12. Kapitel

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„Toni“, haucht er meinen Namen nah an meinem Ohr. Allein der Klang seiner Stimme lässt mich erschauern und ich erhalte die Kontrolle für meinen Körper wieder reiße mich von seiner Hand los. Bringe Abstand zwischen uns.

„Bruno. Was willst du hier?“

„Können wir reden? Ich will dir alles erklären? Alleine.“ Nervös geht sein Blick durch die Runde.

Ich sehe ihm an, dass ihm die Sache sehr nahe geht und wenn ich nicht so betrunken wäre und durch Tina nicht sowieso schon wütend genug wäre, würde ich mich darauf einlassen und ihn mir alles erklären lassen. Aber ich bin betrunken und absolut nicht bereit mir jetzt die ganze Geschichte von den beiden anzuhören.

„Ich glaaube niiicht, dass duu“, ich zeige demonstrativ mit dem Finger auf ihn „eingeladen bist.“ Ich mache eine kurze Pause, bevor ich wieder zum Sprechen ansetze, da ich durch den ganzen Alkohol immer noch doppelt sehen und mir ein wenig schwindelig wird. „Und nein, du kannst jetzt nicht mit mir reden, kein Interesse!“

„Aber..“, setzt er erneut an, doch noch bevor er den Satz überhaupt richtig anfangen kann, unterbreche ich ihn „Nichts aber! Ich will nicht mit dir reden! Ich will dir nicht zuhören! Und ich will dich auch nicht mehr sehen! Du hast alles kaputt gemacht. GEH EINFACH!“, schreie ich ihn völlig außer mir an und genau in diesem Moment hört die Musik um uns herum auf zu spielen und alle Augenpaare sind auf uns gerichtet.

Bruno sieht um sich, auch er hat mitbekommen, dass die volle Aufmerksamkeit auf uns zwei liegt. Seine Nasenlöcher fangen an zu beben und seine Mundwinkel zucken empört. Ich weiß, dass ich es eben übertrieben habe und Bruno diese zur Schaustellung alles andere als witzig findet. Ich auch nicht, aber die Blicke die ich diese Woche von meinen Mitschülern und Lehrern geerntet habe, waren mir mehr als unangenehm.

Plötzlich packt Bruno nach meinem nackten Handgelenk und zerrt mich aus dem Haus nach draußen in den Garten, der durch seinen Auftritt hier wie leer gefegt ist. Ich wehre mich, doch gegen seinen festen Griff habe ich keine Chance zu entkommen.

„Lass mich los, Bruno. Du tust mir weh!“

„Du wirst mir jetzt erst zuhören!“, spiet er mir mit zusammengepressten Zähnen entgegen und kommt endlich zum Stehen.

Ich entreiße ihm endlich meine Hand und reibe mir über die Stelle, an der er mich grob gepackt hat. Mein Handgelenk ist gerötet und schmerzt. Bruno ist schon immer ein Hitzkopf, doch weh getan hat er mir noch nie. Fassungslos sehe ich ihn an.

„Toni, ich will doch nur, dass du weißt, das es nie meine Absicht war, dir weh zu tun. Das mit Melissa..“ Brunos Gesichtszüge sind Schmerz verzehrt und ratlos, wie er mit der Situation umgehen soll. In seinen Augen sammeln sich die ersten Tränen. Wenn ich ihn so verletzt sehe, würde ich am liebsten meine Arme um ihn schließen und ihm sagen, dass wir das schon wieder hinbekommen, doch alles in meinem Körper sträubt sich dagegen. Aus guten Grund.

„Keine Absicht? Das DU mit MEINER besten Freundin geschlafen hast war keine Absicht?“ Und zum ersten Mal seit Dienstag laufen heiße Tränen über meine Wangen.

„NEIN WAR ES NICHT!“, schreit Bruno verzweifelt und reibt sich mit der flachen Hand über seine Augen, die durch die Tränen schon gerötet sind. „Was kann ich machen, dass du mir verzeihst und es wieder alles gut wird?“ Es ist nur noch ein Flüstern, dass über Brunos Lippen kommt und sich beinah in der Musik, die das Haus im inneren vibrieren lässt erstickt.

Ich sehe ihn ungläubig an. Bin ich so betrunken oder hat er mich gerade wirklich gefragt, wie es wieder alles gut zwischen uns werden kann? Das kann nicht sein Ernst sein. So sehr es mich auch schmerzt, unsere gemeinsamen Zukunftspläne wegzuwerfen, möchte ich mir selbst dieses Drama nicht geben, dass sich von nun an in seinem Leben abspielen wird.

Es muss ein Geheimnis bleibenWhere stories live. Discover now