✧ Kapitel 18 ✧

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Das Leben in den Katakomben war entspannt, es war ein normales Stück Alltag, den Emma schon lange nicht mehr erlebt hatte.
Eine friedliche Stimmung lag in der Luft, es gab nicht ein einziges Anzeichen auf Ärger.

Mit einem Buch in der Hand spazierte sie den kühlen Gang entlang. Sie war auf dem Weg zu Shuu, nachdem sie erfahren hatte, dass es ihm wieder besser ging, wollte sie sich unbedingt entschuldigen.
Und ihn ausfragen, nach den Büchern, nach Ken, nach Liz.
Sie öffnete die Tür einen Spalt weit und lauschte dem Gespräch im Inneren.
"Wir können Emma nicht mit nach Rushima nehmen, das wäre fatal für sie", hörte sie Eto sagen.
"Sie steht noch immer mit einem Fuß in der Menschenwelt."
"Aber zur Hälfte ist sie eine Ghula", entgegnete Shuu empört.
"Mit Liz' Krallen!"
"Was gedenkst du zu tun, Eto? Alle Ghule umbringen, die Liz' Krallen haben?", brummte Ayato, er tigerte im Raum herum und trat in Emmas Blickfeld.
"Wenn Furuta kein Material mehr hat, findet er eben Neues. Im schlimmsten Fall provoziert er Ken oder Emma so sehr, dass ein neuer Drache auferstehen wird."

Sie wich erschrocken nach hinten. Hatte der Phönixbaum doch etwas mit ihr vor?
"Hey Emma!"
Hinami flitzte eilig an ihr vorbei, und doch nahm sie sich eine Sekunde Zeit, Emma freundlich zu begrüßen.
Sie schmiss die Tür auf und stürmte direkt zu Eto.
"Furuta wurde in einem Gebäude im Zwanzigsten verortet!", verkündete sie.
"Da, wo einst das Café Antik stand! Da wird jetzt ein neues Gebäude gebaut, und da drin hält er sich während des Baustopps versteckt!"
Eto grinste triumphierend.
"Dann holen wir uns den Kerl mal", kicherte sie.
Die Ghula marschierte an Emma vorbei, die anderen taten es ihr gleich, gemeinsam liefen sie zu dem Ausgang.
Schwerer Regen prasselte schonungslos auf die Straßen hinab, er durchnässte die Ghule sofort.
"Dann lasst uns schnell zum Antik gehen", seufzte Ayato auf, mit seinen Händen versuchte er jämmerlich, seinen Kopf vor den prallen Tropfen zu schützen.

"Ihr geht nirgendwo hin", erklang eine Stimme aus einem Megafon, um die kleine Gruppe Ghule sammelten sich Ermittler des CCGs.
"Ihr werdet jetzt auf die Knie gehen und euch ergeben!"
"Wie wär's mit einem nein?", fragte Ayato und sprang sofort auf einen der Ermittler zu, ließ Geschosse auf ihn regnen.
"Gut, dann machen wir es so wie Ayato", meinte Eto schulterzuckend.
"Seht zu, dass wir uns bei Furuta treffen."
Dann verschwand auch sie in der Menge.
Der Kreis löste sich auf, die restlichen Ermittler unterstützten ihre Kollegen in Kampf gegen Eto, so konnten Hinami, Emma und die anderen Ghule des Phönixbaum flüchten. Bevor auch Emma sich auf den Weg machen konnte, hielt Shuu sie an der Schulter fest.
Er beugte sich zu ihrem Ohr hinunter, frech grinsend.

"Wollen wir ein kleines Wettrennen machen? Wer zuerst bei Furuta ist, darf mit dem Verlierer eine Sache machen?"
Sie spannte ihren ganzen Körper an. Shuu wollte sie unbedingt fressen, er war nahezu besessen von ihr. Musste Ken das auch erdulden?
"Dafür haben wir jetzt echt nicht die Zeit!", fauchte Hinami.
"Die Quinks sind in der Nähe, sie halten sich noch zurück und lauern uns auf."
Shuu lachte auf.
"Wie gesagt, Mademoiselle Mujika. Wer zuerst bei Monsieur Furuta ist."
Der Gourmet sprang voraus in den Regen.
Wie Hinami es vorrausgesagt hatte, stürzten die drei Ermittler des Team Quinks auf ihn herab.
Kuki Urie übernahm die Führung, gut unterstützt von Toru Mutsuki. Emma konnte sogar die etwas übergewichtige Saiko Yonebayashi erkennen.
Besorgt warf Emma einen Blick zu Hinami.
"Keine Sorge, der kommt allein mit denen klar. Wir sollten weitergehen."

