✧ Kapitel 9 ✧

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Schnell holte Emma Shuu ein. Überrascht blickte er zur Seite, jedoch wandelte sich sein Gesichtsausdruck schnell zu einem freundlichen Lächeln.
"Du hast die richtige Entscheidung getroffen, du wirst es nicht bereuen", meinte er und setzte seinen Weg fort.
"Dürfte ich deinen Namen erfahren, Mademoiselle?"
Emma blieb stumm, sie zögerte. Konnte sie ihm denn vertrauen? Shuu seufzte leise.
"Dann lege ich eben vor. Ich bin Shuu Tsukiyama, momentaner Leiter des Tsukiyama-Konzerns."
Ihre Augen wurden groß. Sie erinnerte sich, dass der Tsukiyama-Konzern einer der größten Wirtschaftsgiganten weltweit war, mit vielen verschiedenen Tochterunternehmen.
Für eines dieser Tochterunternehmen hatte Emma bis vor kurzem noch gearbeitet.
"Ist alles in Ordnung?", fragte Shuu ein wenig besorgt.
Emma schüttelte sich.
"Ja, alles in Ordnung", seufzte sie.
"Ich... bin Emma, ehemals tätig bei Apollo TEC."

"Emma", wiederholte Shuu, nun war er der Überraschte.
"Ein wunderschöner Name, meine Tante hieß genauso. Hast du zufällig auch deutsche Wurzeln?"
Sie legte ihre Hand ans Kinn an und überlegte. Sie wusste nicht, aus welchem Land sie stammte, sie wuchs schließlich in einer vollkommen anderen Welt auf.
Shuu hob die Hand an.
"Ist ja aber auch nebensächlich", meinte er und räusperte sich. "Arbeitest du nicht mehr bei Apollo TEC?"
"Ich wurde gekündigt, nachdem ich krankheitsbedingt nicht mehr zur Arbeit gegangen bin", erklärte Emma, ihre Stimmung sank wieder.
"Ich lag für geraume Zeit im Koma, wissen Sie..."
"Belassen wir es beim du", warf er sofort ein.
"Das ist doch unverschämt, dich einfach so zu feuern."
Leise seufzte Emma auf. Sie konnte nichts mehr dagegen unternehmen, jetzt musste sie einfach das Beste aus ihrer Situation machen.
"Wo gehen wir eigentlich hin?", fragte sie mit gesenkter Stimme. Shuu blickte lächelnd auf sie herab, vor ihr baute sich ein riesiger, unterirdischer Saal auf.
"Willkommen im Restaurant der Ghule, Version Nummer zwei!"

Emma trat dem Geländer vor ihr näher und warf einen Blick nach unten. Der Saal war wie eine Arena aufgebaut, um diese tief gelegene Plattform herum waren Sitze angebracht, aber auch Stehplätze, als hätte Shuu sie gerade zu einem Fußballspiel geführt.
"Das hier ist die VIP-Lounge, hier sitzen nur meine persönlich eingeladenen Gäste. Und natürlich diejenigen, die die Schlächter und Gladiatoren anschaffen", erklärte Shuu ihr. Emmas Magen drehte sich. Sie hatte eine wahnsinnig unangenehme Vorahnung, was sie hier gleich bezeugen würde.
"Heute gibt es zusätzlich noch eine Auktion, wenn du magst spendiere ich dir ein Menschlein."
Sie kniff die Augen unter der Maske zusammen. Dies hier war der letzte Ort, an dem sie sich gerne befinden würde.
"Angenehmen Abend, Gourmet", sprach eine fremde Stimme. Ein ebenso groß gebauter Mann betrat die Lounge und setzte sich auf einen der samtweichen Stühle, sein Gesicht war von einer gefiederten Maske bedeckt.
"Ich hoffe doch wohl, dass die Clownsmasken uns heute wertvolle Ware präsentieren."
"Keine Sorge, Monsieur", antwortete Shuu sichtlich erregt.
"Einen Teil der Ware habe ich selber begutachtet."
Emma wollte einfach nur von hier verschwinden. Sie bezweifelte es, dass diese ganze Sache mit der Auktion und den Kämpfen wirklich legal war, selbst für registrierte Ghule. Diese Art des Menschenhandels war ihr leider zu gut bekannt, damals galt sie selber noch als Ware für Monster.

