6. Kapitel

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Ohne Marlon fahre ich zur Schule, er hat mit einem seiner Freunde ausgemacht, dass sie gemeinsam mit dem Bus zur Schule fahren. Ich bin nicht böse drum, so habe ich noch ein klein wenig Zeit, um mir meinen Schlachtplan „Wie gehe ich Herr Engel, die nächsten Wochen am besten aus dem Weg?".

Seine Story von Freitagabend war eindeutig ein Zeichen für mich. Er hat ein altes Bild aus seinem Feed repostet. Dabei handelte es sich um kein anderes Bild als das, worauf er aus dem Meer spaziert und die Wassertropfen an einem Muskeln abperlen. Alleine die Erinnerung an dieses Bild lässt mir einen heißen Schauer über den Rücken laufen.

Das gesamte Wochenende habe ich mich nicht mehr getraut, auf seinem Profil vorbeizuschauen. Die Vermutung, dass er noch mehr posten könnte und meine Finger dem Drang nicht widerstehen könnten, sie mir anzuschauen, war zu groß. Viel zu groß!

Ich werde auch heute nicht auf meinem üblichen Parkplatz parken, sondern auf der anderen Seite. Der Parkplatz der Schule ist so groß, dass die Gefahr, dass wir uns heute über den Weg laufen sehr gering ist. Und da ich heute auch kein Deutsch habe, sollte alles glattlaufen.

Die Woche habe ich es geschafft, ihm nicht auf dem Parkplatz zu begegnen. Morgens bin ich immer so spät wie möglich zur Schule gefahren, um ja zu vermeiden, dass er neben mir parken könnte. Erfolgreich.

Zu seinen Unterrichtsstunden war ich stets die Letzte im Klassenzimmer, habe mich nicht gemeldet und wenn er mich von sich aus dran genommen hat, habe ich so gut es geht den Blickkontakt vermieden. Sehr erwachsen. Und war die Erste, die nach Beenden der Stunde die Klasse verlassen hat. Bruno hat mich gefragt, ob ich Hummeln im Hintern habe oder warum ich jedes Mal gleich aufspringe, sobald ich den Schulgong höre. Damit hat er gar nicht so unrecht, aber sagen kann ich ihm das nicht. Er würde sofort denken, dass ich Gefühle für einen anderen als ihn habe und dann auch noch für unseren Lehrer.

Er wäre tief getroffen und würde unsere Beziehung infrage stellen. Und so ist es gar nicht. Es hat mich einzig und alleine gefuchst, dass Nick mich Antonia nennt. HERR ENGEL, nicht Nick. Ich denke eindeutig zu häufig an ihn. Ich muss damit aufhören.

Am Freitag hat sich Bruno mal wieder selbst freigenommen und Melissa, der geht es mal wieder nicht gut genug und hat sich krankschreiben lassen. In letzter Zeit geht es ihr öfters schlecht als gut, aber immer, wenn ich oder Thea sie fragen, was mit ihr los ist, bekommen wir nie eine richtige Antwort von ihr. Ich vermute, dass sie Zuhause sehr unter Druck gesetzt wird und viel im Restaurant ihrer Eltern aushelfen muss und sie das einfach nicht mehr anders ausdrücken kann.

Vielleicht tut es ihr gut, wenn wir morgen alle zusammen Feiern gehen und Theas 18. Geburtstag zelebrieren. Zeit zu dritt verbracht, haben wir schon eine ganze Weile nicht mehr. Bruno und die anderen Gäste blenden wir einfach aus.

Kurz bevor es klingelt schlendern Thea und ich gemütlich zum Klassenzimmer, dass schon offen steht und laute Geräusche aus treten. Wie geplant, sind schon alle anderen da, bis auf Herr Engel. Wie letzte Woche setze ich mich einfach zu Thea und wir vertiefen unser Gespräch, bis es zum Unterrichtsbeginn gongt.

„Antonia?", erklingt eine männliche Stimme vor mir und ohne den Blick von Thea abzuwenden, weiß ich, dass Herr Engel genau vor mir steht und mich erwartungsvoll anstarrt.

„Ja?", antworte ich leise und schaue zum ersten Mal in dieser Woche zu ihm auf.

„Das ist nicht ihr Platz."

„Das ist richtig", bestätige ich seine Feststellung.

„Warum?"

„Warum was?"

„Warum sitzen Sie nicht auf ihrem Platz?", fragt er erneut und beugt sich zu mir vor. Erst jetzt bemerke ich, dass er heute eine Brille trägt, die ihm verdammt gut steht und ihm einen heißen Touch versetzt. Ich ertappe mich selbst und schüttle die Gedanken ab. Versuche mich wieder auf unser Gespräch zu fokussieren. Warum interessiert er sich überhaupt dafür, wo ich sitze? Letzte Woche war es noch egal.

