Teil 10: Burger, Billiard & Bier

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Aber ich gönne es ihr, dass endlich mal wieder ein Kerl in ihr Leben getreten ist, an dem sie wirkliches Interesse hat. Nach ihrer letzten Beziehung hatte ich oft das Gefühl, dass sie zwar äußerlich souverän ist, aber innerlich fast platzt keinen Partner mehr zu haben, der ihr das Wasser reichen kann.
Könnte Kev diese Lücke tatsächlich füllen?

"Und was werden die Damen essen? Einen Salat mit fettarmem Dressing?" reizt Kev uns amüsiert, bevor wir überhaupt die Chance hatten in die Speisekarte zu gucken

"Oh Mondieu, du willst dir wohl gleich Feinde machen", lacht Luca laut auf und schlägt sich beide Hände vor den Mund.

"Ich hätte dich wohl kaum in eine Burgerbar geschleppt, wenn ich fettiges Essen nicht zu schätzen wüsste", antworte ich Kev und schüttle mit dem Kopf.

"Gut, ich hatte schon Angst nachher alleine etwas zu Essen, während ihr mir gierig auf den Teller starrt."

Er sieht zu Marry, die hysterisch kichert und schnappt sich dann die Speisekarte.

"Hat sich Mister sexy Boss eigentlich nochmal gemeldet?" höre ich Luca vorlaut sagen und zucke erschrocken zusammen.

Spinnt er eigentlich?
Er kann doch nicht vergessen haben, dass Kev mit unserem Boss befreundet ist. So unauffällig wie möglich trete ich ihm unter dem Tisch gegen sein Bein.
Schmerzerfüllt verzieht er sein Gesicht und beißt sich dabei auf die Lippen. Erst jetzt scheint ihm klar zu werden, welchen Fehler er begangen hat.
Er hat es tatsächlich vergessen. Unglaublich.

"Mister sexy Boss?", fragt Kev neugierig, worauf ich mir ein lautes Aufstöhnen verkneifen muss.

Da haben wir den Salat!

"Ist damit der gemeint, von dem ich denke, dass er gemeint ist?"

Ich zucke, als wäre ich unwissend, mit den Schultern und vertiefe mich in die Speisekarte in der Hoffnung, dass er keine weiteren Fragen stellen wird. Auch Luca ist plötzlich sehr interessiert an seiner Speisekarte.
Doch ich habe mich leider geirrt.

"Was hat Abraham angestellt?" bohrt Kev nach.

"Nichts", antworte ich, als hätte ich immer noch keine Ahnung und blättere meine Karte um.

"Oh man, dass hört sich ja gar nicht gut an."

Luca kann sich auf Kev's Kommentar einen verstohlenen Blick nicht verkneifen. Bevor er allerdings ein Kommentar fallen lassen kann, trete ich ihn erneut unter dem Tisch. Er zuckt kurz zusammen, hält aber seine Klappe und wendet seine Augen hastig wieder von mir ab.

Nachdem sich eine ungewohnte Stille am Tisch ausbreitet und jeder auf einmal intensiv mit der Speisekarte beschäftigt ist, gibt Kev es auf etwas aus uns heraus bekommen zu wollen und blickt ebenso in seine Karte. Er blättert ein paar Seiten um und gibt unerwartet einen lauten Seufzer von sich.
Prompt schauen wir drei ihn fast synchron an.

"Eins muss man über Abraham wissen um ihn besser zu verstehen. Seine harte Schale ist bei weitem nicht so hart, wie er immer tut."

Interessiert an seinen Worten, lege ich meine Karte beiseite und schaue ihn aufmerksam an.

"Wie meinst du das?" möchte ich von ihm wissen.

"Naja, er hat eine Menge Verantwortung zu tragen. Die Firma, Presse, seine Schwester. Es ist nicht so leicht ein Benks zu sein und vor allem sich der Familienpolitik als Zweitgeborener zu fügen. Da ist es nur verständlich, dass er sich ein dickes Fell zulegen musste um nicht unter zu gehen. Aber ich frage mich immer, ob dieses dicke Fell nur eine äußerst gute Schauspielleistung von ihm ist."

So etwas zu hören, macht mich traurig. Es muss wirklich hart sein unter ständigem Leistungsdruck durch die Familie zu stehen. Meine Eltern haben mir zu meinem Glück nie etwas aufgezwungen und wenn etwas nicht so lief wie ich es wollte, dann waren sie immer für mich da um mich aufzufangen. So etwas sollte keinem Menschen auf der Welt verwehrt bleiben. Kein Wunder hat er so eine dicke Mauer um sich errichtet.
Ich seufze innerlich bei der Vorstellung, dass mein Boss durch den familiären Druck nicht ein einziges Mal er selber sein kann, sondern immer die perfekte Marionette mimt.

Bitter Sweet LoveWhere stories live. Discover now