Die Ränge füllten sich allmählich, die Bühnenlichter schalteten sich ein. Eine kleine Gruppe an Ghulen, die allesamt clownsartige Masken trugen, ließen das Publikum mit einer kleinen Show verstummen. Gegenseitig spielten sie sich Streiche, warfen mit Torten und balancierten auf Bällen, bis sich der größte unter ihnen ein Mikrofon schnappte.
Er räusperte sich, dann setzte er seine Willkommensrede an:
"Herzlich willkommen, meine geehrten Damen und Herren. Ich begrüße Sie ihr zu dieser Auktion! Sollten Sie eine Ware erworben haben, können Sie sich entscheiden, ob Sie diese beim folgenden Kampf einsetzen wollen!"
Ein kalter Schauer jagte ihren Rücken hinunter. Diese Stimme gehörte zu Uta, dem Ghul, der ihre Maske erschaffen und sie vor Norman geschützt hatte.
"Wenn es keine Fragen gibt, legen wir direkt los!"
In Handschellen gekettet führte ein etwas kleinerer Ghul einen Menschen auf die Bühne.
"Hier haben wir einen jungen und unbekannten Schauspieler, der noch nicht einmal seine erfolgreichste Zeit erreicht hat! Startwert liegt bei einer Million Yen!"
Die Schilder schossen in die Höhe, unzählige Ghule boten für ihn, nur Emma regte sich nicht.
"Ist der nichts für dich, Emma?", fragte Shuu leise und legte eine Hand auf ihre Schulter.
"Kann ich verstehen, der ist ja kein sonderlich hübscher Schönling."
"Drei Millionen Yen? Gibt es noch ein höheres Gebot?", rief Uta, während sein Kollege drei Mal klopfte.
"Der junge Schauspieler geht an die Dame dort hinten!"
Der nächste Mensch wurde auf die Bühne gezerrt, so ging das immer weiter. Mensch für Mensch, Gebot um Gebot.

"Der nächste Mensch ist noch ein Teenager, ein ziemlich trotziger Bursche", stellte Uta den nächsten vor. Emma sprang von ihrem Sitz auf und stützte sich gegen das Geländer.
Ängstlich funkelten die blauen Augen, streiften Emmas Blick, doch erkannten sie nicht.
Es war Phil, der dort in Handschellen auf der Bühne von den Ghulen schikaniert wurde.
Flehend sah sie zu Shuu, er schmunzelte nur.
"Den möchtest du haben? Dann beschaffe ich ihn dir."
Shuu reckte ein Schild in die Höhe. Er dachte nicht einmal daran, sich hier wieder zurückzuziehen.
"Wir sind schon bei fünf Millionen!"
Auf der anderen Seite des Saales hielt eine ziemlich übergewichtige Frau ebenfalls ihr Schild hoch, sie schien nicht aufgeben zu wollen.
"Zehn Millionen!"
Shuu knirschte mit den Zähnen.
"Big Madame will den Kleinen echt haben, und leider ist sie auch ziemlich wohlhabend."
Etwas panisch musterte Emma die Frau. Ihr Gesicht versteckte sich nur hinter einer runden Sonnenbrille und einem großen Hut. Auch war Emma aufgefallen, dass sie bisher nur für die männlichen Waren geboten hatte.
"Dreißig Millionen!"
Shuu tappte mit dem Lackschuh auf dem Boden herum, doch sein Schild hielt er noch immer oben.
"Sie zieht mir echt das Geld aus der Tasche", grummelte er.
Uta trat näher an Phil heran.
"Beide noch übrig gebliebenen Mitbieter scheinen nicht aufzugeben, deswegen nehmen beide jetzt ihre Schilder herunter", sprach der Ghul erwartungsvoll, Emma spannte ihren Körper noch einmal mehr an.
"Auf drei nehmt ihr die Schilder wieder hoch. Derjenige, dessen Schild als erstes oben ist, gewinnt die Auktion!"
Sie klammerte sich am Geländer fest und starrte Big Madame an. Eigentlich wollte sie sich einfach die Ohren zuhalten und die Augen zusammen kneifen, aber sie konnte es einfach nicht.
Uta begann, von drei abwärts zu zählen.

"Drei."
Emma legte die Hände wie bei einem Gebet zusammen.

"Zwei."
Nun schloss sie ihre Augen.

"Eins."
Ein tiefer Atemzug, um sich zu beruhigen.

"Null."
Emma öffnete nun die Augen und beobachtete Big Madame, ihr Schild ragte wieder in die Höhe.

"Und dieser kleine Kerl geht an Big Madame!"

IDENTITY | [The Promised Neverland • Tokyo Ghoul FF]Unde poveștirile trăiesc. Descoperă acum