„Nun..", fange ich an und sehe Hilfe suchend zu Thea, die sich unauffällig an ihrem Rucksack zu schaffen macht. „Unsere beiden Sitznachbarn sind nicht da und wir wollten nicht alleine sitzen", erkläre ich und hoffe inständig, dass ihm das als Antwort reicht.

„Setzen Sie sich wieder auf ihren Platz", sagt er schroff und wendet sich dem Gehen zu, an seinem Lehrerpult.

„Warum?", frage ich und wiederhole seine Frage, die er eben noch mit gestellt hat.

„Sind Sie der Lehrer oder ich, Antonia?" Inzwischen hört die gesamte Klasse unserem Gespräch zu. Ohne weiteres packe ich meine Sachen zusammen und stopfe sie unsanft in meine Tasche, um seiner Anweisung so schnell ich kann nachzukommen.

„Hast du Herr Engel irgendwas getan?", flüstert Thea leise, sodass nur ich es hören kann. „Keine Ahnung, was sein Problem ist", flüstere ich zurück und verschwinde eine Reihe weiter vor.

Womit ich solch eine heftige Reaktion von Herr Engel verdient habe, weil ich mich auf einen anderen Platz gesetzt habe, bleibt mir verborgen. Es ist immerhin nicht das erste Mal, dass ich oder ein anderer Schüler in den letzten zwei Wochen den Platz gewechselt hat. Doch bevor ihm noch mehr sinnfreie Gründe einfallen, fliege ich auch diese Stunde wieder unter dem Radar und sehe nur in den nötigsten Fällen von meinen Unterlagen zu ihm auf.

Nicht nur meine mündliche Note leidet diese Stunde, sondern auch die meiner Mitschüler. Keiner von ihnen traut sich etwas Falsches zu sagen oder ein privates Gespräch zu führen. Der coole, junge neue Lehrer scheint wohl nicht ganz so gelassen zu sein, wie angenommen.

Doch vielleicht ist es gar nicht so schlecht und ich kann mich endlich wieder voll und ganz auf Bruno und mich konzentrieren.

Noch bevor Herr Engel die Stunde beendet, packe ich meine Sachen leise zusammen, um bereit zu sein aus der Klasse zu flüchten. Ich muss nicht aufsehen, um zu sehen, wissen Augenpaar auf mir ruht. Mich beschleicht die Vermutung, dass er mich nochmal sprechen möchte, aber das werde ich verhindern. Die gesamte Stunde konnte ich seine Anspannung fühlen, er hatte sicher einfach einen scheiß Tag, den hat jeder mal, aber mich deswegen anzuschnauzen, ist nicht fair und das werde ich ihn spüren lassen.

Ich rücke meinen Stuhl nach hinten, stehe auf und wie erwartet, sieht er mich erwartungsvoll an. Seine Augen bitten mich, noch nicht zu gehen, bitten mich, dass er die Gelegenheit bekommt, die Situation zu klären. Ich erwidere seinen Blickkontakt, doch schüttele langsam meinen Kopf, um ihn unmissverständlich zu machen, dass ich jetzt kein Gespräch mit ihm will und verlasse die Klasse.

Die Zurechtweisung von Herr Engel macht mir härter zu schaffen, als ich angenommen habe und ich muss mich ablenken. Muss meinen Kopf frei bekommen.

Im Auto sitzend schreibe ich Bruno, dass ich gleich bei ihm sein werde und lasse den Motor meines roten Mini Coopers aufheulen. Ich fahre über den Parkplatz, an Herr Engels Auto vorbei und sehe die Lichter an seinem aufleuchten, ein kurzer Blick in meinen Rückspiegel und ich sehe Herr Engel mit seinem Schlüssel in seiner Hand. Ich sehe, dass er sieht, dass ich ihn sehe, doch ich wende den Blick ab und fahre direkt auf die Ausfahrt des Parkplatz zu.

Ich weiß, dass es falsch ist, sich so zu fühlen. Bei jedem anderen Lehrer wäre es mir wahrscheinlich egal, aber nicht bei ihm.

Wie eine Irre klingle ich Sturm bei Bruno. Die Autos seiner Eltern sind nicht da, dass er heißt er ist alleine. Sehr gut. Von drinnen höre ich Schritte, die auf die Eingangstür zu geeilt kommen und mir mit einem Ruck die Tür öffnen.

„Toni", begrüßt er mich „So schnell halbe ich nicht mit gerechnet, du musst geflogen sein." Normalerweise würde ich für die Strecke hier her 15 Minuten brauchen, jetzt habe ich es in 8 Minuten geschafft. „Komm doch rein, du siehst aufgebracht aus, willst du etwas trinken?"

„Nein", stelle ich klar und trete genau vor ihn. „Willst du reden? Ist alles in Ordnung?" erkundigt er sich und sieht mir tief in die Augen.

„Ich will nicht reden, ich will bloß das..", entgegne ich ihm und schlinge auch schon meine Arme um ihn und meine presse meine Lippen auf seine.

