, direkt zu der unterirdischen Basis der Ghule, bei denen sie eine halbe Ewigkeit lebte.
Kurz bevor sie das Schlachtfeld erreichten, hielt Norman in einer engen Gasse an.
In der düsteren Ecke ließen sich einige Ermittler nieder und versuchten, sich von den Verletzungen zu erholen.
"Norman, das ist verdammt gefährlich da", warnte einer der leicht Verletzten und trottete in schwerer Kampfausrüstung auf sie zu. Auf einmal hielt er inne und starrte Emma an.
Auch sie riss ihre Augen vor Überraschung auf, eine feine Träne rollte ihr Gesicht hinunter.
"Ray, du hast doch gesagt dass du mit dem CCG nichts am Hut haben willst", meinte Emma.
Der Schwarzhaarige holte mit der Hand aus und gab ihr eine gehörige Backpfeife.
"Du Vollidiot, warum bist du einfach verschwunden?", knurrte er und schloss sie in seine Arme.
"Wir haben uns alle Sorgen gemacht, vorallem Norman."
Ray löste sich wieder und wischte sich eine kleine, emotionale Träne weg.
"Ernsthaft, der Kerl hat sogar eine Ghula nach dir gefragt, dabei hasst er Ghule", lachte er.
Sein Blick wanderte auf und ab, musterte Emma von oben bis unten, dann verschwand sein Lachen wieder.
"Oh mein Gott", flüsterte er verdutzt.
"Ray, wir müssen dir etwas sagen", mischte sich Norman ein und nahm einen tiefen Atemzug.
Angespannt kniff er die Augen zusammen, und als er sie wieder öffnete, leuchtete dem Schwarzhaarigen eine rote Iris entgegen.

Ray taumelte rückwärts und stieß gegen die Häuserwand, seine eigene Quinke richtete er unbewusst auf Norman.
"Emma hat mir dadurch das Leben gerettet. Ich wäre sonst gestorben", erklärte er behutsam, er hob beschwichtigend seine Hände.
Ray jedoch ließ die Waffe nicht sinken, er blieb wie erstarrt stehen und presste seinen Rücken gegen die Wand.
"Ich kann's dir nicht verübeln", meinte Norman durch zusammengebissene Zähne.
"Wir sind unregistrierte Ghule, es ist deine Pflicht als Ermittler, uns zur Strecke zu bringen."
"Tickst du noch richtig?", entgegnete Ray verbissen, Norman und Emma legten ihre Köpfe schief.
"Bist du komplett bescheuert?", wiederholte er, verwirrte die beiden nur noch mehr.
"Wenn du denkst, ich könnte euch so mir nichts, dir nichts umbringen, dann kennst du mich aber schlecht."
Emma warf einen angespannten Blick zu Norman, der jedoch erleichtert aufatmete.
Ray sank an der Wand hinunter zu Boden, legte einen Arm über die schmutzige und verschwitzte Stirn.
"Meine beiden besten Freunde sind Ghule", lachte er kopfschüttelnd.
"Sorgt lieber dafür, dass ihr euch schnell registrieren lasst."

"Erstmal müssen wir uns um den Kampf kümmern", sprach eine vierte Stimme mahnend.
"Minerva, verstärkt die Quinks."
Aus der dunklen Gasse trat Ken Kaneki hervor.
Norman nickte verstehend und sprang sofort los, während Ray sich wieder seinem verletzten Team zuwandte.
Emma dagegen blieb stehen und wartete auf Anweisungen.
"Du warst auch angesprochen", meinte Ken.
"Du sollst auch die Quinks verstärken, Minerva."
Sie spürte, wie ihr Herz gegen ihre Brust pochte und ein seltsames Gefühl in ihr empor stieg.
Sie drehte sich um und wollte gerade Norman zu Hilfe eilen, da räusperte sich Ken ein letztes Mal.

"Danach müssen wir unbedingt unter vier Augen reden, wir haben noch ein Hühnchen zu rupfen", sprach er etwas amüsiert, wenn auch mit mahnendem Unterton.
Plötzlich wurde aus dem seltsam wohligen Gefühl ein eher unangenehmes Gefühl, als wäre sie ertappt worden.
Schließlich setzte sie sich in Bewegung und eilte Norman zu Hilfe im Kampf gegen ihre neu gewonnenen Freunde.

Ein Kampf, dem sie lieber ausgewichen wäre.

IDENTITY | [The Promised Neverland • Tokyo Ghoul FF]Où les histoires vivent. Découvrez maintenant