Nur wenige Straßen weiter stoppten sie abrupt. Hinami erstarrte, nachdem sie auf dem Bürgersteig gelandet war.
"Emma, tu' mir bitte einen Gefallen", murmelte die Brünette.
"Achte nicht auf mich und geh' zu Furuta. Mir wird nichts passieren."
Sie nickte verstehend und machte sich bereit. Ihr Blick war stur geradeaus gerichtet, sodass sie sich nicht von Hinami ablenken lassen würde.
"Und los!", rief die Brünette. Dicht nebeneinander stießen sie sich vom Boden ab. Aus der Nebenstraße schossen zwei Ghule in die Luft, packten Hinami und zogen sie wieder zurück. Sie waren nicht bösartig, wollten sie nicht verletzen.
"Lauf, Mujika!", schrie sie Emma hinterher, ehe Touka ihr eine Hand auf den Mund legte.
Jetzt war Emma alleine, sie konnte sich nicht mehr auf die Unterstützung der anderen verlassen. Jetzt konnte ihr aber auch nichts mehr passieren, alle Fahnder und Ermittler waren mit den anderen beschäftigt.

Geschickt sprang sie von einer Straßenlaterne zur anderen, in einiger Entfernung erblickte sie schon die Baugerüste des ehemaligen Cafés. Sie hatte ihr Ziel fast erreicht, wollte gerade ihre Maske vom Kopf lösen, da zog ein Gewicht sie nach unten. Trotz dass sie unsanft auf dem Boden aufschlug, rappelte sie sich schnell wieder auf und stellte sich dem Feind entgegen. Wütende, blaue Augen strahlten ihr entgegen.
Emma wollte nicht recht glauben, gegen wenn sie nun kämpfen musste.
"Wie schade, Mujika", knurrte Norman sie an.
"Ich habe gehofft, dass wir uns unter anderen Umständen wiedersehen."
Er drückte auf einen Knopf an seinem silbernen Aktenkoffer, und auf einmal erschien eine schwertartige, tiefrot leuchtende Klinge, seine Quinke.
Ohne zu zögern holte er aus und schlug nach ihr, Emma konnte nur ausweichen. Ihre Beine zitterten, ihr Herz bebte. Sie konnte einfach nicht gegen Norman kämpfen, sie wollte es nicht. Sie würde es sich niemals verzeihen, wenn sie wieder in ihren tranceartigen Zustand verfiel und ihn schwer verletzen, oder gar umbringen würde. Norman konnte sich nicht regenerieren, wie Shuu es getan hatte.
Emma wich immer wieder zurück, ohne ihre Krallen auszufahren.
Norman drängte sie an eine Hauswand, sie war eingekesselt.
Er holte erneut aus und ließ die Spitze der Klinge auf ihren Kopf zuschnellen. Emma kniff die Augen zusammen, hob schützend ihre Hände. Ein Klirren erklang, seine Quinke lag plötzlich unbewegt auf dem Bürgersteig.

Norman hastete zur Seite, um sich die Klinge wieder zu schnappen. Emma nutzte diese Gelegenheit, um von der Fassade Abstand zu nehmen und wollte gerade wieder die Laterne emporklettern, da durchbohrte die Klinge ihre Schulter. Vor Schmerzen fiel sie auf die Knie, sie biss die Zähne zusammen.
Er trat auf sie zu, zog die Quinke aus ihr heraus. Ihr Blut tropfte auf den schon nassen Boden, es verfloss auf dem Stein.
Emma hob ihren Kopf, sah zu ihm hinauf, nur um einen eiskalten, abwertenden Blick zu erhalten. Es schmerzte ihr im Herzen, ihn so zu sehen.
Norman holte mit seinem Bein aus, mit voller Kraft trat er gegen ihren Kopf und schleuderte sie auf die unbefahrene Straße.
Ihre Sicht verschwamm, sie spürte das warme Blut, das sich mit dem kalten Regen vermischte und ihr Gesicht langsam herunterlief.
Sie erkannte schwer atmend die schützende Maske, die wenige Meter von ihr entfernt lag.
Sie erkannte nun, weshalb man ihn den Todesengel nannte. Er zögerte nicht, er zweifelte nicht. Er war felsenfest von sich überzeugt und eiskalt in seinem Job.

Mit leicht geöffneten Augen erkannte sie, wie Norman auf sie herabsah, die rote Klinge auf sie gerichtet.
Sie kniff ihre Augen leicht zusammen, erwartete sehnlichst den Gnadenstoß.

IDENTITY | [The Promised Neverland • Tokyo Ghoul FF]Where stories live. Discover now