Mit mir in seinen Armen schwankt er einen Schritt nach hinten, doch erwidert genauso stürmisch meinen Kuss und schmeißt die Tür so heftig in den Rahmen, dass es sich anfühlt, als ob das ganze Haus wackelt.

„Wann kommen deine Eltern heim?", hauche ich zwischen unseren Küssen und setze sofort an seinem Hals weiter an. Bruno legt seine Hände unter meinen Po und hebt mich hoch.

„Die kommen erst am Sonntag wieder, die sind auf irgendeiner Messe. Wir sind ganz alleine", raunt er mir an mein Ohr und läuft mit mir in den Armen ins Wohnzimmer und setzte sich aufs Sofa, sodass ich rittlings auf seinem Schoß sitze und mich eng an ihn pressen kann.

Das ist genau das, dass ich jetzt gebraucht habe, Kopf aus und einfach meinen Gefühlen freien Lauf lassen.

Unter Küssen, macht sich Bruno an dem Saum meines Kleides zu schaffen, zieht es mir einfach über den Kopf und lässt es auf den Boden fallen. „Gott Toni, dein Körper, er ist einfach perfekt!", flüstert Bruno und lässt seine Hände über meinen Hals, zu meinen Brüsten, meinem Bauch, bis hinab zu meinem Hintern wandern und nach vorne unter meinen Slip. In meiner Mitte spüre ich, wie sich alle in mir zusammenzieht und ich es nicht mehr lange aufhalte.

Ich reiße Bruno sein T-Shirt über den Kopf und mache mir an den Knöpfen seiner Jeans zu schaffen. Bruno geht mir zu Hilfe und öffnet seine Hose und ich spüre, dass er es genauso sehr will wie ich.

Mit einem Ruck hat mich Bruno von seinem Schoß auf den Rücken auf dem Sofa gelegt und thront über mir und befreit sich meiner Hose und meinem Slip und meinem BH.

„Ich will dich", hauche ich und ziehe ihn zu mir nach unten und lege stürmisch meine Lippen auf seine. „Wir brauchen noch ein Kondom", bringt er unter Küssen hervor. „Ich nehme die Pille, schon okay. Ich kann nicht länger warten", bettle ich schon fast, doch Bruno lässt von mir los.

„Ich habe welche hier", er greift hinter das große Sofakissen und holt einzeln verpackte Kondome hervor. „Warum sind die hier?", will ich wissen und ziehe meine Augenbrauen kraus. Wir hatten noch nie hier auf dem Sofa Sex.

„Ich bin immer bereit."

Die Nacht habe ich bei Bruno verbracht, denn jedes Mal, wenn das Gedankenkurassel in meinem Kopf von vorne angefangen hat sich zu drehen, habe ich mich abgelenkt. Mit Bruno. Das schlechte Gewissen, dass ich dadurch habe, lässt mich nicht länger als 7 Uhr schlafen.

Obwohl ich mich nicht gerade ruhig verhalte, schläft Bruno neben mir, wie ein Komapatient, ihn würde nichts wecken. Ich sammle meine Klamotten im Wohnzimmer zusammen und mache mich im Bad fertig. Zum Glück habe ich hier einige Sachen deponiert und kann mich ein wenig frisch machen. Mein Make-up, dass ich gestern nicht mehr geschafft habe abzumachen, wische ich mir vom Gesicht, putze meine Zähne und benutze Deo.

Die Tür des Badezimmers öffnet sich hinter mir und Bruno steht plötzlich hinter mir und schmiegt seine Arme um mich. „Gestern war sehr schön", raunt er mir ins Ohr und streift mit seinen Fingern die Träger meines Kleides herunter. Aber noch eine Runde schaffe ich nicht und bin eigentlich gerade dabei mich auf den Nachhauseweg zu machen.

„Das fand ich auch, aber ich muss jetzt los. Heute Abend feiern wir doch Theas Geburtstag, ich will noch ihr Geschenk fertig machen und meine Sachen für später zurechtlegen", erkläre ich und ziehe mir die Träger wieder auf die Schulter.

Bruno entkommt ein enttäuschtes Seufzen und seine Schultern sacken nach unten.

„Na komm schon, wir haben es bestimmt vier oder fünf Mal gemacht, du solltest so langsam die Nase voll von mir haben", sage ich und zwinkere ihm zu. Zumindest will ich jetzt nicht mehr.

„Wie du willst. Wann soll ich euch heute Abend abholen?", will er wissen und setzt sich auf den Badewannenrand.

„Willst du etwa fahren? Ich dachte, wir fahren mit der Bahn hin und mit dem Taxi zurück?"

„Mir ist heute nicht nach Alkohol. Ich mache heute den Fahrer", schulterzuckend sieht er zu mir auf.

„Wenn das so ist, dann bitte gegen 22 Uhr."

Es muss ein Geheimnis bleibenजहाँ कहानियाँ रहती हैं। अभी खोजें